Könnte Methadon das Mittel zur Heilung vieler Krebspatienten werden? Einige Erkrankte berichten von wahren Wunderwirkungen – doch klinische Studien fehlen noch.
Die Chemikerin Dr. Claudia Friesen stieß 2007 rein zufällig auf die krebsbekämpfende Wirkung von Methadon: "Wir wollten ursprünglich die molekularen Mechanismen von Opioiden weiter aufklären, darunter war unter anderem auch Methadon. Und zu unserer Verwunderung sind die Tumorzellen mit Methadon gestorben. Wir dachten damals, es wäre ein Fehler."
Methadon: Wundermittel gegen Krebs?
Doch tatsächlich zeigte das Opioid auch bei realen Krebspatienten enorme Wirkung: Unter anderem bei der Lektorin Sabine Kloske, der vor wenigen Jahren ein Hirntumor diagnostiziert wurde. Der Arzt gab ihr damals nur noch 15 Monate zu leben – doch mittlerweile ist der Krebs verschwunden. Für die ehemalige Patientin ist laut dem Stern klar: "Ich glaube, ohne das Methadon wäre ich nicht mehr da."
Auch sie erfuhr durch Zufall, dass Methadon zusätzlich zur normalen Krebstherapie verwendet werden kann, um deren Wirkung zu verbessern. Nach einer erfolgreichen Operation am Tumor, nahm sie zur Radiochemotherapie das Opioid ein: "Ich habe ein sauberes MRT-Bild. Für mich ist es ein Wunder!"
Kein Einzelfall: Krebspatienten fühlten sich mit Methadon besser
Dr. Friesen untersucht seit ihrer Entdeckung des Phänomens nun schon seit zehn Jahren die Wirkung von Methadon an Tiermodellen. Es zeigte sich bei allen Versuchen ein großer Einfluss auf die Krebszellen, die durch den Einsatz des Mittels im aggressiven Kampf gegen Chemotherapie, Bestrahlungen und der körpereigenen Immunabwehr geschwächt wurden.
Mittlerweile führt sie auch eine Kartei von mehr als 350 Patienten, die im Rahmen ihrer Krebsbehandlung Methadon verwendeten und allesamt positive Krankheitsverläufe vorweisen – und dass obwohl die meisten von ihnen vom Arzt als hoffnungslose Fälle abgetan wurden.
"Meistens sind es bettlägerige Patienten, die eigentlich gar nichts mehr machen können. Und wenn die auf Methadon umgestellt werden, können sie plötzlich wieder aufstehen, können wieder ihren Haushalt machen, viele können in den Urlaub fahren, also wieder ein normales Leben führen. Für viele ist allein die Lebensqualität es wert, Methadon einzusetzen.", erklärt die Forscherin. Selbst Leber- oder Lungenmetastasten würden durch den Einsatz des Mittels zurückgehen.
Leider fehlt es in Bezug auf Methadon in der Krebsheilung nach an klinischen Studien an Menschen, die etwaige Nebenwirkungen aufklären könnten. Die Deutsche Krebsgesellschaft warnt, dass Studien dieser Art nur mit Kontrollgruppen durchgeführt werden dürfen. Die gäbe es laut Dr. Friesen bis jetzt noch nicht da die Förderungen fehlten.
Warum Methadon für die Pharmaindustrie nicht interessant ist
Auch dem Palliativmediziner Dr. Hans-Jörg Hilscher fielen beim Einsatz von Methadon längere Überlebenszeiten bei den Patienten auf als ohne. Schon seit 15 Jahren wendet er das Mittel an – inzwischen arbeitet er mit Dr. Friesen zusammen und gemeinsam haben sie eine Methadon-Rezeptur speziell für den Menschen entwickelt.
Da Methadon aber nur für die Schmerztherapie zugelassen ist, müssen die Grundsubstanzen ihres Medikaments in der Apotheke angemischt werden – was auch ein Vorteil ist: Das Medikament ist relativ kostengünstig. Doch genau deswegen wäre es für die Pharmaindustrie nicht interessant, erklärt Dr. Friesen. "Methadon kostet zwischen acht und 20 Euro für 100 ml, die 4-6 Wochen reichen. Wenn man das mit den sehr teuren Krebs-Medikamenten vergleicht, die 20.000 bis 25.000 Euro kosten, hat Methadon kaum eine Chance."
Trotzdem dürften die neuen Erkenntnisse der Mediziner einen Hoffnungsschimmer für Krebspatienten darstellen.
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Von Franziska Kaindl