Munster. Wer mit Kindern einen Besuch im Panzermuseum plant, braucht neben guten Nerven vor allem eines: eine Antwort auf die Frage warum fährt man dahin? Dabei ist diese gar nicht so schwer, wenn man vom Anspruch abrückt, jede Unternehmung müsse auch zwingend etwas fördern. Es soll Spaß machen, und bei der Aussicht einmal in einen echten Leopard klettern zu können, sind die Jungen und Mädchen bei diesem Besuch gleichermaßen begeistert. Neben aller Untehaltung gilt es dabei auch, die eigentliche Thematik des Museums nicht aus den Augen zu verlieren.
Auf der Homepage empfehlen die Verantwortlichen des Deutschen Panzermuseums den Besuchern das Tragen von Bekleidung, die der Witterung angepasst ist, da die Räume allesamt nicht klimatisiert sind. Und doch steht an der Kasse ein junger Mann in Shorts und T-Shirt. Draußen scheint zwar die Sonne, die Temperaturen innen liegen aber noch im einstelligen Bereich. Auf den Hinweis der Angestellten, dass es in den Hallen kalt sei, antwortet der Gast: „Das macht nichts, Panzerfahrer kennen keine Kälte.“
Die Ausstellung selbst ist dann zumindest vom Arrangement her weniger beeindruckend. Zwar besitzt das Museum eine beeindruckende Anzahl wehrtechnischer Exponate, aber das Gefühl bleibt, hier seien lediglich Posten eines Materiallagers mit Schautafeln und technischen Informationen versehen deponiert. Zwischen den Ausstellungsstücken stehen ein paar Bildschirme, an denen sich die jüngeren und älteren Museumsbesucher kurze Dokumentationen anschauen können. Ansonten ist ist wenig Auflockerndes in den Hallen zu finden – die Schau wirkt, als ziele sie auf ein technikversiertes Publikum aus ehemaligen Panzerfahrern. Vom ersten Sturmpanzerwagen A7V bis hin zu modernen Prototypen geht die Zeitreise durch ein Jahrhundert gepanzerter Kriegführung. Julia Engau, Pressesprecherin des deutschen Panzermuseums versteht die Bedenken nur zu gut: „Wir wollen selbst weg von diesem Eindruck der Lagerhalle einer Kraftwagenausstellung. Auch deswegen waren wir alle glücklich, als uns 2018 etwa 20 Millionen Euro vom Verteidigungsministerium für den Umbau zugesprochen wurden.“ Um das zu erreichen, hatten Engau und der Direktor des Panzermuseums, Ralf Raths, zuvor viele Jahre Entwicklung in das neue Konzept gesteckt und das Ministerium letztlich mit einem fast 150-seitigen Exposé überzeugen können. „Das Problem ist, dass die Mittel aus dem Ministerium nicht ohne Weiteres an das Museum fließen können, zumal es sich hierbei um ein Gebäude der Stadt handelt, das auf dem Areal der Bundeswehr steht“, äußert sich die Pressesprecherin zu dem bürokratischen Dilemma. „Der Vorgang liegt jetzt in den Händen der Verwaltung, die einen Weg finden muss, um die Finanzen zu uns fließen zu lassen. Und darauf warten wir.“ Wenn aber alles wie erhoft verlaufe, könne im kommenden Jahr mit der architektonischen Planung begonnen werden, so die Pressesprecherin. Die Austellung wirft Schlaglichter auf zwei Weltkriege und den Kalten Krieg – dann steht im Außenbereich eines der Herzstücke des Museums: der Leopard. Die Enge im Panzer und die Notwendigkeit als Team zu funktionieren sind hier im wörtlichen Sinn begreifbar. „Der Leopard ist eines unserer Markenzeichen. Der bleibt auch nach dem Umbau“, versichert Engau. Nach einigen Runden steter Positionswechsel im Turminneren fühlen sich die Kinder bereit für die nächsten Hallen: Hier stehen die Panzer dicht an dicht, es fällt – auch angesichts der schieren Größe der Gefährte – immer schwerer, sich auf die Ausstellung zu konzentrieren. Ein Lichtblick am Ende bietet dann der Nachbau eines Camps der ISAF Mission: Container, Türme und Stacheldraht zwar, aber deutlich mehr Raum. Erschöpft von der Wucht der vielen Exponate sind die Kinder inzwischen auf dem hauseigenen Spielplatz angekommen: ein Drehspiel zum Balancieren und einige zum Teil schon arg abgenutzte Fahrzeuge, die es mit dem Alter mancher Kriegsgeräte aufnehmen können. „Das Karussell hat uns die Stadt gestellt, den Rest haben wir mühselig aus privaten Spenden zusammengesammelt“, erklärt Engau. Den Kleinen ist es egal, sie nutzen das Karussell um herauszufinden, wer sich am längsten oben hält. Im Zuge des Umbaus plant das Museum aber auch an diesem Punkt deutliche Verbesserungen, zumal eine Museumspädagogin Teil des neuen Konzepts ist. Ein Wermutstropfen bleibt allerdings in jedem Fall: Die Veränderung des Konzepts und der Anspruch, die Panzer auf Inseln von allen Seiten dem Betrachter darzustellen, sorgt dafür, dass einige Exponate aus der Aisstellung verwinden müssen. „Allerdings sind das maximal 10 Prozent“, beruhigt Engau. Welche das sind´ist noch nicht klar. „Das veränderte Basiskonzept führt außerdem dazu, dass es sich dabei um bestimmte Panzertypen handelt.“ Für deren Fans versucht, das Museum eine begehbare Sammlung zu schaffen, ein Depot, zu dem Besucher mit Anmeldung Zugang erhalten sollen. Wer aber sämtliche Exponate auf einmal sehen möchte, der sollte noch vor dem Umbau in Munster vorbeischauen. Neben der Auflockerung der Ausstellung ändert sich aber auch der Fokus des Museums – weg vom rein Technischen ginge es in Zukunft vor allem auch um die Geschichten rund um die stählernen Kraftfahrzeuge. „Neben der technisch-chronologischen Seite sind es vor allem ganz viele Geschichten rund um die Menschen im Panzer und die, die an ihrer Entwicklung beteiligt waren“, verspricht Engau. Getreu dem museumseigenen Motto „Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg“ zähle zu diesen Geschichten dann auch die Schattenseite der Exponate, die sich unter dem Titel „Fleisch und Stahl – Leid und Tod im, um und unter dem Panzer“ findet. Schließlich sei der Panzer neben den seinem Einsatz im Krieg auch im Frieden zur Durchsetzung politischer Agenden genutzt worden – das beginnt bei den Streiks in Schottland 1919, und hat seine wohl bekanntesten Ausprägungen im Prager Frühling und beim Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens. Und auch nach der Jahrtausendwende nutzen autokratische Regime den Panzer zur Machtdurchsetzung gegen die eigenen Bevölkerung. Aber auch der kulturelle Aspekt und die Symbolik des Panzers kommen in der künftigen Ausstellung zur Sprache: Die stählernen Kolosse haben in Kunst, Musik und Literatur ebenfalls ihre Spuren hinterlassen. Dass diese Kriegsmaschinen nichts von ihrer Faszination verloren haben zeigen nicht nur moderne Fernsehdokumentationen, auch Spielfilme nutzen den Panzer gerne als Requisiten oder sogar als „Hauptfigur“ wie zum Beispiel „Stoßtrupp Gold“, „Die Bestie Krieg“, „Herz aus Stahl“ oder auch „T 34“. Der Rundgang nähert sich schließlich dem Ende: Kurz vor dem Ausgang treffen wir dann den jungen Mann im T-Shirt wieder. Bis 1945 kam er nicht, die kühlen Räume waren doch zu viel. Zum Glück ist es vom Kampfpanzer Königstiger bis ins Café nur eine kurze Strecke.