Fleischkonsum erhöhe die Krebsgefahr, warnt die WHO. Wurst und Schinken seien gefährlich. Doch die Hersteller halten dagegen. Sie fühlen sich zu Unrecht beschuldigt.
Lyon (dpa) - Die Warnung der Weltgesundheitsorganisation WHO vor dem Krebsrisiko von Wurst- und Fleischverzehr ist auf harte Kritik von Herstellern gestoßen. Der Schutzverband Schwarzwälder Schinkenhersteller warf der Organisation eine Verunsicherung der Verbraucher vor.
Die Fleischverarbeitung in Deutschland verlaufe unter strengen Vorschriften und Kontrollen, sagte der Verbandsvorsitzende Hans Schnekenburger.
Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC), eine WHO-Behörde, hatte davor gewarnt, dass der regelmäßige Verzehr von Wurst, Schinken und anderem verarbeiteten Fleisch des Krebsrisiko erhöhe. Demnach gehen pro Jahr 34 000 Krebstodesfälle auf verarbeitetes Fleisch und möglicherweise 50 000 auf rotes Fleisch zurück.
Zum Vergleich: Das Rauchen verursacht laut IARC eine Million Krebstote pro Jahr, Alkohol 600 000 und Luftverschmutzung 200 000.
Der Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie erklärte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur: "Für die Entstehung von Krebs ist sicherlich nicht ein einzelnes Lebensmittel verantwortlich, sondern auch weitere Einflussfaktoren wie die persönliche Lebensweise, erbliche Vorbelastungen oder Umwelteinflüsse."
Auch nach dem WHO-Report gelte weiterhin der "Grundsatz einer gesunden Lebensweise durch viel Bewegung und eine vielseitige und ausgewogene Ernährung - auch mit Fleisch und Wurst". Aus einer Erhebung des Verbands geht hervor, dass der Fleischwarenverzehr in Deutschland sinkt: Der Pro-Kopf-Konsum lag 2013 bei 29,6 Kilogramm, zehn Jahre zuvor waren es noch 31,3 Kilogramm.
Dem Verein Die Lebensmittelwirtschaft fehlen "klare wissenschaftliche Beweise dafür", dass rotes oder verarbeitetes Fleisch wirklich ursächlich krebserregend sei. "Bislang konnte nie wissenschaftlich geklärt werden, welche Inhaltsstoffe aus dem Fleisch dem Menschen schaden könnten - ob es also tatsächlich das Fleisch selbst ist, oder vielleicht doch eher die Verarbeitung durch Pökeln, Räuchern oder Fermentieren?", sagte Geschäftsführer Stephan Becker-Sonnenschein. Auch die neue Studie basiere rein auf Auswertungen und statistischen Berechnungen anderer Studien.
Die WHO-Behörde IARC hatte selbst eingeräumt, dass das individuelle Risiko, Darmkrebs durch Fleischkonsum zu bekommen, gering sei. Es steige aber mit der Menge des konsumierten Fleisches, sagte Kurt Straif vom IARC. Betrachte man eine große Zahl von Menschen, seien die Fälle gesundheitspolitisch bedeutend.
Die IARC-Ergebnisse bestätigten die geltende Gesundheitsempfehlung, den Konsum von Fleisch zu begrenzen, betonte Agentur-Chef Christopher Wild. Zugleich enthalte etwa rotes Fleisch wichtige Nährstoffe. Die Studie sei wichtig für Regierungen und internationale Organisationen, um die Risiken und Vorzüge von rotem und von verarbeitetem Fleisch abzuwägen und dann Ernährungsempfehlungen zu geben.