Manche Unternehmensgründer in der Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen“ (DHDL) leiden unter Realitätsverlust. Und das ist nicht der einzige Fehler, den sie machen, schreibt Juror Frank Thelen in seinem Gastbeitrag.
Die Gründer, die in der Höhle der Löwen ihr Start-up pitchen, werden von Staffel zu Staffel stärker und die Unternehmen interessanter. Deshalb kommt es inzwischen auch immer öfter dazu, dass nicht nur die Gründer, sondern auch die Löwen um den Deal kämpfen. (Anmerkung der Redaktion: Am Dienstag, 20. November 2018, um 20.15 Uhr läuft die letzte Folge der aktuellen Staffel von „Die Höhle der Löwen“ auf VOX.)
Doch hin und wieder kommt ein Gründer rein, der einen oder gleich mehrere der folgenden Fehler begeht...und dann werden die Löwen sauer.
1. Nicht Produkt- oder Technologiegetrieben
Einige Gründer kommen nicht vom Produkt, sondern vom Marktanteil, von irgendwelchen Exceltabellen, sind vermutlich vom Geld getrieben und schlimmstenfalls nur auf den schnellen Erfolg aus. Sie glauben der Illusion, dass Gründen cool ist und Selbstbestimmung bedeutet. Aber die Realität sieht anders aus: Wer gründen will, der muss bereit sein, für sein Start-up durch die Hölle zu gehen. 70-Stunden-Wochen und versäumte Urlaube gehören hier leider genauso dazu wie Rückschläge und Fehltritte.
Deshalb ist es umso wichtiger, dass der Gründer eine klare Vision hat, ein Ziel, das er verfolgt. Fast noch wichtiger: Die Gründer müssen in der Lage sein, mich mit ihrer Vision anzustecken, mich mit reinzuziehen. Wenn das während eines Pitches geschieht, bin ich interessiert.
2. Schlechte Vorbereitung
Damit ein Pitch überzeugt, ist eine gewisse Vorbereitung nötig. Die initiale Präsentation sollte sehr lange und ausgiebig geprobt werden, weil im Studio immer noch mal erschwerende Faktoren wie Nervosität und eventuell Blackouts hinzukommen. Da ist es wichtig, dass du als Gründer schnell wieder reinkommst, wenn du mal den Faden verloren hast. Wir alle sind Menschen und wir haben vollstes Verständnis dafür, wenn ein Gründer nervös ist, aber wofür ich kein Verständnis habe, ist eine schlechte Vorbereitung.
Wenn du dein Produkt nicht innerhalb von 90 Sekunden präzise erklären kannst, bist du schlecht vorbereitet. Das nennt man einen Elevator Pitch und jeder Gründer sollte den drauf haben - selbst dann, wenn ich nachts um 2 vor deinem Bett stehe und dich wecke. Du darfst als Gründer nicht vergessen, dass du dich mit deinem Produkt bereits lange auseinandergesetzt hast, während die Investoren vor dir es gerade erst kennen lernen. Versuche, dich in sie hineinzuversetzen und mögliche Rückfragen vorherzusehen, um sie schnell und konkret beantworten zu können.
Wenn ein Gründer auf jede Frage eine Antwort hat und die dann im Idealfall auch noch wie aus der Pistole geschossen kommt, überzeugt mich das.
In meinem Buch habe ich den original Spickzettel veröffentlicht, den ich bei den Pitches bei DHDL in meinem Notizbuch kleben habe. Da stehen alle Punkte drauf, auf die ich bei einem Start-up achte. Wenn du dich an dieser Liste orientierst, bist du in meinen Augen gut vorbereitet.
3. Gründer kennen den Background der Löwen nicht
Nicht nur der initiale Pitch sollte gut vorbereitet sein. Wer in die Show kommt, um vor uns fünf bekannten Investoren zu pitchen, der hat einen entscheidenden Vorteil: Er weiß, wer auf den Stühlen sitzt. Er kann sogar Gründer aus unserem Portfolio anrufen und fragen, ob und wie wir als Investoren und Mentoren geholfen haben. Manchmal habe ich das Gefühl, dass einige Gründer diesen Vorteil nicht nutzen. Es irritiert mich, wenn die Gründer sich nicht vorab Gedanken gemacht haben, von welchem Löwen sie sich ein Investment wünschen.
An dieser Stelle weise ich nochmal zurück auf Punkt 1, die klare Vision. Wenn du eine klare Vision für dein Unternehmen hast, dann solltest du eigentlich auch einen klaren Wunsch-Löwen haben. Jeder von uns hat andere Stärken und kann Start-ups in bestimmten Bereichen unterstützen.
Wenn du möchtest, dass dein Produkt in kürzester Zeit deutschlandweit verfügbar ist, gehst du zu Ralf. Wenn du ein langfristig erfolgreiches Unternehmen und eine starke Marke aufbauen willst, kommst du zu mir. Gründer sollten sich, schon bevor sie in die Sendung kommen, im Klaren sein, was und wen sie für ihr Unternehmen wollen.
4. Gründer haben Unternehmenszahlen nicht im Griff
Als Gründer solltest du nicht nur dein Produkt in- und auswendig können, sondern auch deine Firma. Wenn jemand vor mir steht und seine Unternehmenszahlen nicht im Griff hat, werde ich wahnsinnig.
Du hast als Gründer in der Show nur diese eine Chance, uns Investoren von dir und deinem Start-up zu überzeugen. Tut mir leid, aber da habe ich kein Verständnis für Leute, die ihre Umsätze oder ihre Marge nicht kennen.
5. Absurde Unternehmensbewertung
Ich kann verstehen, dass man als Gründer von seiner Idee extrem überzeugt ist - und das ist auch gut so. Aber man darf dabei nicht die Realität aus den Augen verlieren. Bei manchen Unternehmensbewertungen fehlen mir wirklich die Worte. Wenn du seit drei Jahren am Markt bist und einen Gesamtumsatz von 25.000 Euro zu verbuchen hast, womöglich noch ohne nennenswertes Wachstum, wie kommst du dann auf eine Firmenbewertung von 2 Millionen Euro? Reines Wunschdenken und hypothetische Businesspläne rechtfertigen noch keine hohe Unternehmensbewertung.
Der Wert, den du aufrufst, muss in irgendeiner Form von den bisherigen Zahlen abzuleiten oder zu belegen sein. Hinzu kommt, dass viele Gründer den Mehrwert vergessen, den wir als Investoren mitbringen. Wir bringen nicht nur unser Kapital, sondern auch unser Netzwerk, unsere Manpower und unsere Erfahrung mit ein. Das ist oft sehr viel mehr wert als das Investment.
Ein Gründer begründete seine Bewertung sogar damit, wie viel das Unternehmen doch wert sei, wenn ich einsteigen würde. Da fehlten selbst mir dann die Worte: Ich bin raus!
Diesen Gastbeitrag schrieb „Die Höhle der Löwen“-Juror Frank Thelen exklusiv für das deutschlandweite Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerk.
Frank Thelen hat eine Autobiografie geschrieben: „Startup-DNA. Hinfallen, Aufstehen, die Welt verändern“. Sie ist Ende August 2018 im Murmann Verlag erschienen, umfasst 288 Seiten und kostet 22 Euro.
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