Notre-Dame in Paris stand in Flammen, doch das öffentlich-rechtliche Fernsehen berichtete nicht darüber. Die ARD rechtfertigt sich - gesteht aber ein Versäumnis ein.
Update vom 17. April 2019, 20.17 Uhr: ARD-Intendant Ulrich Wilhelm konterte währenddessen die Kritik an der ARD-Berichterstattung: Es sei weniger als eine Stunde von der ersten Eilmeldung bis zum fertigen Bericht für die 20-Uhr-Tagesschau vergangen. „Es wurde hier sehr schnell gearbeitet“. Wegen des Turmeinsturzes musste der geplante Bericht außerdem noch einmal überarbeitet werden und konnte deshalb schlicht aus zeitlichen Gründen nicht wie gewünscht an Position eins der „Tagesschau“ laufen. Das Stück sei in der Sendung platziert worden, sobald es fertiggestellt gewesen sei.
Dennoch hätte der ARD gut zu Gesicht gestanden, um 21 Uhr noch einmal eine „Tagesschau extra“-Ausgabe mit einer Schalte nach Paris oder mit einem weiteren Stück über die Entwicklung der zurückliegenden Stunde zu senden, sagte Wilhelm.
ARD-Programmdirektor Volker Herres ergänzte, dass es klare Kriterien für einen „Brennpunkt“ gebe. Der sollte einen Mehrwert gegenüber der 20-Uhr-Tagesschau haben und weitere Hintergründe liefern können. „Im Ergebnis hätten wir eine brennende Kirche zeigen können. Und das wollten wir nicht.“ Mehr Informationen habe es zu dem Zeitpunkt - um 20.15 Uhr - einfach noch nicht gegeben.
So wehren sich ARD und ZDF gegen die Notre-Dame-Kritik
Update 16.33 Uhr: ARD und ZDF haben Kritik zurückgewiesen, angesichts des Feuers in der Kathedrale Notre-Dame Montagabend am Programm festgehalten zu haben. Die „heute“-Redaktion habe schnell auf die Eilmeldungen dazu reagiert, erläuterte ein ZDF-Sprecher. In der Sendung um 19.00 Uhr habe die Moderatorin die Zuschauer bereits gegen 19.15 Uhr darüber informiert, dass in der Kirche ein Feuer ausgebrochen sei. „Um 21.45 Uhr ging das „heute journal“ mit einer umfassenden Berichterstattung zu den Ereignissen rund um die Kathedrale auf Sendung.“
ARD-Chefredakteur Rainald Becker warf den Kritikern zunächst Sensationsgier vor, schrieb auf Twitter: „Gaffer-TV machen wir nicht.“
Rate zu etwas mehr Sachlichkeit. Das Erste ist kein 24h Nachrichtenkanal und Gaffer TV machen wir auch nicht. An fundierter Berichterstattung wird gerade gearbeitet. Folgt in Kürze. @DeppendorfU @SoniaMikich https://t.co/zfMZkJNB2S
— Rainald Becker (@BeckerRainald) 15. April 2019
Später sagte er der Deutschen Presse-Agentur sachlicher: „Wir sind natürlich von den Gegebenheiten vor Ort abhängig. Uns war es wichtig, dass unser Korrespondent vor Ort ist und von dort auch live berichtet, dem haben wir den Vorrang gegeben.“ Zumal der Korrespondent auch einen Beitrag für die „Tagesschau“ gefertigt habe und erst danach an den Ort des Geschehens habe aufbrechen können. „Wir haben alle möglichen Varianten durchdiskutiert, auch die Variante eines „Brennpunkts“ um 21 Uhr. Das war aber aus den genannten Gründen nicht möglich.“
Kai Gniffke, Chefredakteur ARD-aktuell, ergänzte: „Wenn wir der Recherche und der Akkuratesse den Vorzug geben vor Schnelligkeit, dann ist es für die Kritiker auch wieder nicht in Ordnung. Am gestrigen Abend hat den Ausschlag gegeben, dass wir unserem Korrespondenten die Zeit geben wollten, zu recherchieren, statt ihn in einer Dauer-Liveschalte die immer gleichen Dinge wiederholen zu lassen.“
Erstmeldung: Riesen-Ärger bei der ARD: Keine Sondersendung zum Feuer in Notre-Dame
Meldung vom 16. April 2019: Die dicken Rauschschwaden waren kilometerweit zu sehen, als Notre-Dame im Herzen von Paris brannte. Gegen 18 Uhr brach das Feuer in der weltberühmten Pariser Kathedrale aus. In den sozialen Netzwerken verbreitet sich die Nachricht von dem Brand in kürzester Zeit weltweit. Augenzeugen posteten Aufnahmen von Notre-Dame aus verschiedensten Blickwinkeln, darunter waren auch Live-Streams, die über Stunden die dramatischen Augenblicke zeigten. Auf dem Smartphone konnten die Menschen weltweit den Moment verfolgen, wie der 93 Meter hohe Mittelturm von Notre-Dame zusammenkrachte.
Feuer in Notre-Dame: Kein Brennpunkt in der ARD - Kritik von Ulrich Deppendorf
Für die Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen über den Brand dagegen gab es Kritik. Ulrich Deppendorf, der frühere Leiter und Chefredakteur des ARD-Hauptstadtstudios machte seinem Ärger via Twitter Luft. „Warum gab es keinen ARD-Brennpunkt zum Brand von Notre Dame, neben dem Eiffelturm das Symbol Frankreichs? Schwer nachzuvollziehen“, twittert Ulrich Deppendorf um 20.38 Uhr.
Warum gab es keinen ARD-Brennpunkt zum Brand von Notre Dame, neben dem Eiffelturm das Symbol Frankreichs?
— Ulrich Deppendorf (@DeppendorfU) 15. April 2019
Schwer nachzuvollziehen.
Einen Brennpunkt zum Notre-Dame-Feuer gab es auch danach nicht. Dafür folgte die Antwort von Das Erste auf die Kritik: „Sobald weitere gesicherte Informationen vorliegen, werden wir darüber berichten. In den Tagesthemen wird es eine vertiefte Berichterstattung geben. Alle derzeit bekannten Informationen wurden in der Tagesschau an die Zuschauer weitergegeben“, twitterte das Erste um 20.49 Uhr.
Armin Laschet zu Brand in Notre Dame: „..der öffentlich-rechtliche Rundfunk schläft“
Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) lässt sich via Twitter über die Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen aus.
„Millionen Menschen fiebern mit der Kirche Notre Dame in Paris, einem der bedeutendsten kulturellen Orte in Europa. Warum muss man CNN einschalten, während die ARD Tierfilme zeigt?“, twittert Armin Laschet am Montagabend um 20.23 Uhr.
Die ARD reagiert prompt und rechtfertigt sich auf dem Twitter-Kanal, dass das Erste in der Tagesschau über das Feuer in Notre-Dame berichtet habe. Dabei verweist der Sender auch auf einen Livestream auf seiner ARD-Webseite.
Das akzeptiert jedoch der NRW-Ministerpräsident nicht. Und setzt einen weiteren Tweet ab: „Russia Today und Al Jazeera berichten, rechte Hetzer verbreiten erste Verschwörungstheorien und der öffentlich-rechtliche Rundfunk schläft“, twittert Armin Laschet keine halbe Stunde später.
Millionen Menschen fiebern mit der Kirche Notre Dame in Paris, einem der bedeutendsten kulturellen Orte in Europa. Warum muss man @CNN einschalten während die @ARD_Presse Tierfilme zeigt?
— Armin Laschet (@ArminLaschet) 15. April 2019
Feuer in Notre-Dame in Paris: Kritik an Berichterstattung auch von ehemaliger WDR-Chefredakteurin
Sonia Seymour Mikich, die frühere Fernseh-Chefredakteurin beim WDR, wunderte sich auch auf Twitter über ARD und ZDF und fragt: „Warum muss ich so lange bei CNN oder BBC einschalten, Tagesschau24 ist doch genau dafür geeignet?“
Schlimm. @SoniaMikich hat absolut recht. Russia Today und Al Jazeera berichten, rechte Hetzer verbreiten erste Verschwörungstheorien und der öffentlich-rechtlich Rundfunk schläft. #NotreDameCathedral https://t.co/C4tcx93sai
— Armin Laschet (@ArminLaschet) 15. April 2019
Der Brand in Notre-Dame am Montagabend zerstörte Teile der weltberühmten Kathedrale. Alle Infos und Hintergründe zum Feuer in Notre-Dame können Sie in unserem News-Ticker verfolgen. Im ZDF „heute journal“ war der Brand um 21.45 Uhr ein großes Thema. Moderator Claus Kleber wirkte sehr aufgewühlt, als er über das Feuer in Paris berichtete.
Die ARD wird auch kritisiert, weil sie beispielsweise im Fußball einen Fauxpas begeht. Am berühmten „Tag der Amateure“ hat sie Zuschauer-unfreundliche Anstoßzeiten festegelegt.