Es ist das Duell Erster gegen Zweiter und das der Top-Favoriten auf den Aufstieg. Das Spiel zwischen dem 1. FC Köln und dem Hamburger SV elektrisiert die 2. Liga. Der Run auf die Tickets ist kaum zu bändigen.
Köln - Es ist das Top-Spiel der gesamten Zweitliga-Saison und sprengt alle Dimensionen, aber für Markus Anfang gibt es derzeit Wichtigeres als Fußball. «Jeder fragt nach Karten», sagt der Trainer vom Tabellenführer 1. FC Köln vor dem Spitzenspiel am Montag (Anstoß: 20.30 Uhr) gegen Verfolger Hamburger SV. «So etwa wie im letzten Jahr gegen Arsenal. Es ist interessant, ein Zweitliga-Spiel mit einem Europacup-Spiel zu vergleichen. Aber das zeigt den Stellenwert. Es ist schon ein Ausnahmespiel.» Das 50.000 Zuschauer fassende Stadion der Kölner ist zu klein. «Wir hätten 150.000 Karten verkaufen können», berichtet FC-Torhüter Timo Horn.
Viel weniger Aufmerksamkeit hatten die Duelle der Verfolger - die fast allesamt Punkte liegen ließen. Der Tabellendritte Union Berlin spielte 2:2 (1:1) gehen Jahn Regensburg, St. Pauli 1:1 (0:1) gegen Arminia Bielefeld und Holstein Kiel auch nur 1:1 (0:1) beim FC Ingolstadt. Lediglich Aufsteiger SC Paderborn gewann mit 4:0 (2:0) gegen Schlusslicht MSV Duisburg und verkürzte den Abstand zum Tabellendritten Berlin auf einen Zähler.
Trotz der Punktverluste der Konkurrenten und der Euphorie ums Spitzenduell: Anfang fällt die Konzentration auf das Spiel schwer. Sein Vater Dieter hatte am vergangenen Mittwoch vor der Partie in Duisburg einen Herzinfarkt erlitten. Der Zustand ist nach letzten Meldungen leicht verbessert, aber immer noch ernst. Auch der kommende Gegner hofft mit ihm. «Sportlich ist das natürlich ein wichtiges Spiel am Montag, keine Frage», sagte HSV-Sportchef Ralf Becker dem «Express»: «Aber die Ereignisse in Duisburg haben gezeigt, dass es viel wichtigere Dinge gibt.»
Doch vielleicht ist das Giganten-Duell im Unterhaus, bei dem es im Vorfeld eine Twitter-Panne beim HSV gab, auch die bestmögliche Ablenkung für Anfang. «Der Trainer hat uns gesagt, dass es sowohl in seinem Sinne als auch im Sinne seines Vaters ist, dass wir uns so normal und so gut wie möglich vorbereiten. Wir können schließlich für eine Vorentscheidung sorgen», sagte Horn.
1. FC Köln - Hamburger SV: Neun deutsche Meisterschaften, sieben Pokalsiege
Am Montag treffen 102 Jahre Bundesliga-Erfahrung aufeinander, neun deutsche Meisterschaften und sieben DFB-Pokalsiege. Eine Menge Tradition also. Aktuell ist es das Duell des Ersten gegen den Zweiten in der Etat-Tabelle, in der Marktwert-Tabelle, in der Zuschauer-Tabelle - und trotz einiger Schwächephasen beider Favoriten fast folgerichtig auch in der einzig wahren, der Punkte-Tabelle.
Der 1. FC Köln hat zu einem guten Zeitpunkt einen Lauf erwischt. Von 21 möglichen Punkten holten die Kölner 19. Auf den HSV haben die Rheinländer schon sieben Punkte Vorsprung, auf den Relegationsplatz neun. Die Torgier mit derzeit 74 Treffern scheint unersättlich. Und nach Montag sind nur noch fünf Spiele.
Die Hamburger stehen dagegen mächtig unter Druck. Angesichts der mäßigen Rückrunden-Bilanz mit mehr Niederlagen als Siegen laufen die Hanseaten Gefahr, die sofortige Rückkehr in die Bundesliga zu verspielen. Was in ihrem Fall dramatische finanzielle Folgen hätte. Zu allem Unglück fehlt den Hamburgern auch noch ihr Torjäger Pierre-Michel Lasogga. Der 27-Jährige muss wegen einer Muskelverhärtung passen. Damit fehlt der ohnehin lahmen Offensive der Norddeutschen mit lediglich 39 Saisontreffern der effektivste Mann. «Mann kann auch mit falscher Neun spielen. Wir basteln an Lösungen», sagte Wolf.
Für das Top-Spiel ist er vorsichtig zuversichtlich. «Bis jetzt haben wir in solchen Spielen gute Leistungen gezeigt», meinte HSV-Trainer Hannes Wolf, vermutete aber: «Auch morgen wird es Phasen geben, wo wir leiden müssen.» In Feierlaune ist Wolf, der am Montag 38 Jahre wird, nicht. «Ich werde nicht so dran denken», meinte er. «Es geht extrem um den HSV.» Der Pokal-Halbfinalist steht unter Zugzwang. Im nächsten Auswärtsspiel wartet Union Berlin, und im Falle von zwei Niederlagen würde der HSV aus den direkten Aufstiegsplätzen rutschen.