Rotenburg. Spinnen krabbeln als Deko zu Halloween überall herum und im Garten sind sie überaus nützlich – aber in Bananenkisten will sie verständlicherweise keiner sehen: Denn die dort anzutreffenden „Bananenspinnen“ sollen hochgiftig sein, lebensgefährlich sogar – so heißt es immer wieder. Auch die am Samstag in einer Rotenburger Lidl-Filiale gefundene Spinne aus Kolumbien zählt zu den giftigen Vertretern – doch gefährliche oder gar tödliche Bisse sind selten, gibt ein Experte Entwarnung.
Laut Angaben der Rotenburger Polizei hatte ein Kunde am Samstagnachmittag bei Lidl in der Brockeler Straße die Spinne in einem Karton zwischen Bananen entdeckt und diese sofort richtig identifiziert. Ein hinzugezogener Gifttierexperte bestätigte, dass es sich um eine Brasilianische Wanderspinne handelte und fing diese ein. Die Lidl-Pressestelle gab auf Nachfrage der Rundschau an, dass der Markt von 15 bis 16.30 Uhr geschlossen werden musste, um den gesamten Obst- und Gemüsebereich zu überprüfen. Die Bananenlieferung sei aus Kolumbien gekommen.
„Spinnen überleben den Transport aus Südamerika äußerst selten. Sollte jedoch einmal ein Tier gefunden werden, greift eine standardisierte Alarmierungskette und der Schädlingsbeauftragte wird zur Unterstützung gerufen“, erklärt Lidl-Sprecherin Isabel Lehmann den Vorgang. Auch die Bananen-Lieferungen an weitere Filialen seien daraufhin geprüft worden. Nach einigen spektakulären Obstabteilungs-Auftritten hierzulande hat das südamerikanische Spinnentier schnell den Beinamen „Bananenspinne“ bekommen. Dabei hört sie auf den wissenschaftlichen Namen „Phonetria nigriventer“, also Brasilianische Wanderspinne. Sie gehört tatsächlich zu den giftigsten und gefährlichsten Spinnen der Welt. Die „Bananenspinne“ ist demzufolge kein großer Sympathieträger und wird wohl von kaum jemanden als „niedlich“ bezeichnet. Allein ihre Größe und die Vorstellung, sie unerwartet beim Einkauf auf dem gelben und gesunden Lieblingsobst anzutreffen, lässt vor allem Menschen mit Spinnenphobie erschaudern. Das Gift des etwa handtellergroßen Tieres – bei einer Körperlänge von etwa fünf Zentimetern erreicht sie mit ihren Beinen eine Spannweite von zehn bis 13 Zentimetern – kann für Menschen lebensgefährlich sein – so heißt es. Doch das ist eher die Ausnahme. Denn die Tiere bringen keinen gesunden und kräftigen Bananenliebhaber in ernsthafte Lebensgefahr, erklärt Dr. Andreas Schaper, einer der beiden Leiter des Giftinformationszentrum-Nord (GIZ-Nord) in Göttingen. Es passiere schon mal, dass Menschen von Spinnen gebissen werden, „dies sei aber sehr selten“, so Schaper. Er weiß von drei Fällen in den vergangenen 16 Jahren in Deutschland. Die Opfer seien immer in den Finger gebissen worden. Tödlich sei jedoch keine der Spinnenattacken gewesen. „Es bestand nie Lebensgefahr und es war kein Gegengift nötig“, bestätigt der Gifttierexperte. Die „Bananenspinne“ spannt keine Netze, sondern geht auf die Jagd. Durch einen Biss betäubt sie ihre Beute – vor allem Insekten aber auch Mäuse und Frösche. Dank ihrer langen, kräftigen Beine bewegt sie sich sehr schnell und springt auch sehr weit. Anders als die Vogelspinne ist sie nur kurz behaart und gelbbraun bis graubraun gefärbt. Schaper kennt sich aus mit Gifttieren. Wenn in den norddeutschen Bundesländern – und auch bundesweit – jemand von einer sogenannten „Bananenspinne“ gebissen wird, erfährt er es in der Regel, da sich der jeweils behandelnde Arzt bei der Zentrale, die zur Universität Göttingen gehört, rückversichert. Bei einem Biss einer „Bananenspinne“ rät er, einen Arzt aufzusuchen und sofort den Tetanusschutz zu überprüfen. Es reiche, die Schmerzen zu stillen. Auch in ihrer Heimat Südamerika komme es nur selten zu Bissen dieser Spinnen und nur wenige seien dort tödlich, fügt Schaper hinzu.