Corona-Ausbruch am Balkan: Neuinfektionen steigen massiv - erstes EU-Land verschärft Grenz-Kontrollen wieder

In der Balkanregion steigen die Corona-Zahlen rapide an. Bei Protesten gegen verschärfte Maßnahmen kam es zu Ausschreitungen. Ein Land führt nun wieder strenge Grenzkontrollen ein.

Update vom 12. Juli, 12.52 Uhr: Mit Blick auf sinkende Infektionszahlen haben alle europäischen Länder ihre Maßnahmen in der Corona-Pandemie angepasst - in vielen sind weitreichende Beschränkungen bereits gelockert worden. Doch nun steigen die Zahlen in mehreren Ländern wieder. Die neuen Entwicklungen in Staaten, wie Serbien, Kroatien, Rumänien, Slowenien und auch Bosnien-Herzegowina schüren nun die Angst vor einer zweiten Welle.

Als erster reagiert nun offenbar Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban. Sein Stabschef kündigte an, dass an den ungarischen Grenzen ab Mittwoch wieder strenger kontrolliert werde, wie unter anderem die Tagesschau berichtet. Die Einreise wird demnach nach dem Ampel-Prinzip bewertet. Ungarns Regierung stuft demnach Staaten als gelbe oder rote Risikogebiete ein. Einreisende aus gelben Risikoländern müssen sich ab Mittwoch an der Grenze untersuchen lassen und sich anschließend in Quarantäne begeben. Zu diesen Ländern zählen etwa Serbien und Rumänien.

Ausländer, die aus als rot eingestuften Ländern nach Ungarn wollen, wird die Einreise ab Mittwoch komplett verweigert. Unter diese Kategorie fallen die Balkan-Staaten sowie die Ukraine.

Corona-Ausbruch am Balkan: Neuinfektionen steigen massiv an - Demonstranten stürmen Parlament in Belgrad

Update vom 11. Juli, 8.36 Uhr: In Belgrad ist eine mehrstündige friedliche Kundgebung gegen die Corona-Politik der Regierung nach Angriffen von Randalierern gegen die Polizei erneut von Gewalt überschattet worden. Eine Gruppe nationalistischer Demonstranten drang am Abend gewaltsam in das serbische Parlament ein. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, die dann gegen Mitternacht den Ansturm gewaltbereiter Demonstranten mit Knüppeln und Tränengas beendete. Auch fotografierende Demonstranten und Journalisten wurden von Randalierern angegriffen. Medienberichten zufolge wurden mindestens 70 Hooligans festgenommen. Mehrere Menschen seien verletzt worden, berichtete die Zeitung Blic.

Corona-Proteste in Belgrad von Randalierern überschattet - Polizei setzt Schlagstöcke und Tränengas ein

Protestierende warfen am Freitagabend Steine und Flaschen auf das Parlamentsgebäude. Zudem durchbrach eine Gruppe junger Männer das Metallgeländer und drang, patriotische Lieder singend, in das Gebäude ein. Dort wurden die Randalierer jedoch von Polizisten erwartet, die sie wieder aus dem Gebäude herausdrängten und eine Kette um den Eingang bildeten. Daraufhin wurden die Polizisten mit Flaschen und Fackeln beworfen.

Um die Ansammlung von Randalierern aufzulösen, setzten die Beamten nach etwa zwei Stunden Tränengas und Schlagstöcke ein. Kurze Zeit später beendeten auch die übrigen Demonstranten, die sich friedlich verhalten hatten, ihre Protestkundgebung. Auch in einer Reihe von anderen Städten in Serbien habe es friedliche Proteste gegeben, berichtete das Staatsfernsehen. Auslöser für die Demonstrationen waren Pläne des Präsidenten Aleksandar Vucic, der wegen des Wiederanstiegs an Corona-Neuinfektionen für das Wochenende ein Ausgehverbot verhängen wollte. Vucic nahm die Entscheidung zwar zurück und verbot stattdessen nur Ansammlungen von mehr als zehn Personen. Doch dies beruhigte die Menschen nicht und die Proteste richteten sich zunehmend gegen Vucic selbst.

Coronavirus: Zweite Infektionswelle bahnt sich in Südosteuropa an

Update vom 10. Juli, 12.27 Uhr: Die Balkan-Staaten schienen bisher weitgehend von der Corona-Pandemie verschont zu bleiben. Doch in einigen Ländern in Südost-Europa bahnt sich derzeit wohl eine zweite Infektionswelle an. Das zeigen die Zahlen der täglich registrierten Neuinfektionen der Johns-Hopkins-Universität. In Serbien, Kroatien, Rumänien, Slowenien und auch Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Albanien lassen die Daten auf einen erneuten Anstieg schließen.

„Die jetzigen Tageszahlen sind angestiegen, aber sie waren bis vor zwei Wochen fast bei null. Der Anstieg wurde überwiegend in Zagreb und in der Region Slawonien, also im kroatischen Binnenland, registriert. Die meisten Fälle wurden zudem aus den östlichen Nachbarländern importiert“, erklärte Romeo Draghicchio, Direktor der kroatischen Zentrale für Tourismus, der Bild. (Artikel hinter Bezahlschranke).

Coronavirus: Zweite Welle in den Balkan-Staaten?

Außerdem sagte er: „An der Küste gibt es sehr wenige neue Fälle von Erkrankungen, und es gibt keine Touristen, die in Kroatien erkrankt sind. Die Durchreise für die Deutschen durch Österreich und Slowenien nach Kroatien und zurück verläuft problemlos.“
Das serbische Militär errichtete in der Belgrad Arena in der Hauptstadt ein provisorisches Krankenhaus. Die Lage spitze sich dort nicht nur wegen steigender Neuinfektionen zu, sondern auch wegen harter Kritik am serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic. Es kam zu heftigen Ausschreitungen (siehe Update vom 9. Juli, 11.30 Uhr).

Update vom 9. Juli, 11.30 Uhr: Erneut ist es am Mittwochabend in Serbien zu Demonstrationen gegen geplante Corona-Maßnahmen. Durch umfassende Ausgangssperren in der Zeit des Corona-Ausnahmezustands von Mitte März bis Anfang Mai hatte die Regierung die Infektionszahlen weitestgehend in den Griff bekommen. Seit knapp zwei Tagen stecken sich jedoch wieder rund 300 Menschen pro Tag nachweislich mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 an. Besonders davon betroffen ist die Hauptstadt Belgrad.

Präsident Aleksandar Vucic hatte einen Verzicht für die am Wochenende geplante Corona-Ausgangssperre zwar in Aussicht gestellt, nichtsdestotrotz sind in Belgrad und in anderen Städten des Balkanlandes am Mittwochabend erneut Tausende Menschen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen auf die Straßen gegangen.

Coronavirus in Serbien: Demonstrationen gegen Maßnahmen - Polizei setzt Tränengas und Knüppel ein

Die Polizei setzte Medienberichten zufolge erneut Tränengas und Knüppel gegen die Demonstranten ein. Auch berittene Polizei kam zum Einsatz. Die Demonstranten warfen Steine und Feuerwerkskörper auf die Polizisten. Zehn Polizisten sollen verletzt worden sein. In Belgrad riegelten starke Polizeieinheiten das Zentrum am Abend ab. Wie die Bild-Zeitung berichtet sollen Demonstranten versucht haben das Parlament zu stürmen. Gegen Mitternacht flauten die Proteste ab, die Menschenmassen lösten allmählich auf. Nach ersten Medienberichten wurden mindestens zehn Polizisten verletzt. Das serbische Fernsehen berichtete, dass Kamerateams bei den Protesten in Novi Sad und Nis von Demonstranten angegriffen worden seien.

Coronavirus in Serbien: Erneute Ausgangssperre in Belgrad? Entscheidung soll am Donnerstag fallen

In Belgrad solle es „definitiv“ schärfere Corona-Einschränkungen geben, wie Präsident Vucic sagte. Geplant war eine Ausgangssperre von Freitag bis Montag. Der Krisenstab der Regierung sei jedoch der Ansicht, dass es keine Ausgangssperre geben sollte. Am Donnerstag, 9. Juli, soll eine Entscheidung fallen.

Coronavirus: Deutlicher Anstieg der Zahlen am anderen Ende Europas - Erstes Land ergreift herbe Maßnahmen

Update vom 8. Juli, 14.16 Uhr: In Bulgarien steigt die Zahl der Corona-Neuinfektionen nach den Lockerungen rasant an. Mit 188 neuen Corona-Fällen wurde am Mittwoch ein Tagesrekord seit Beginn der Pandemie verzeichnet. Damit stieg die Zahl der Infektionen in dem ärmsten EU-Land mit einer Bevölkerung von knapp sieben Millionen Menschen insgesamt auf mehr als 6100. Vor einem Monat lag sie noch bei rund 2700.

Wegen schnell steigender Corona-Fallzahlen ordnete Regierungschef Boiko Borissow bereits Ende Juni an, dass die Kapazitäten der Krankenhäuser umgehend erhöht werden sollen. In Bulgarien gilt seit 22. Juni wieder Maskenpflicht in geschlossenen, gemeinschaftlich genutzten Räumen wie etwa Läden, Banken, Tankstellen, Behörden und Kirchen. Doch nicht wenige Bulgaren wollen sie demonstrativ nicht einhalten. Wirksame Kontrollen gibt es kaum. In Supermärkten tragen Mitarbeiter nicht selten keinen Mund-Nasen-Schutz oder ihre Masken hängen am Hals.

Coronavirus: Österreich verschärft Reisewarnung für drei Länder - ab sofort

Aufgrund der steigenden Coronavirus-Infektionen in der Balkanregion hat Österreich seine Reisewarnungen weiter verschärft und gleich um drei Staaten erweitert. Die Warnhinweise der Kurz-Regierung gelten ab sofort für Bulgarien, Rumänien und Moldau.

Auch wurden die Grenzkontrollen zu Ungarn und Slowenien deutlich verstärkt, erklärte Kanzler Sebastian Kurz „Wir erleben immer mehr Einschleppungen aus dem Ausland“, so Kurz und appelliert an die Bürger: „Bitte reisen Sie nicht in diese Länder.“ An den Grenzen sollen rund 2000 Polizisten zum Einsatz kommen. Auch Reisebusse würden künftig kontrolliert. Wer trotz der Warnung in die betroffenen Länder fährt, muss nach der Heimkehr in Corona-Quarantäne - oder einen negativen Testbefund vorweisen.

Corona in den Balkan-Staaten: Österreich verhängt Reisewarnung

Erstmeldung vom 6. Juli 2020:
München - Während die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 in Deutschland und Österreich weitestgehend auf einem konstant niedrigen Niveau bleiben, explodieren die Statistiken in anderen Teilen Europas momentan regelrecht.

Aufgrund der rapide ansteigenden Infektionszahlen in der Balkanregion entschloss sich die österreichische Regierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz nun dazu, eine Reisewarnung für einen Großteil der betroffenen Länder auszusprechen. So warnt das österreichische Ministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten nun vor Reisen in die Länder Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien. Für das beliebte Urlaubsziel Kroatien gibt es zwar noch keine offizielle Reisewarnung, jedoch gibt das österreichische Ministerium ein „hohes Sicherheitsrisiko“ für das Land an.

Kein Corona-Urlaub in Kroatien: Neuinfektionen steigen um 230 Prozent an - droht ein erneuter Lockdown? 

Dabei sah es in den letzten Monaten danach aus, dass die Balkanregion und die umliegenden Länder die Coronavirus-Pandemie relativ glimpflich überstehen könnten. So bewegten sich beispielsweise die täglichen Neuinfektionen mit Sars-CoV-2 in Serbien im Mai und Juni weitestgehend konstant unter 100, ehe sie in der vergangenen Woche um 125 Prozent zunahmen. 

Insgesamt stieg die Zahl der Infizierten in dem Land mit knapp sieben Millionen Einwohnern auf über 16.000. Man kann also nicht wirklich von einer zweiten Welle sprechen, welche die Region erreicht. Viel mehr handelt sich wohl um eine verspätet eintreffende erste Welle. Besonders radikal zeigen sich die steigenden Infektionszahlen, wenn man einen Blick auf Kroatien wirft. Dort erkrankten im Vergleich zur Vorwoche über 230 Prozent mehr Menschen an Covid-19

Übrigens: Angesichts der vergleichsweise geringen Corona-Infektionszahlen in manchen deutschen Bundesländern diskutieren Politiker hierzulande über eine Abschaffung der Maskenpflicht für den Einzelhandel. Nun hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Debatte eingeschaltet.

Corona in Kroatien: Sorgten anstehende Wahlen für vorschnelle Lockerungen in der Balkanregion? 

Doch wie lässt sich dieser Anstieg erklären? Nachdem ein Großteil der betroffenen Ländern beim Ausbruch der Corona-Pandemie relativ schnell einen Lockdown verordnet hatten und das öffentliche Leben weitestgehend gestoppt hatten, wurden relativ bald umfassende Lockerungen* beschlossen. Einerseits, um Entlastung für die stark betroffene Wirtschaft zu bringen und andererseits weil vielerorts wichtige Wahlen anstanden. In Serbien wurde bereits am 21. Juni gewählt. Die Parlamentswahlen in Kroatien fanden am gestrigen Sonntag statt und Nordmazedonien folgt am 15. Juli. 

Coronavirus am Balkan: Wegen umfangreicher Lockerungen - Experten warnen vor Überlastung der Gesundheitssysteme

Um nicht den Unmut der Wähler zu erfahren, entschlossen sich ein Großteil der betroffenen Regierungen zu umfassenden Lockerungen. In Kroatien füllten sich die Adria-Strände erneute, während in Serbien das prestigeträchtige Fußballderby zwischen den beiden Hauptstadtklubs Roter Stern und Partisan Belgrad vor 20.000 Zuschauern im Stadion ausgetragen wurde. Auch bei der vom serbischen Tennis-Superstar Novak Djokovic organisierten und vor Zuschauern ausgetragenen Adria-Tour kam es gleich zu mehreren Neuinfektionen. Unter anderem infizierte sich auch der Djokovic selbst. 

Mediziner und Virologen warnen wegen den jüngsten Infektionszahlen nun vor einer Überlastung des Gesundheitssystems und fordern erneute Einschränkungen, die für die arg gebeutelte Wirtschaft* jedoch zum Todesstoß werden könnten - so die Furcht.

Das Auswärtige Amt in Deutschland hat für die gesamte Balkanregion Warnhinweise wegen der steigenden Infektionen ausgegeben. Lediglich für den EU-Mitgliedsstaat Kroatien lagen am Montag noch keine solchen Hinweise vor. (fd)

Forscher beschäftigen sich derweil auch weiterhin mit den möglichen Spätfolge, die eine Covid-19-Erkrankung mit sich bringen könnte.

*merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks. 

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