Nartum. „Und immer eine Handbreit Sand unter’m Kiel!“ ruft der Hafenmeister zum Abschied hinterher. Wie bitte – Sand? Richtig: Beim Nartumer Hafenverein ist alles ein wenig anders. Warum auch „Wasser unter’m Kiel“ wünschen, wenn doch gar keines da ist? Denn der Nartumer Hafen, ein kleines Areal am Ortsrand hat einen kleinen Deich, ein bisschen Strand, zeitweise einen Leuchtturm – bloß kein Wasser, die Nordsee schwappt erst gute hundert Kilometer weiter nördlich gegen die Küstenlinie. Noch.
Nartum liegt 36 Meter über Normal Null, die höchste Erhebung des Dorfes sogar 48 Meter. „Wenn Bremen und Hamburg nach dem Schmelzen der Polkappen längst abgesoffen sind“, ist Nartum noch da – und zwar als Insel.“ Diese Überlegung philosophierten sich vor einigen Jahren die beiden Nartumer Uwe Schradick und Frank Cordes am Kneipentresen zusammen. Katalysator war dann der Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“, wo ein Areal bei der Besichtigung prompt als Hafen deklariert wurde. Heraus kam der Nartumer Hafenverein, der einzige Hafenverein ohne Wasser, mit 23 Gründungsmitgliedern – alles Männer, was nach einem Abstimmungsergebnis auch so bleiben soll. „Meine Legislaturperiode endet in 50 Jahren“, bemerkt Hafenmeister Hans Dieter Stemmann. „Dann kann neu entschieden werden.“ Heute hat der Verein 100 Mitglieder. Das Vereinsleben besteht unter anderem darin, auf Tour zu gehen und sich andere Häfen anzuschauen. „Damit wir Bescheid wissen, wie das ist, morgens aufzuwachen und rundherum ist Wasser“, bemerkt der Hafenmeister mit einem Lachen.
Eine Zuflucht bei Ankunft des Wassers gibt es auch schon, ist 13 Meter lang und heißt Casanova: ein kleines Motorboot, dass die Mitglieder des Hafenvereins mit viel Aufwand restauriert haben. Aufgegabelt hatten es die Vereinsmitglieder in Hatzte. „Irgendwann ist es mal in der Elbe gesunken, später ist es wieder zur See gefahren, bis es dann auf einem Hof gestanden hat“, so Stemmann. Jetzt hat es seinen Platz im künftigen Hafenbecken und wartet auf das Wasser. Manchmal flankiert vom einzigen mobilen Leuchtturm der Welt, ein Signalgeber Marke Eigenbau, der im Nu aus drei Elementen zusammengesteckt wird und am Ende eine Höhe von acht Metern erreicht. Der Stauraum der Elemente, ein ehemaliger Viehanhänger wird zur Haifischbar, inklusive und Meeresrauschen aus dem Lautsprecher. „Wir sind eher ein Spaßverein, aber definitiv mit einer ernsten Note“, sagt Frank Jagels, Logbuchführer des Vereins. „Denn wir hoffen natürlich, dass es in Wirklichkeit niemals so weit kommt.“ Nicht, ohne mit einem Zwinkern hinterher zu setzen: „Aber wir bereiten uns auf das Schlimmste vor.“ So sieht es auch Stemmann. „Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, immer wieder aufzuzeigen, was wir mit der Welt so machen.“ Aber vor allem geht es um den Spaß – und was wäre ein Hafen ohne Hafengeburtstag? Am Samstag, 19. September, geht es um 15 Uhr los. Zu Gast ist dann ein befreundeter Verein mit einer ähnlich schrägen Idee: die U-Boot-Freunde aus Oberegg im Allgäu laufen mit einem als U-Boot dekorierten Bus in den Nartumer Hafen ein – im Gepäck eine Live-Band. Auch der Shantychor Windjammer aus Zeven wird mit dabei sein. Um 17.30 Uhr legt der Hafenverein den Grundstein für das Gezeitenkraftwerk, das im Fall der großen Schmelze seine Arbeit aufnehmen wird. Um 19.30 Uhr beginnt eine Feuershow, ab 21.30 Uhr gibt es Live-Musik im Festzelt. Dazu gibt es jede Menge Leckereien, von Fischbrötchen bis zu Allgäuer Käsespätzle als Hommage an die Gäste. Und dann heißt es warten auf die große Flut – und hoffen, dass sie noch lange nicht kommt.