Greifen die Politiker im Kampf gegen das Coronavirus zu einer radikalen Maßnahme? Bundesweite Coronaferien sind in der Diskussion. Doch wären diese wirklich sinnvoll?
- Das Coronavirus* breitet sich in Deutschland aus.
- Um die Infektionsketten zu verlangsamen, stehen „Coronaferien“ für Schüler zur Debatte.
- Eine Übersicht über die Bundesländer, die Schließungen angeordnet haben.
Update vom 14. März, 11.56 Uhr: Wegen der rasant steigenden Infektionszahlen mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 bleiben ab Montag alle Schulen und Kitas auch in Mecklenburg-Vorpommern geschlossen. Das teilte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Samstag am Rande einer Sondersitzung ihres Kabinetts in Schwerin mit. Mecklenburg-Vorpommern hat am Samstagvormittag rund 33 gemeldete Infektionsfälle.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sei ein Antreiber in der Coronakrise, findet der Chefredakteur des Münchner Merkur in einem Kommentar*.
Corona-Ferien in allen Schulen und Kitas - Experte warnt vor „Infektionslawine“
Update, 16.10 Uhr: Nachdem mittlerweile 13 Bundesländer beschlossen haben, Schulen und Kitas vorerst zu schließen (Übersicht siehe unten), müssen sich Millionen Eltern, Kinder und Jugendliche auf eine völlig neue Situation einstellen.
Die meisten Länder wollen die Schulen und Kitas bis zum Ende der Osterferien geschlossen halten, also bis Mitte oder Ende April. Es ist damit zu rechnen, dass sich auch der Rest der Bundesländer den Schließungen anschließen wird. Ähnlich machten es bereits andere Länder auf der Welt vor.
Lesen Sie auch: Mit einer emotionalen Botschaft in Corona-Zeiten haben sich die Lehrer der Oberdinger Realschule an ihre Schüler gewandt. Die Reaktionen auf das 17-minütige Video waren nicht minder emotional.
Corona-Ferien in Deutschland: Sachsen setzt Schulpflicht aus - Schulen bleiben zur Betreuung offen
Update, 15.30 Uhr:Im Gegensatz zu anderen Bundesländern (Auflistung siehe unten), hat sich Sachsen nicht sofort zu kompletten Schulschließungen entschlossen. Die Schulpflicht im Bundesland ist zwar ab Montag (16. März) ausgesetzt. Die Kinder können zu Hause bleiben. Eine Betreuung an den Schulen ist aber dennoch sicher gestellt. Lehrer, Schüler und Eltern sollen auf diese Weise Zeit bekommen, sich auf Schulschließungen vorzubereiten. Der genaue Zeitpunkt von Schließungen soll im Laufe der kommenden Woche entschieden werden.
Coronavirus in Deutschland: Immer mehr Bundesländer schließen Schulen - Die Übersicht
Update, 11.45 Uhr: Auch Bremen schließt nun ab Montag (16. März) alle Schulen und Kitas. Der Senat sehe diese Maßnahme als notwendig an, um die weitere Ausbreitung des Coronavirus* zu verlangsamen, teilte die Landesregierung am Freitag nach einer Sondersitzung mit.
Schulschließungen in folgenden Bundesländern :
- Bayern (ab 16. März)
- Bremen (16. März)
- Berlin ab 17. März flächendeckend, teilweise schon ab 16. März)
- Niedersachsen (ab 16. März)
- Saarland (ab 16. März)
- Mecklenburg-Vorpommern: Schulen in Rostock und im Landkreis Ludwigslust-Parchim (ab 16. März)
- Rheinland-Pfalz (ab 16. März)
- Schleswig-Holstein (ab 16. März)
- Nordrhein-Westfalen (spätestens ab 18. März)
- Baden-Württemberg (ab 17. März)
- Hessen (genauer Zeitpunkt wird noch verkündet)
- Thüringen (ab 17. März)
- Hamburg (ab 16. März)
- Sachsen (mit Zwischenschritt: ab 16. März findet kein Unterricht mehr statt - die Schulen bleiben aber zur Betreuung geöffnet)
- Sachsen-Anhalt (ab 16. März)
- Brandenburg (18. März)
Die Liste wird weiter aktualisiert.
Coronavirus in Deutschland: Virologe mit Einschätzung zu Schulschließungen
Update 10.55 Uhr: Schulen und Kindergärten in ganz Deutschland sollten nach Ansicht des Virologen Alexander Kekulé geschlossen bleiben, um die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus einzudämmen. Bundesweite Schließungen seien seiner Meinung nach „absolut alternativlos“, sagte er am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“.
Jedes infizierte Kind würde statistisch gesehen zwei bis drei andere Kinder anstecken. Das würde eine „Infektionslawine“ auslösen, die nur schwer zu stoppen sei. Grund sei die Inkubationszeit des Virus Sars-CoV-2 einerseits, sowie die Zeit, die bis zur Diagnose vergehe andererseits. Deshalb forderte Kekulé „proaktives Handeln“ von den Verantwortlichen. Als Beispiel nennt er den Sonderurlaub von bis zu zehn Tagen pro Jahr, den Eltern nehmen können, wenn ihr Kind krank ist.
Corona-Ferien auch in Berlin - aber zunächst schrittweise
Update, 10.15 Uhr: Berlin plant, Schulen und Kitas ab der nächsten Woche schrittweise zu schließen. Beginnen sollen die Schließungen am Montag (16. März) mit den Oberstufenzentren.
Beschlossene Sache wegen der Ausbreitung des Coronavirus* sind die Schulschließungen auch in Niedersachsen. Von Montag an gibt es dort keinen Unterricht mehr.
Corona-Ferien in allen Schulen und Kitas - Virologe spricht über geplante Schließungen
Update 13. März 2020, 9 Uhr: Jetzt steht fest: In Bayern, Niedersachen und im Saarland kommt es zu Schulschließungen bis zum Ende der Osterferien*. Auch alle Kindergärten und Kitas sind betroffen.
In seinem Coronavirus-Podcast des NDR änderte Virologe Christian Drosten am Donnerstag seine Meinung zu Schulschließungen. Er habe angesichts einer Studie aus den USA seine Betrachtungsweise verändert. Es habe sich mit einer Städte-Analyse aus den USA zur Spanischen Grippe 1918 beschäftigt. Hieraus habe sich ergeben, dass Schulschließungen in einem Maßnahmenpaket eben doch sinnvoll sein könnten: „Es nützt extrem viel, zwei oder mehr Maßnahmen zu kombinieren: Veranstaltungsstopp und Schulschließungen in Kombination sind extrem effizient, vor allem dann, wenn man das mehr als vier Wochen durchhält“, habe sich aus dieser Analyse ergeben, sagte Drosten*.
Ihm bereiten dennoch Kita-Schließungen Bauchschmerzen, weil ebenso wie bei Grundschul-Schließungen, dann viele Beschäftigte auch aus dem Gesundheitsbereich wegfallen könnten, da sie ihre Kinder daheim betreuen müssten. „Dann hätten wir einen großen Folgeschaden angerichtet, wenn wir von heute auf morgen ohne weitere Bestimmungen Kitas schließen“, warnte Drosten im NDR-Podcast.
Corona-Ferien für alle deutschen Schüler: Entscheidungen über Schulschließungen fallen am Freitag
Update von 20.52 Uhr: Bund und Länder haben kontrovers über eine mögliche flächendeckende Schließung von Schulen in Deutschland wegen der rasanten Ausbreitung des Coronavirus diskutiert. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen. Ein Ergebnis bei den Beratungen der Bundesregierung mit den Ministerpräsidenten der Länder gab es am Donnerstagabend noch nicht. Weitere Themen seien die Versorgung der Bevölkerung sowie weitere Absagen von Veranstaltungen, hieß es.
Update von 19.38 Uhr: Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) erklärte am Mittwoch noch, dass sie Schulschließungen aktuell für „nicht angezeigt“ halte - und erzürnte damit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Der lieferte in der Bild jetzt eine Retourkutsche: „Das war eine unglückliche Aussage von der Ministerin. Mal abgesehen von ihrer nicht absoluten Zuständigkeit überrascht mich ihre Einschätzung – zumal es bereits ganze Städte gibt, die Kindergärten und Schulen schließen“, sagte er der Zeitung.
Söder ermahnte, sich nicht gegenseitig zu bewerten, hieß es in dem Bericht weiter, und forderte Rücksicht für die unterschiedlichen Situationen von Region zu Region. „Wir haben in Bayern mit der Grenze zu Österreich und der Nähe zu Italien eine andere Situation als andere Länder.“ Söder hielte es für möglich, dass bald Schulen und Kindergärten in Bayern flächendeckend geschlossen werden.
Corona-Ferien für alle deutschen Schüler: Entscheidungen über Schulschließungen fallen am Freitag
Update 19.19 Uhr: Hessen stellt seine Abiturienten wegen der Coronapandemie vom Unterricht frei. Die als Vorsichtsmaßnahme gedachte Regelung gilt vom kommenden Montag (16. März) an bis zum Beginn der Osterferien (6. April), wie ein Sprecher des Kultusministeriums am Donnerstag sagte. Am kommenden Donnerstag (19. März) beginnen in Hessen die schriftlichen Abiturprüfungen. Die Abiturienten sollen die Schule nur noch dazu betreten.
Update 18.20 Uhr: Der Coronavirus-Krisenstab in Niedersachsen empfiehlt, alle Schulen des Bundeslandes ab Montag zu schließen. Die Osterferien sollen vorzeitig beginnen. Das niedersächsische Politikjournal Rundblick vermeldet, dass die Landesregierung sich berate und eine Entscheidung darüber am Freitag mitteilen will.
Covid-19: Kommt es zu deutschlandweiten Schulschließungen? Söder attackiert Bundesministerin
Update 17.44 Uhr: Noch sind im Kampf gegen das Coronavirus keine flächendeckenden, deutschlandweiten Schulschließungen geplant. Vom Tisch sind sie dennoch nicht. Die Kultusministerkonferenz schließt eine derartige Maßnahme nicht aus. Das sagte die Vorsitzende, die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD), nach Beratungen mit ihren Kollegen und Kolleginnen aus den anderen Bundesländern in Berlin.
Update 15.55 Uhr: Der Freistaat Bayern scheint bei der Entscheidung der flächendeckenden Schulschließungen voranzugehen. Wie der Münchner Merkur erfahren hat, will Ministerpräsident Söder am Freitag mitteilen, wie es an den Schulen weitergehen sollen. Vorgezogene Osterferien, eine Notfallbetreuung an Schulen und ein Plan für digitalen Fernunterricht werden in der bayerischen Landesregierung nun beraten.
Söder kritisierte es als „überraschend“, dass sich Bundesbildungsministerin Anja Karliczek zuvor gegen generelle Schulschließungen gewandt hatte. Karliczek hatte gesagt: „Derzeit sind flächendeckende Schulschließungen noch nicht angezeigt.“ Allerdings müsse die Lage jeden Tag neu bewertet werden.
Coronavirus: Lehrerverband fordert Schulschließungen in ganz Deutschland
München - Angesichts der Coronavirus-Ausbreitung in Deutschland schließen temporär immer mehr Schulen. Die Kinder sollen daheim bleiben, um sich gegenseitig nicht anzustecken. Schon Anfang März hatte der Virologe Professor Alexander Kekulé sogar 14-tägige „Coronaferien“ an Schule und Kitas gefordert.
Wenn wir jetzt 14 Tage #Coronaferien für Schulen, Kitas und Grossveranstaltungen verordnen, können wir die Zahl der künftigen Erkrankungen (und Toten) erheblich reduzieren. Italien und Japan haben das verstanden. Denkt BM Spahn, die Deutschen seien gegen #Coronavirus immun?
— Prof Alexander Kekulé, MD PhD (@AlexanderKekule) March 5, 2020
Klar ist: Die Verunsicherung an den Schulen ist groß. Der Präsident des Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, fordert von der Kultusministerkonferenz einen einheitlichen Notfallplan, der für alle Schulen gelten soll: „Es gibt aktuell eine große Verunsicherung, weil Schulen in den verschiedenen Bundesländern ganz unterschiedlich auf die Lage reagieren.“
Der Verband Deutscher Realschullehrer* verlangte am Donnerstag bundesweite Schulschließungen für mindestens eine Woche. „Dieser Zeitraum kann nach Bedarf und in Abstimmung mit den Gesundheitsbehörden der Länder und Regionen wöchentlich verlängert werden“, sagte der Bundesvorsitzende Jürgen Böhm. In Österreich haben die Schulen bereits bis Ostern geschlossen. Auch Halle (Saale) schließt als erste deutsche Großstadt nun alle Kindertagesstätten und Schulen.
Wären also bundesweite „Coronaferien“ die Lösung? Experten äußern erhebliche Zweifeln an einer solchen Maßnahme. Zwei Argumente sprechen dagegen.
Deutschlandweite Corona-Schulschließungen könnten Wirtschaft und Gesundheitssystem schaden
Insbesondere bei Grundschulkindern bestehe den Aussagen nach das Problem, dass die Kinder nicht unbeaufsichtigt ganze Tage daheim bleiben können. Das wiederum könnte bedeuten, dass die Eltern im Zweifelsfall selbst daheim bleiben müssen - und entsprechend am Arbeitsplatz fehlen. Darunter befinden sich auch viele, die im Gesundheitsbereich arbeiten und dann gerade in dieser Epidemie-Zeit fehlen würden, gibt unter anderem Virologin Ulrike Protzer von der Technischen Universität München auf Tagesschau-Anfrage zu bedenken.
Auch diejenigen, die in der Privatwirtschaft arbeiten und wegen fehlender Betreuungsmöglichkeiten der Kinder daheim bleiben müssen, würden im Büro oder in der Fabrik fehlen. Die Wirtschaft leidet derzeit bereits arg unter der Coronavirus-Pandemie, die Börsen stürzen ab und eine globale Rezession wird befürchtet.
Hunderttausende fehlende Arbeitskräfte wären somit eine zusätzliche Belastung in der sich anbahnenden Corona-Wirtschaftskrise. Nur eine Minderheit könnte das wohl über Homeoffice weiter im Dienst bleiben. Gegenüber der Tagesschau macht auch der Sprecher des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH), Peter Walger, auf dieses ökonomische Problem aufmerksam.
Coronavirus: Schüler sind keine besondere Risikogruppe - ihre Großeltern aber schon
Alle bisherigen Studien zeigen, dass Kinder sich zwar mit dem Coronavirus anstecken können, aber diese Infektion besser abwehren können. Sie entwickeln kaum Symptome* und sind somit keine besonders zu schützende Risikogruppe. Ganz anders als eine andere Bevölkerungsgruppe: Senioren. Wenn nun aber Schulen schließen, dürften viele Kinder berufstätiger Eltern von den Großeltern betreut werden.
Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité, hat am Montag in seinem NDR-Podcast aber besonders dazu aufgerufen, Rentnerinnen und Rentner vor dem Coronavirus zu schützen. Die Familien müssten individuelle Lösungen finden und die Großeltern als „schützenswerten Bereich“ ansehen. Bundesweite Coronaferien an Schulen könnten somit paradoxerweise einen gegenteiligen Effekt haben, wenn es zu mehr Kontakten zwischen möglicherweise unbemerkt bereits infizierten Schülern und deren Großeltern kommt. Somit könnte sich die Ausbreitung des Coronavirus in dieser Risikogruppe sogar durch eine solche Maßnahme beschleunigen.
In Deutschland gibt es laut Statistischem Bundesamt - einschließlich Berufsschulen - rund 43.000 Schulen mit rund elf Millionen Schülern und 820.000 Lehrern.
Das Coronavirus hält die ganze Welt in Atem. In Italien herrscht Ausnahmezustand. Doch in der Stadt Siena trotzen die Menschen dem Virus auf schöne Art und Weise. Schon im vergangenen Jahrhundert soll eine Hellseherin die Corona-Krise angedeutet haben.
In weiten Teilen Deutschlands schließen ab Montag die Schulen und Kitas. Einige TV-Sender wie Kika ziehen daraus nun Konsequenzen.
Die EU kann sich nicht auf ein Milliarden-Paket einigen. Ein Reiseunternehmen dagegen erhält einen Kredit. Alle Corona-Wirtschafsmeldungen im Überblick.
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