In der beliebten Unterhaltungsshow „ZDF-Fernsehgarten“ wurde es am Sonntag ungewohnt politisch. Moderatorin Andrea Kiewel attackierte Politiker in der Corona-Krise.
- Unbeschwerte Unterhaltung - dafür steht eigentlich der ZDF-Fernsehgarten.
- Als es jedoch um die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Epidemie in Deutschland* geht, redet sich Moderatorin Andrea Kiewel in Rage.
- Indirekt attackiert sie SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach offen in ihrer Sendung.
Update vom 9. August 2020: Nach der Zwangspause in der vergangenen Woche findet an diesem Sonntag wieder der ZDF-Fernsehgarten statt. Kiwi nutzte die kleine Auszeit für einen Trip in die Sonne - währenddessen musste ihr Team wütende Fans beruhigen*, die wegen eines Ticket-Gewinnspiels enttäuscht sind.
Mainz - Eigentlich ist der ZDF-Fernsehgarten für gute Laune und Unterhaltung bekannt (wie tz.de schreibt*) - nun aber wurde die Sendung ungewohnt gesellschaftskritisch. Dabei war das Motto eigentlich komplett unpolitisch: „Let's fetz mit den 90ern!“ Die Popkultur der 1990er-Jahre stand im Mittelpunkt der Show. Moderatorin Andrea Kiewel hatte sich Stars dieser Epoche eingeladen: Jasmin Wagner, besser bekannt als „Blümchen“, Pop-Star Oli P., DJ Alex Christensen und DJane Marusha.
Video: Nicht nur wegen Corona gab es Kritik an Kiewel
Plötzlich geht es um die Coronavirus-Krise im ZDF-Fernsehgarten
Doch mitten in der Sendung geht es plötzlich um die Coronavirus-Krise und die gravierenden Auswirkungen auf die Kulturszene. Konzertreihen mussten komplett abgesagt werden, Diskos bleiben weiterhin zu.
Christensen und Marusha beklagen die Situation in der Club-Szene und für andere Kulturschaffende. Es sei eine „Vollkatastrophe“ für Veranstalter, Club-Betreiber, Türsteher, aber auch Schausteller. Vor allem, weil es keine Perspektive gibt, wann sich alles wieder normalisieren wird. Das Problem sei, dass die Szene keine Lobby habe.
Schon hier merkt man, wie sehr dieses Thema auch die ZDF-Moderatorin umtreibt. Kiewel, in der DDR aufgewachsen, wundert sich, wie ruhig alle seien. Sie versuche es „politisch korrekt auszudrücken“, sagt sie, sucht nach Worten, um ihren Punkt zu verdeutlichen. Sie könne nicht verstehen, wieso das alles so akzeptiert und hingenommen werde.
Die Gäste echauffieren sich weiter. „Wir wissen jetzt alle, wie es ist, in Haft zu leben“, behauptet Christensen sogar, obwohl er offensichtlich recht frei und entspannt auf dem Mainzer Lerchenberg in der Sonne sitzt. Die strengen Corona-Maßnahmen hätten auch soziale Folgen, führt er weiter aus. Junge Menschen, wie sein 17-jähriger Sohn, würden nicht mehr in Clubs gehen. Ihnen fehlten jetzt diese Erfahrungen in ihrer Jugend.
ZDF-Fernsehgarten: Runde schießt sich auf Corona-Fachmann Karl Lauterbach ein
Die DJ-Legenden teilen dann gegen Politiker aus - und nennen namentlich SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, der für einen strikten Corona-Kurs wirbt. Lauterbach habe kein Gefühl, was das für die Kulturszene bedeute, schließlich gehe er auch nicht in Clubs, mutmaßt Christensen. Wohingegen Marusha argumentiert, dass Berufspolitiker finanziell abgesichert seien, dagegen Menschen aus dem Kulturbereich nun „am Existenzminimum“ angelangt seien und auf staatliche Unterstützung zurückgreifen müssen.
Eben im #Fernsehgarten : "Karl Lauterbach kann sich in die Clubszene nicht hineinversetzen. Er geht nicht in Clubs und er wird auch nicht reingelassen!" #coronavirus
— schwart-mobil (@USchwart) July 5, 2020
Fernsehgarten-Moderatorin Kiewel in Coronavirus-Diskussion: „Dann sind es die falschen Politiker“
Hier empört sich Andrea Kiewel sichtlich - und nimmt indirekt Bezug auf Lauterbach, den ihre Vorrednerin attackierte: „Du wirst ja nicht als Politiker geboren, sondern ein Volk wählt dich, weil ein Volk dir zuspricht, oder zutraut, dass du die Interessen vertrittst. Wenn heutzutage in Talkshows die immer gleichen Gesichter sitzen und das nicht erkennen, dann sind es die falschen Politiker. Ganz einfach!“ Eine unverkennbare Anspielung auch auf TV-Dauergast Lauterbach, der erst kürzlich wieder bei Kiewels ZDF-Kollegen Markus Lanz debattierte und dafür erneut bei „hart aber fair“ war.
Dann gab Kiewel ihren DJ-Gästen noch einen Rat mit: „Ihr müsst lauter sein! Es geht um lebenswertes Leben.“
Ruft Kiewel gerade zu einer Revolution auf?#Fernsehgarten
— Wieland Witege (@wwitege) July 5, 2020
Fast bemerkenswerter noch als die deutliche Positionierung der ZDF-Frau, ist das Statement von Oli P., der eigentlich Oliver Petszokat heißt, und immer noch mit seinem Cover-Hit „Flugzeuge im Bauch“ auftritt. Der Sänger traut sich, gegen seine Gastgeberin zu sprechen und gibt die mäßigende Stimme in der Runde: „Es gibt trotzdem dieses Virus, das man nicht leugnen kann.“ Wenn man nun wieder Hallen mit 15.000 Menschen fülle, würden schnell wieder Masseninfektionen drohen*, befürchtet er. Ein Ballermann-Star hat den Virus zuletzt bei einem Auftritt nicht so ernst genommen. Das könnte ihm jetzt die Teilnahme am ZDF-Fernsehgarten kosten. (mag) *tz.de und Merkur.de gehören zum bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerk
Auch im Fernsehgarten eine Woche später nimmt Andrea Kiewel nochmal Stellung zum Thema und spricht außerdem über Hater-Kommentare. *tz.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes.