Unglaublich, aber wahr: Lebensversicherer kürzen die Renten ihrer Kunden. Auch, wenn sie bereits ausgezahlt werden. So können Sie sich dagegen wehren.
Was dürfen Versicherungen und was nicht? Schließlich gibt es teilweise Fälle, die sich ähneln – aber am Ende ganz unterschiedlich abgewickelt werden.
Und jetzt auch das noch: Angeblich sollen viele der größten deutschen Versicherer die Privatrenten ihrer Kunden bereits gekürzt haben.
Versicherer kürzen Renten - Schuld ist der Niedrigzins?
Anstatt von Überschüssen zu träumen, gibt es für Versicherte nun ein böses Erwachen: Schuld ist der Niedrigzins. Dadurch sind die Kapitalerträge auf die Versicherungsportfolios gesunken. Deshalb müssten viele Versicherungen sparen – und fangen dabei gleich beim Kunden an. Das berichtet jetzt das Wirtschaftsmagazin Capital.
Dazu gehören die Aachen Münchener, die Alte Leipziger, die Axa, die Ergo, die Debeka, die Nürnberger und die Württembergische. Andere werden nachziehen. So soll die Generali bereits verkündet haben, 27.600 Kunden die Renten zu kürzen. Trauriger Vorreiter ist hier allerdings die Neue Leben Pensionskasse, die zur Talanx gehört.
Sie hatte bereits 2016 Renten von etwa 80.000 Kunden reduziert. Besonders betroffen sind hier Verträge von 2014 und früher. Der Grund dafür: Hier galten noch andere Garantiezinsen. Teilweise von 1,75 Prozent und sogar höher – für viele Versicherer daher momentan kaum zu stemmen. Ein Positivbeispiel ist dagegen der Marktführer Allianz Leben.
Darf der Versicherer einfach meine Privatrente kürzen?
Sein System beruht darauf, dass sie erst niedrigere Renten zahlen, die je nach vereinbarter Laufzeit ansteigen. Zwar spürt auch die Allianz den Niedrigzins – allerdings werden die Renten dann nicht oder nur wenig erhöht. Dafür müssen Kunden nicht mit Kürzungen rechnen. Doch darf der Versicherer das überhaupt?
Grundsätzlich gilt: Bei Vertragsabschluss vereinbaren Versicherer und Kunde eine sogenannte garantierte Rente auf Basis des Garantiezinses. Zudem erhält der Kunde Erträge aus der Überschussbeteiligung. Da sich das alles sehr verlockend anhört, überlegen viele nicht zweimal – und vergessen dabei, das Kleingedruckte zu lesen.
Was kaum einer weiß: Wenn sich der Versicherer im Notfall befindet, kann er letztere einfach komplett streichen. Dann bekommt der Kunde nur noch die ausgemachte, in der Police festgehaltene "lebenslange monatliche Rente". Dennoch ist der Versicherer dazu verpflichtet, stets den Garantiezins, der bei Vertragsabschluss gegolten hat, auszuzahlen. 2017 liegt dieser gerade bei 0,90 Prozent.
Doch was tun, wenn die Rente gekürzt wird, obwohl Sie Ihnen bereits ausgezahlt wird?
Die Versicherung wechseln oder aus Wut sogar zu kündigen, lohnt sich hier nicht. Schließlich sind die Rückkaufswerte viel zu gering, als dass damit noch eine neue, gleichwertige Versicherung gedeckt ist. "Wer bei der Rente einmal in den Fängen der Lebensversicherer ist, kommt dort in der Regel nicht wieder heraus", warnt Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bunds der Versicherten.
Allerdings gibt es ein "Schlupfloch" – wenn der Versicherer den vereinbarten Garantiezins nicht einhalten kann. Dann haben Sie das Recht, sich zu beschweren. Auf den Bund der Versicherten können sie hier zählen: Dieser hat nämlich bereits angekündigt, dass er Kunden bei etwaigen Klagen unterstützen wird.
Sie sparen noch - wie können Sie trotzdem die Rentenkürzung umgehen?
Und auch wenn sie noch gerade mittendrin sind und in Ihre Police einzahlen, müssen Sie einiges beachten. Denn auch hier ist ein sofortiger Ausstieg aus der Versicherung nicht förderlich. Besonders dann, wenn Sie damals bei Vertragsabschluss noch satte Zinsen von bis zu vier Prozent absahnen konnten.
Ansonsten drohen Ihnen bei Kündigung ebenfalls hohe Verluste und selten werden Sie nochmal so ein gutes Angebot finden. Allerdings gibt es auch hier einen Ausweg: nämlich eine falsche Widerrufsbelehrung. Kunden, die eine Lebensversicherung zwischen dem 29. Juli 1994 und 31. Dezember 2007 abgeschlossen haben, können davon profitieren – und am Ende sogar tausende Euro zurückfordern.
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jp