Diskriminierung bei "Kitchen Impossible"? Warum tritt Tim Mälzer so selten gegen Frauen an?

Miese Frauen-Quote bei "Kitchen Impossible": Warum hat Tim Mälzer so wenige weibliche Gegner?
 ©MG RTL D / Nady El-Tounsy

Ihr Auftritt als Gegnerin von Tim Mälzer bei "Kitchen Impossible" sorgte für Aufsehen: Profi-Köchin Tanja Gandits. Der Hype um Spitzen-Köche im TV ist riesig – das sind aber meist Männer.

  • Bei "Kitchen Impossile" treten nur selten Frauen gegen Tim Mälzer an
  • Die Michelin-Drei-Sterne-Hitliste besteht nur aus Männern
  • Der Beruf als Koch ist nicht sehr familienfreundlich

Hamburg - Schon drei Staffeln lang poltert sich Tim Mälzer durch seine Koch-Show. Bis zur vierten Staffel mussten die Fans allerdings warten, bis es auch mal ein Duell mit einer Frau gab – mit der Spitzenköchin Tanja Grandits, wie nordbuzz.de* berichtete.

Dabei gibt es genug Frauen, die Tim Mälzer nacheifern. Das Statistische Bundesamt erhob die Zahlen zuletzt 2016. Damals arbeiteten 241.000 Menschen in Deutschland als Koch – und zwar sozialversicherungspflichtig. Zwar waren zwei Drittel von ihnen männlich. Das heißt aber, dass es immerhin etwa 80.000 weibliche Profi-Köche gibt. 

Miese Frauen-Quote bei "Kitchen Impossible": Warum treten so wenig weibliche Köche gegen Tim Mälzer an?

Wo stehen diese Köchinnen im Rampenlicht? Die Michelin-Drei-Sterne-Hitliste besteht nur aus Männern. Im Februar wurden die Sterne mal wieder vergeben. Zehn Restaurants in Deutschland bekamen drei Michelin-Sterne – alle zehn Küchenchefs sind männlich. Unter den gehypten Köchen liegt der Frauenanteil also nicht bei einem Drittel – sondern bei Null. Den Standard wunderte dieses Ungleichgewicht schon 2017: Von den etwa 600 Köchen mit Michelin-Stern in Frankreich sind nur drei Prozent Frauen. In Italien läge die Quote bei 14 Prozent, schrieb die österreichische Tageszeitung damals

Frauen bei VOX-Show "Kitchen Impossible": Tim Mälzer wünscht sich mehr weibliche Gegner

Nach dem Duell von Tanja Grandits mit Tim Mälzer in “Kitchen Impossible” fragte auch der stern, warum weibliche Köche viel weniger Ruhm genießen. “Das ist bezeichnend für die Spitzengastronomie”, schreibt das Magazin dazu. Und wundern kann man sich ja wirklich. Ist hier Diskriminierung am Werk? Braucht die Spitzengastronomie eine Frauenquote? 

Vorwürfe an Tim Mälzer wären jetzt aber fehl am Platz. Der stern berichtet in dem Artikel auch: Tim Mälzer wünscht sich mehr Duelle mit weiblichen Köchen. Allein: Die Frauen würden zu Anfragen von “Kitchen Impossible” Nein sagen. Dabei könnten Tim Mälzers typische Challenges auch etwas für Frauen sein.

Kochen im TV vs. Kochen im Restaurant - die Frauen-Quote ist mies

Jetzt ist das Kochen vor der TV-Kamera speziell – und nicht jedermanns Sache. Aber was ist mit dem Kochen in Spitzen-Restaurants? Woran liegt es, dass es so wenige weibliche Küchenchefs gibt? "An ihrem Können jedenfalls nicht", sagte Michelin-Sterne-Koch Thomas Martin zum Hamburger Abendblatt. Er habe unter seinen 32 Köchen sieben Frauen, die “ganz schön Gas” geben könnten und genauso kreativ und belastbar seien wie die männlichen Kollegen.

Die Zeitung fragte auch den renommierten Koch-Ausbilder Michael Mittelberger. Er berichtete von einer Frauenquote von 20 Prozent unter den Lehrlingen. Aber: “Sie sind den Jungs oft eine Nase voraus, räumen bei Wettbewerben ab und wissen genau: Das ist mein Beruf, und sie geben Vollgas.”

Tim Mälzer: Burnout und Alkohol-Missbrauch wegen Job-Stress

Und nach der Koch-Ausbildung? Da ist es offenbar nicht der Stress, den die Frauen schlechter aushalten als die Männer. Oder die körperliche Belastung. Tim Mälzer selbst führte der Job als Koch bereits zu Burnout und Alkohol-Missbrauch. 500 Sendungen in zweieinhalb Jahren und dann noch morgens bis abends im eigenen Restaurant stehen: “Als Ausgleich – und das ist der Part, der mir wirklich unangenehm ist – habe ich extrem viel gesoffen.“ Laut Bild.de ließ sich Mälzer damals sechs Wochen lang in einer Klinik behandeln.

Mehr News zu dem TV-Koch: Nur mit diesem Rezept nimmt man ab, meint Tim Mälzer

Frauen in der Spitzen-Gastronomie: Wie gehen Job und Familie zusammen?

Gut möglich, dass sich die Wochenend- und Feiertagsarbeit von Küchenchefs schlecht mit dem Kinderkriegen vereinbaren lassen. Wer nach Schichtplänen arbeitet, arbeitet auch frühmorgens oder spätabends und kann dann mit den Kindern weder frühstücken, noch sie ins Bett bringen. In Betriebskantinen zum Beispiel sind die Arbeitszeiten “normal” – was sie für Frauen mit Familie vermutlich attraktiver macht. Laut Statistik machen Frauen zwar nur ein Drittel der Köche aus, aber mit 68 Prozent den größten Teil der Helfer in der Küche.

Michelin-Sterne gehen selten an Kantinen

Nur: Betriebskantinen bekommen keinen Michelin-Stern. Doch erklären Familien-Zwänge und vermeintlich mangelnder Ehrgeiz wirklich die geringe Frauenquote in den Top-Küchen? Koch-Ausbilder Mittelberger brachte im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt einen neuen, überraschenden Aspekt in die Debatte ein. Viele Frauen sähen die Koch-Ausbildung als “Sprungbrett”. Sie beißen sich durch – und wechseln dann die Branche, sagte er. In der neuen Branche gelten sie dann als “erwiesenermaßen belastbar, als gut organisiert, als präzise. Sie sind eben durchs Feuer gegangen." Mittelberger hat das bereits 2012 gesagt. Die Uhren scheinen im Show-Geschäft langsam zu gehen.

frs

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