Warum Mammutbäume sich nicht für Gärten eignen

Darf es ein bisschen mehr sein?

Die Urweltbäume, 1960 an der Visselquelle in Visselhövede gepflanzt, sind Blickfänger in dem kleinen Park. Foto: Joachim Looks ©

Visselhövede. Die Besichtigung der beiden Gärten unserer Bekannten hatte etwas müde gemacht und so wurde das Angebot gerne angenommen, den Besuch mit einem kleinen Plausch und einer Tasse Kaffee auf der Terrasse ausklingen zu lassen. Den Blick in den Garten prägte ein mächtiger Nadelbaum am hinteren Grundstücksrand, der als Mammutbaum vorgestellt wurde. Uns war diese interessante Baumgattung bereits in der Gartenanlage einer befreundeten Familie aufgefallen.

Dort stand ein entsprechender Baum sehr nahe an dem Wohnhaus bei einer Terrassenecke, nicht wie hier weit weg vom Haus am Grundstücksrand vor landwirtschaftlichen Flächen. Als wir dieses unseren Gastgebern mitteilten, schüttelten beide den Kopf und meinten, damit würden die Besitzer wenig Freude haben. In der Tat dauerte es nicht lange, bis die Motorsäge herausgeholt wurde und der Terrassenbaum, wie prophezeit, fiel – ersatzlos. Eigentlich schade, denn es war ein stattlicher Baum mit malerisch weit herunterhängenden Zweigen.

Mammutbäume (Sequoioideae) sind lebende Fossilien. Schon zu Zeiten der Saurier vor mindestens 65 Millionen Jahren bedeckten riesige Mammutbaumwälder große Teile der Erdoberfläche. Obwohl zahlreiche Arten aufgrund von Funden bekannt sind, haben sich nur drei bis heute halten können: der im Nordwesten der USA beheimatete Riesenmammutbaum (Sequoidendron giganteum) und der ebenfalls dort vorkommende Küstenmammutbaum (Sequoia sempervirens) sowie der chinesische Urweltmammutbaum (Metasequoia glyptostroboides). Passend zu der Vorstellung, ein Dinosaurier sei so eine Art Riesenechse, warten Mammutbäume mit beachtlichen Daten auf, wenn es um Höhe, Stammumfang und Alter geht. Staatliche 112 Meter misst der höchste Baum der Welt, ein Küstenmammutbaum. Das entspricht einem 25-stöckigen Hochhaus! Ein Riesenmammutbaum mit 32 Meter Umfang gilt als dickster Baum der Welt – gewissermaßen der XXXL-Star unter seinesgleichen. Da zählt nicht „weniger ist mehr“, nein, hier wird gefragt, „darf es etwas mehr sein“, denn 2.400 Tonnen bringen solche Giganten stammvolumenmäßig auf die Waage. Als wenn das nicht schon reichen würde, erfreuen sich Mammutbäume zusätzlich eines langen Lebens. Der älteste Baum dieser Art soll 2.700 Jahre alt sein. Verständlich, dass ein falscher Standort stolze Mammutbaumbesitzer mehr und mehr zu verzweifelten Besitzern werden lässt, wenn der Baum wächst und wächst und wächst. Da er sich gerne auch mehrmals seiner braunen Nadeln entledigt und diese nicht nur schwer verrotten, sondern sich wegen zugespitzter, spiralig angeordneter Schuppen wie mit kleinen Widerhaken leicht genau dort niederlassen, wo sie keiner gebrauchen kann, schlägt anfängliche Euphorie für das Prachtstück in Verzweiflung um, und es wird zur Säge gegriffen. Schade, denn am geeigneten Standort können Mammutbäume sich in all ihrer Pracht entfalten. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in Deutschland der Startschuss für die sich anbahnende Begehrlichkeit nach Mammutbäumen als imposante Blickfänge in Parkanlagen gelegt. Geradezu geeignet waren hierfür die zu der Zeit in Mode gekommenen Landschaftsparks, wo ein Mammutbaum seine ganze Pracht in bevorzugter Einzelstellung entfalten konnte, unbedrängt durch Hausterrassen oder -dächer.

Nachdem schon im 19. Jahrhundert interessiert-neugierige Förster mit importierten amerikanischen Mammutbaumsamen experimentiert hatten, begannen in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts erste Versuche forstwirtschaftlicher Nutzung, heute kritisch vor allem von jenen beäugt, die befürchten, dass heimische Arten von den amerikanischen Turbo-Nadelbäumen bedrängt werden.

Berechtigt? Einmal selber nachschauen. 1960 pflanzte die Stadt Visselhövede im Bereich der Visselquelle drei Riesen- und vier Urweltmammutbäume zusammen mit weiteren, ohne Turbozündung auskommenden Urweltbäumen. Eine Hinweistafel im Parkbereich der Quelle unterhalb der St. Johanniskirche informiert über die Standorte der Mammutbäume, bei denen sich zusätzliche Hinweisschilder finden.