Erbt man selbst und gleichzeitig sein minderjähriges Kind, ließe sich vielleicht an der Aufteilung drehen - theoretisch. Aber muss einem deshalb für das Erbverfahren das Sorgerecht entzogen werden?
Berlin - Erben ist nicht immer einfach. Vermacht etwa ein Angehöriger gleichzeitig einer Mutter und ihrem minderjährigen Kind etwas, könnte das in einem Interessenkonflikt münden. Etwa, wenn Mama über die Höhe der Aufteilung entscheidet. Sie könnte ja etwas mehr zu ihren Gunsten verteilen und so nicht das Maximale für ihr Kind rausholen.
Sollte man ihr daher für die Erteilung des Erbscheins das Sorgerecht entziehen? Nicht, wenn man davon ausgehen kann, dass Eltern im Interesse ihrer Kinder handeln. Auf eine entsprechende Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg weist die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hin.
Im konkreten Fall hat eine Frau ihre Tochter als Haupterbin eingesetzt. Ihre Enkelinnen – eine davon minderjährig – sollten je nach Wert des hinterlassenen Gesamtvermögens Wertpapiere im Wert von 200 000 Euro und gegebenenfalls weitere 75 000 Euro erben.
Je nach Auslegung des Testaments andere Erbhöhe
Das Nachlassgericht sah hier einen möglichen Interessengegensatz zwischen den Erben. Das Familiengericht entschied wegen der Kollision der Interessen der Mutter mit denen ihrer minderjährigen Tochter, beiden Eltern für das Verfahren zur Erbscheinerteilung die Vertretungsmacht zu entziehen und eine Ergänzungspflegschaft anzuordnen.
Denn je nach Auslegung des Testaments könne sich eine unterschiedliche Höhe des Erbes für Mutter und Kind ergeben. Die Entziehung der Vertretungsmacht nur der Mutter sei nicht sinnvoll. Man müsse davon ausgehen, dass sich aufgrund des Näheverhältnisses des Vaters zur Mutter, seiner Ehefrau, der Interessengegensatz fortsetzen würde. Er müsste sich dann gegebenenfalls zugunsten seiner Ehefrau oder seiner Tochter aussprechen.
Gericht: Eltern orientieren sich am Kindeswohl
Die Eltern waren damit nicht einverstanden und bekamen vor Gericht recht. Die Vertretung des Kinds könne den Eltern nur dann entzogen werden, wenn ein erheblicher Interessengegensatz bestehe und außerdem zu befürchten sei, dass die Eltern nicht im Interesse des Kinds handelten. Nach den Ausführungen der Eltern ging das Gericht aber davon aus, dass sie sich am Kindeswohl orientieren würden.
Bei allen Eingriffen in das Elternrecht sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit strikt zu wahren, betonten die Richter. Sei trotz einer Interessenkollision zu erwarten, dass die sorgeberechtigten Eltern im Interesse ihres Kinds handeln würden, müsse man von einer Entziehung der Vertretungsmacht absehen. dpa