Ribeirão Preto - Frankreichs Coach Deschamps hat seinem Team bei dieser WM Zurückhaltung auferlegt. Gegen freche Aussagen seines ehemaligen Teamkollegen Lizarazu kann aber auch er nichts machen.
Die Sticheleien von Bixente Lizarazu konnte selbst Didier Deschamps nicht verhindern. Das DFB-Team habe eine löchrige Abwehr und sei nicht unschlagbar, frotzelte sein ehemaliger Team-Kollege vor dem brisanten WM-Viertelfinalspiel der Franzosen am Freitag gegen Deutschland. Solche provokanten Aussagen kann Disziplinfanatiker Deschamps derzeit gar nicht gebrauchen. Der Coach der französischen Fußball-Nationalelf setzt lieber auf selbstbewusste Bescheidenheit.
Der 45-jährige pfeift alle Spieler zurück, die bereits den Titelgewinn als Ziel ausgeben. Dies sei respektlos, noch sei nichts erreicht, bitte auf dem Boden bleiben, predigt er immer wieder. Von freundlicher Nachbarschaftshilfe will er aber auch nichts wissen. „Wir wissen zu schätzen, dass wir im Viertelfinale sind. Das ist schon etwas. Aber wir gehen am Freitag nicht als Touristen ins Spiel“, betonte Deschamps vollmundig.
Groß antreiben muss er seine Spieler 28 Jahre nach dem bisher letzten WM-Duell gegen die Deutschen nicht. Der Auftritt im renovierten Fußball-Tempel Maracanã in Rio de Janeiro und die Chance auf den Halbfinal-Einzug sind Motivation genug. „Deutschland ist nicht unschlagbar“, erklärte der frühere FC-Bayern-Profi Lizarazu, der unter Kapitän Deschamps 1998 den bisher einzigen WM-Titel für die Grande Nation holte. „Gegen Deutschland ist es sogar noch leichter zu spielen, als gegen Nigeria.“ Und gegen den Afrika-Meister reichte es im Achtelfinale bekanntlich zu einem 2:0.
Das Team von Joachim Löw stehe am Freitag unter massivem Druck, so Lizarazu in einem RTL-Interview weiter. Deutschland verfüge zwar über ein „beeindruckendes Angriffsspiel“, habe sich aber zuletzt auch beim 2:1-Zittersieg gegen Algerien in der Defensive „sehr löchrig“ präsentiert. Weitergekommen sei Deutschland nur dank eines „Manuel Neuer im Stile von Franz Beckenbauer“, lästerte der ehemalige Linksverteidiger.
Auch Deschamps ist kein Typ, der sich leicht einschüchtern lässt. Sein Team hat allen Grund, bei aller Stärke des Gegners die Partie optimistisch anzugehen. Seit dem sensationellen 3:0-Heimsieg im Playoff-Rückspiel gegen die Ukraine weist der EM-Gastgeber von 2016 eine Bilanz von sieben Siegen und zwei Unentschieden mit einem glänzenden Torverhältnis von 28:3 aus. Zudem hat er inzwischen wieder alle 23 Mann an Bord. Vizekapitän Mamadou Sakho scheint die Zerrung am rechten Oberschenkel überwunden zu haben. Der eisenharte Innenverteidiger des FC Liverpool trainierte im Estadio Santa Cruz in Ribeirão Preto wieder ohne Schmerzen. In der Offensive wird der „neue Franck Ribéry“ (RTL), Antoine Griezman, anstelle Arsenals Olivier Giroud als Partner von Torjäger Karim Benzema erwartet.
Von Ribéry spricht in der französischen Mannschaft jedenfalls kaum noch jemand. Der Bayern-Star, der wegen Rückenschmerzen auf die WM verzichten musste, sagte nun übrigens auch eine Einladung des französischen Verbandes zum Spiel am Freitag ab. Er wolle den Urlaub mit der Familie nicht unterbrechen, ließ Ribéry wissen. „Viele sind ohne Franck befreiter“, sagte unter anderem Ex-Nationalspieler Jean-Michel Larqué.
Mathieu Valbuena wollte zur Causa Ribéry nichts sagen. Der 1,65 Meter kleine Spielmacher von Olympique Marseille, mit 29 Jahren, 37 Länderspielen und sechs Toren einer der erfahrensten Akteure im von Deschamps stark erneuerten Team, spricht lieber von den großen Zielen: „Wir sind mit unserer Arbeit hier in Brasilien noch nicht zu Ende.“ Soviel Optimismus lässt Deschamps gerade noch durchgehen. Die Chaos-WM von 2010 mit Vorrunden-Aus und vielen Querelen hat er - auch wenn er nicht dabei war - noch nicht vergessen. Die Marschroute des Disziplinfanatikers ist klar: „Wir dürfen nicht relaxen!“.
dpa