Kriechen oder drängeln auf der Autobahn, auf zwei Parkplätzen gleichzeitig parken oder gar einen für den Freund im Auto freihalten – was ist es erlaubt und was nicht?
Manche Verhaltensmuster haben sich schon so fest in unseren Köpfenverankert, dass sie häufig fälschlicherweise für geltende Verkehrsregeln gehalten werden. Hier die zehn häufigsten Verkehrsirrtümer:
1. Lichthupe beim Überholen ist Nötigung.
Nein. Ein Überholvorhaben darf außerhalb geschlossener Ortschaften mit Hilfe der Lichthupe signalisiert werden. Dabei sollten Sie jedoch auf genügend Abstand zum Vordermann achten. Durch zu dichtes Auffahren und penetrantes Aufblenden oder Hupen kann daraus schnell eine Nötigung werden.
2. Rechts überholen auf der Autobahn ist verboten.
Auch hier gibt es eine Ausnahme von der Regel. Wenn sich auf der linken Spur eine lange Fahrzeugschlange bildet, darf diese langsam und vorsichtig überholt werden. Jedoch unter Beachtung bestimmter Vorschriften und höchstens mit einer Maximalgeschwindigkeit von 80 km/h. (Die Differenz zum überholten Fahrzeug darf dabei zudem nur 20 km/h betragen).
3. Beim Auffahren auf die Autobahn müssen die anderen Autofahrer sofort Platz machen.
Falsch. Beim Auffahren in die Autobahn muss der Fahrer seine Fahrweise dem fließenden Verkehr anpassen, nicht umgekehrt. Man hat kein Vorrecht drauf, sich einfach „vorzudrängeln“. Im schlimmsten Fall müssen Sie eben stehenbleiben oder über den Beschleunigungsstreifen hinausfahren. Es macht auch keinen Sinn, sich möglichst früh einzufädeln, somit wird nur das Verfahren behindert.
4. Blinken beim Einfahren in die Abbiegespur ist völlig ausreichend.
Falsch! Viele Auffahrunfälle passieren, weil zu spät oder gar nicht geblinkt wird. Sie sollten die anderen Verkehrsteilnehmer frühzeitig über den Richtungswechsel oder das Verlassen der Spur informieren. Und zwar nicht erst dann, wenn Sie sich schon fast in der Abbiegespur befinden.
5. Bei abknickender Vorfahrt besteht keine Blinkpflicht.
Wieder ein Irrtum. Auch wenn viele diese Regelung nach Verlassen der Fahrschule völlig missachten: Wenn Sie eine abbiegende Vorfahrtstraße weiterfahren, ist Blinken Pflicht. Nicht Blinken, wenn abknickende Vorfahrt besteht, müssen Sie, wenn Sie die Straße geradeaus verlassen. Ob man blinken muss oder nicht, entscheidet also die Fahrtrichtung.
6. Hup-Konzerte sind erlaubt
Nein. So genannte „Hup-Konzerte“ werden zwar bei Events wie Fußballmeisterschaft oder einer Hochzeit von der Polizei oft geduldet, laut Bußgeldkatalog können aber diese mit zehn Euro geahndet werden. Auch ohne Anlass zu hupen – zum Beispiel wenn ein Bekannter auf der anderen Straßenseite steht – ist nicht erlaubt.
7. Zwei Parkplätze zu blockieren ist kein Problem
Wer kennt das nicht: Sie fahren gerade auf den Supermarkt-Parkplatz und ein Auto steht in der Mitte von zwei gekennzeichneten Parkplätzen. Dabei wäre einer von den Plätzen der einzige, der nah genug zum Supermarkteingang ist. Ärgerlich! Und gilt zudem als Ordnungswidrigkeit: die deutsche Straßenverkehrsordnung sieht nämlich vor, dass alle Verkehrsteilnehmer ihre Fahrzeuge „platzsparend“ zu parken haben.
8. Motorradfahrer dürfen nicht auf dem Autoparkplatz parken
Das stimmt nicht. Auf gängigen Parkplätzen, die durch das Zeichen 314 (blaues Schild mit einem weißen „P“) gekennzeichnet sind, dürfen auch Motorradfahrer parken. Das gilt auch, wenn das Motorrad aufgrund der Größe nicht den gesamten Parkplatz beansprucht. Ausnahme besteht nur, wenn durch ein Zusatzschild die Parkplätze nur für PKW gekennzeichnet sind.
9. Winterreifenpflicht gilt allgemein in den Wintermonaten
„Von O wie Oktober bis O wie Ostern“ – so die bekannte Bauernregel für Autofahrer. Die Winterreifenpflicht hat jedoch nichts mit der Jahreszeit an sich zu tun. Nur wer laut ADAC "Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte" mit Sommerreifen unterwegs ist, riskiert ein Bußgeld, Wer Fahrten bei "Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte" zuverlässig vermeiden kann, darf auch weiterhin im Winter mit Sommerreifen fahren! Kommt aber in Deutschland wohl nicht häufig vor.
10. Parkplatz freihalten ist erlaubt
Wer kennt das nicht? Ein Parkplatz ist in Sicht, schon spurtet der Beifahrer aus dem Auto, um den Platz schon mal freizuhalten. Ist doch nicht verboten, oder? Doch. Bei einem Parkplatz handelt es sich um öffentliches Eigentum und nicht um Privatbesitz. Das bedeutet, dass „alle Fahrzeugführer die gleichen Anrechte auf eine freie Parklücke erheben können“. Möchte ein anderer Autofahrer den Parkplatz für sich beanspruchen, darf er dies auch tun, wenn die Lücke durch einen Passanten „besetzt“ ist. Sollte dieser sich dagegen wehren, etwa indem er sich gegen das Auto stemmt, begeht er sogar eine Nötigung!
Das war nur eine kleine Auswahl aus den vielen herrschenden Verkehrsirrtümern – Fortsetzung folgt. Bis dahin eine gute Fahrt!
von Julia Gershovych