Abseits der Straße zwischen Brockel und Visselhövede verbirgt sich ein unscheinbarer Hof, der mehr zu bieten hat, als auf den ersten Blick vermuten lässt. Udal Wiederhold stellt dort Getreidemühlen in Handarbeit her und betreibt einen Onlineshop für Bio-Saaten und seltene Getreidesorten. Wir geben Einblick in eine Manufaktur, die Tradition und moderne Technik vereint.
Etwas abseits von der Verbindungsstraße zwischen Brockel und Visselhövede liegt in Bellen ein eher unscheinbarer Hof. Ein Fachwerkhaus mit brauner Lehmfassade, ein Pferdeanhänger vor der Tür. Von außen lässt sich nicht vermuten, dass sich im Inneren des Bauernhauses eine Werkstatt für Getreidemühlen befindet. Einzig das Holzschild am Eingang weist darauf hin, dass hier Mühlen gebaut werden. Ein weiteres Schild am Eingang trägt das Logo des Naturland-Verbands. Denn neben der Werkstatt betreibt Udal Wiederhold auch einen Onlinehandel für Saaten und etwa 29 verschiedene zum Teil alte Getreidesorten, wie etwa Einkorn, Emmer, Rotkornweizen und Dinkel. „Wir sind so eine Art Online-Unverpacktladen.“
1968 hat Vater Hans Wiederhold mit dem Bau von Getreidemühlen für den Hausgebrauch angefangen. Er erkannte den Bedarf und begann zu tüfteln. Im Laufe der Zeit entstand so die kleine Manufaktur auf dem eigenen Bauernhof in Bellen. Diese Leidenschaft fürs Handwerk gab er an seine Söhne weiter und Udal Wiederhold übernahm den Betrieb, als sein Vater 2002 plötzlich gestorben ist. Der Zimmermann, der auch einen Teil seiner Ausbildung in Irland absolvierte, hatte zuvor schon in der Werkstatt des Vaters ausgeholfen. Mittlerweile ist er auch Landwirt und baut Bio-Getreide an. Eine Freiland-Schweinehaltung gab er 2021 auf, da das Risiko der Afrikanischen Schweinepest zu groß war. Jetzt leben noch ein paar Hühner, Pferde und Katzen auf dem Hof.
Wiederhold kümmert sich gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Reimund und einer Aushilfe um den Bau der Getreidemühlen, den Onlineshop und die Instandhaltung des Hofes. Wobei er sich mehr auf den Ein- und Verkauf konzentriert. Dazu gehören im Bereich des Getreides auch die Qualitätssicherung und das Reinigen. Dabei hilft ihm eine innovative Maschine, der sogenannte Farbausleser. Dieser kann schlechtes von gutem Korn anhand der Farbe unterscheiden und sortiert die schlechten Körner automatisch aus. „Damit kann man die Qualität von der Vorreinigung noch deutlich erhöhen“, erklärt Udal Wiederhold. Das sogenannte Mutterkorn sei ein ganz wichtiges Thema bei Getreide. Dabei handelt es sich um eine Pilzkrankheit, die witterungs- und sortenbedingt häufiger auftreten kann. Das befallene Korn ist größer, schwarz und kann für den Menschen giftig sein. Daher ist eine Reinigung unabdingbar. Auch in diesem Bereich leistet der Farbausleser gute Dienste. Das Getreide durchläuft verschiedene Reinigungsstufen, bevor es in Säcke abgefüllt werden kann. „Die erste Stufe ist die physikalische Reinigung, dort werden grobe Pflanzenstücke, Blätterschalen, Staub und Dreck abgesaugt.“ Im Anschluss werden kleine Unkrautsamen herausgesiebt, bevor die Körner mittels Schwerkraft nach Gewicht und Größe sortiert werden. Nach dieser Vorreinigung kommt der Farbausleser zum Einsatz. Auch eingehende Ware kontrolliert Wiederhold oft mit der Maschine.
Reimund Wiederhold kümmert sich überwiegend um die Vertriebsabwicklung, sprich Bestellungen aufnehmen, bestätigen, Versandaufkleber und Rechnungen drucken. Das Lager der Einzelteile für den Mühlenbau ist ziemlich gut gefüllt, daher liegt der Fokus aktuell eher auf dem Getreidegeschäft. Neigt sich der Vorrat der Mühlenteile dem Ende zu, konzentrieren sich die drei Männer auf die Nachproduktion dieser Teile. Kundinnen und Kunden können ihre Widu-Mühlen auch in der Werkstatt reparieren oder warten lassen.
„Wir streben eine Haltbarkeit von 40 bis 50 Jahren an“, so Udal Wiederhold. Aber ein Kugellager oder ein Mahlstein kann je nach Nutzung schon mal verschleißen und muss gegebenenfalls ausgetauscht werden. Wiederhold verkauft seine Mühlen weltweit. Er hat schon nach Kanada und China verschickt, aber überwiegend verkauft er in Deutschland, Österreich und in die Schweiz. Die Mühlen können mit einem Motor oder mit der Hand betrieben werden. Auch die motorbetriebenen können mit der Hand gekurbelt werden. „Das ist ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal.“
Eine weitere Besonderheit sind die Schubladen – jede Mühle hat eine integrierte Auffangschale für das gemahlene Mehl. Es stehen verschiedene Varianten zur Auswahl, entweder aus Metall, Sperrholz oder aus massivem Holz.