Helvesiek. Eine Zeit gesellschaftlichen Umbruchs und Umdenkens stellt auch die Landwirtschaft vor neue Herausforderungen. Um diesen zu begenen, trafen sich kürzlich mehr als 200 Landwirte im Helscher Hus in Helvesiek, um sich über neue Verordnungen zum Schutz von Feldfrüchten zu informieren. Die Resonanz auf die Einladung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen war derart groß, dass für das nächste Jahr überlegt wird, zwei Veranstaltungen anzubieten.
„Das Seminar ist eine Fortbildungsmaßnahme, und so ist es in unserem eigenen Interesse dafür zu sorgen, dass jeder Interessierte auch einen Platz bekommt“, so Lüder Bornemann vom Bezirksamt Bremervörde.
„Wir stehen vor einem neuen Jahr und einem neuen Jahrzehnt“, wandte er sich an die versammelten Landwirte. Viele seien von den Erträgen, aber auch von der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz frustriert, es gäbe aber auch in einer solchen Zeit des Umbruchs Chancen für die Landwirtschaft. „Wir sollten unser Know-How nicht verstecken“, ergänzte Bornemann und fügte hinzu: „Ihr seid die Experten was Anbau, Pflanzenschutz und Aufzucht angeht. Wir sollten uns fragen, wie der Eindruck enstehen kann, die Sachlage sei anders.“ Als erster Vortragender ging Bornemann auf die neueste Gesetzgebung im Hinblick auf den Pflanzenschutz ein – eine Novelle die, so der Experte, „inzwischen selbst für Experten nur noch schwer zu lesen und zu verstehen ist.“ Der gerade in der Landwirtschaft deutlich bemerkbare Klimawandel begünstige die Schädlinge, erklärte der Vertreter aus Bremervörde. Zudem beuge sich die Politik dem gesellschaftlichen Druck und reduziere die Anzahl der verwendbaren Insektizide drastisch. Der Trend ginge somit in Richtung zum integrierten Pflanzenschutzes, des Heranzüchtens von Resistenzen in den Pflanzen selbst. Einige Insektizide, die in den kommenden Jahren auslaufen werden, gehörten zu den meistverwendeten Pflanzenschutzmitteln, der Verlust von wirksamen Schutzmitteln sei somit enorm, meinte Bornemann und verwies auf die Mittel Biscaya sowie das umstrittene Glyphosat. Auch der Wandel des gesellschaftlichen Bildes von der Landwirtschaft an sich machte Bornemann Sorgen. Gleichwohl sehe er in der Tatsache, dass die Landwirtschaft mehr in den Fokus der gesellschftlichen Wahrnehmung rücke, auch eine Chance für die Landwirte. „Mit dem Trend der vergangenen Jahrzehnte, hin zu immer mehr, immer größerer und immer schnellerer Produktion, haben wir vermutlich den Bogen etwas überspannt“, resümierte der Bremervörder. Einen Weg zurück zu einem Kompromiss könne es aber nur gemeinsam mit den Landwirten geben. Insgesamt müsse die aufgeheizte Stimmung wieder etwas heruntergekühlt werden und mehr Sachlichkeit von allen Seiten in die Diskussion eingebracht werden. Ein wichtiger Baustein zum modernen Pflanzenschutz sei von daher unter anderem der Schutz von Nützlingen. Dazu müssten die Landwirte allerdings für Rückzugsgebiete in Form von Blühstreifen, nicht gemähten Wegrändern und der (Wieder)anlage von Hecken Vorsorge tragen. Der Einsatz von Neonikotinen sei deswegen folgerichtig zu unterlassen, da diese Mittel eben auch die Nützlinge töteten. Erfahrungen mit Rückzugs- und Schongebieten für Nützlinge als Gegenspieler der Schädlinge hätten allerdings in den jüngsten Jahren gezeigt, dass diese ebenfalls ein sinnvoller Schutz für die angebauten Feldfrüchte darstellten. Es sei jetzt aber an der Landwirtschaft, die Lehren aus dem gesellschaftlichen und dem klimatischen Wandel zu ziehen und die Chancen zu ergreifen, die diese Situation biete. Neben dem Thema Pflanzenschutz bot das Seminar allerdings auch Information zu den Themenbereichen Düngemittel und die Perspektiven für den Maisanbau in der Region, da die vergangenen Sommer mit der großen Trockenheit zu erheblichen Einbußen im Ertrag geführt haben. Trotzdem behalte der Mais seinen hohen Stellenwert. „ Mais ist und bleibt Futtergrundlage und auch Substrat für Biosgasanlagen“, so Heinrich Romundt von der Fachgruppe Pflanzenbau und Pflanzenschutz.