Der Vorstand des Kulturvereins Brockwischenhus über Kunst und Musik auf dem Land - Von Janila Dierks

Volles Haus mit Humor

Der Vorstand des Kulturvereins, Vorsitzender Hans-Wilhelm Meyer (von links), Beisitzerin Hannah Breidenbach, Schriftführer Jürgen Schmidt, zweite Vorsitzende Heike Dierks, Beisitzerin Catrin Cramme und Kassenwartin Elvira Tödter blicken auf eine Vielzahl von Veranstaltungen zurück. Auf dem Bild fehlt Beisitzerin Anke Lütjens. Fotos: Janila Dierks ©

Hemslingen. „Ich bin gerührt und weiß, wofür ich spiele – für Euch!“, schrieb vor fünf Jahren der Boogie-Woogie- und Ragtime-Pianist Gottfried Böttger auf der ersten Seite des Gästebuchs des damals gerade frisch gegründeten Kulturverein Brockwischenhus. Böttger bildet den Anfang einer ganzen Reihe von Künstlern, die im Hemslinger Brockwischenhus auftraten – organisiert und auf die Beine gestellt seit nunmehr fünf Jahren durch den Vorstand des Kulturvereins.

Die treibenden Kräfte sind dabei heute wie damals zu einem großen Teil dieselben: Wilhelm Meyer, Elvira Tödter und Jürgen Schmidt gehörten mit zu den Gründungsmitgliedern und sind als erster Vorsitzender, Kassen-wartin und Schriftführer weiterhin an der Vorstandsarbeit beteiligt. Und auch das Anliegen, warum es einen solchen Verein wie den Kulturverein Brockwischenhus in Hemslingen braucht, ist dasselbe. „Das Brockwischenhus soll mit Leben gefüllt werden“, sind sich Tödter und Schmidt noch immer einig.

Ein einfacher Grundgedanke, der das Herzstück und den großen Stolz des Vereins bereits in den Mittelpunkt rückt. Das Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhundert, das direkt neben dem Sportplatz liegend lange nur von TuS genutzt wurde, sollte zu einem kulturellen Dorfmittelpunkt der Begegnung werden. „Sonst sind es ja vor allem die Feuerwehr oder die Schützenvereine, die sich als Kulturträger erwiesen, Feste organisierten und das kulturelle Leben im Ort prägten“, sagt Schmidt.

Den Vereinsgründern schwebte „Kultur zum Miterleben und Gestalten“ vor. Darum kümmern sich heute Schmidt, Tödter und Meyer, ergänzt von Heike Dierks, Catrin Cramme, Anke Lütjens und Hannah Breidenbach. „Inzwischen sind wir ein eingespieltes Team“, erklärt Tödter. Trotzdem bedeute die Organisation einer Veranstaltung viel Arbeite, auch im Vor- und Nachhinein – und am Ende sind es wenige Hände, die viel stemmten.

Nach der Gründung im Juni 2013 prägte vor allem erste Vorsitzende, Wilken Depke, die Arbei des Vereins. „Wilken hatte diese Vision und er hat sich uns dazu gesucht, hat uns einfach angesprochen und erzählt, was er plant“, erinnert sich Tödter. „Einen Kulturverein zu gründen, das war nie mein Ansinnen“, lacht sie heute. Tatsächlich dünnten sich die Reihen der zuerst Interessierten naturgemäß auch noch wieder aus, doch trotzdem konnte die Gründungssatzung mit 13 Mitgliedern unterschrieben werden und bereits im Oktober desselben Jahres konnte das erste Boogie-Woogie- und Blues-Konzert mit Gottfried Böttger starten.

„Aller Anfang ist schwer – aber nicht, wenn Gottfried Böttger die erste Veranstaltung unseres Kulturvereins Brockwischenhus gestaltet. Die Zuhörer sind begeistert“, notierte der Verein im Gästebuch, direkt über Böttgers eigenen Worten. Die Pianistengröße trat auch sogleich selbst dem Verein bei und kam im folgenden Frühjahr bereits erneut zurück ins Brockwischenhus.

„Wir haben Konzerte hier, Theaterstücke, Lesungen und Filme“, fasst Schmidt das Programm zusammen. Dabei reihen sich regionale Künstler, beispielsweise des Theaters Metronom, neben Prominenten wie Heikko Deutschmann ein, Irish Folk neben einem Harfenkonzert – und manchmal gelingt durch eine plattdeutsche Bluesstory auch der Clash verschiedener Stile. Das Literaturfest Niedersachsen machte Halt in Hemslingen und zum Jubiläumskonzert gastierte vor wenigen Wochen der preisgekrönte Boogie-Woogie- und Blues-Pianist Henning Pertiet.

Einige Formate haben sich inzwischen fest etabliert, darunter das Open Air am Brockwischenhus, das zuletzt mehr als 300 Leute anlockte. Dabei seien diese Zahlen für ihre Arbeit längst nicht das wichtigste, betont Tödter. „Ob 20 oder 100 Leute dasitzen – wenn die begeistert sind, dann haben wir unser Ziel erreicht.“ Trotzdem weiß Schmidt natürlich inzwischen, was die meisten Leute anzieht: „Wenn wir etwas mit Musik und Humor bringen, dann wird es meist voll.“ Andere Vorstandsmitglieder begeistern sich jedoch auch für Rock- oder Jazzmusik und da das Programm gemeinsam gestaltet wird, bleibt das Repertoire bunt gefächert.

Genau dort zeigt sich, wie die Vereinsarbeit des Kulturvereins Brockwischenhus funktioniert: Auf lokaler Ebene, in engem Kontakt zu den Mitgliedern und dem Ort an sich. Denn nicht nur, wer im Vorstand dabei ist, kann mitbestimmen. So entstand beispielweise 2016 die Idee zu einem Kinoabend bei einer jüngeren Gruppe von Vereinsmitgliedern. Der Kulturverein Brockwischenhus machte die Umsetzung möglich, sodass nun im Winter einmal im Monat freitags bei freiem Eintritt die Leinwand heruntergelassen wird. „Diese Kino-Abende locken inzwischen schon eine bestimmte Zuhörerschaft an, die auch unabhängig vom Film gerne vorbeikommen“, weiß Tödter.

In ähnlicher Weise sind auch das Bäukerhus, ein Tauschbuchhaus direkt an der Hauptstraße in der Nähe des Kaufmanns, oder die Dauerleihgabe des Irmler-Flügels durch die Familie Lueken Projekte, die der Verein auf privater Spendenbasis stemmt. „Das Bäukerhus war eine Idee, die wir schon lange hatten“, sagt Tödter. „Aber erst durch den ausdrücklichen Wunsch von Karin Wagner, die über eine Geburtstagssammelaktion auch die nötigen finanziellen Mittel stellte, waren wir in der Lage, das Projekt tatsächlich zu realisieren“, so Schmidt weiter. Und es komme gut an, das Bäukerhus, bei jung und alt – viele würden mit dem Rad oder auch mit dem Auto dort halt machen und schauen, was es dort Neues zum Schmökern gibt. Auch die Buchspenden seien zahlreich, sagt Schmidt.

Inzwischen hat der Kulturverein rund 60 Mitglieder, vor allem Hemslinger und Söhlinger. „Die Vernetzung und Mitglieder-Akquise aus den umliegenden Gemeinden gestaltet sich noch schwierig“, resümiert Schmidt. Gerade auf Ebene der Samtgemeinde hatte man zu Beginn auf eine noch stärkere Begegnung gesetzt. Doch auswärtiges Publikum komme gerade zu den größeren Veranstaltungen schon vorbei, abseits der Samtgemeinde häufig aus Tewel oder Neuenkirchen. Es seien auch immer wieder Leute aus dem Ort dabei, mit denen man gar nicht gerechnet hätte.

Darin sieht Schmidt die Relevanz eines solchen Vereins wie dem Kulturverein Brockwischenhus: Eigenständig organisierte Fahrten zu größeren Konzerten oder Theaterstücken in Hamburg oder Bremen verlangten eine viel stärkere, auch finanzielle, Vorbereitung. „Wenn Kultur vor der Haustür stattfindet, dann hat man die Chance teilzunehmen“, betont Schmidt. Der Zugang müsse also niedrigschwellig sein „und das Spektrum groß“, so der Schriftführer weiter.

Daher sieht er das Angebot des Kulturvereins vor allem als eine Ergänzung zu den bereits bestehenden Aktivitäten, Vereinen und Events im Ort, angeregt aus dem Eindruck: „Es war früher mehr los“, wie Tödter es nennt. Natürlich sei auch die Mobilität gewachsen, das Internet biete viele Möglichkeiten – und trotzdem kämen die Besucher immer gern vorbei. „Es ist diese persönliche Ebene, die die Leute schätzen und die Geselligkeit“, sagt Schmidt. Viele bleiben nach einem Kinoabend oder einem Konzert gern noch da, auf ein Bier oder einen Wein. Einfach zum Schnacken. „Das Ambiente ist unser Plus“, weiß Tödter und das rege eine gewisse Gemütlichkeit einfach an.

Tödter hofft für die kommenden Jahre, dass sich der Name des Kulturvereins noch weiter etabliert, auch außerhalb von Hemslingen und Söhlingen. „Ich wünsche mir, dass die Leute einfach sagen ‚Die machen was, da gehen wir hin‘ – unabhängig davon, was genau jetzt auf dem Programm steht.“ Denn Tödter selbst hat im Laufe ihrer Vorstandsarbeit gemerkt: „Ein Live-Konzert ist durch nichts zu ersetzen und immer eine tolle Erfahrung.“ Auch, wenn die Veranstaltungsrichtung ihr vielleicht vom ersten Lesen gar nicht unbedingt zusage. Offen sein und sich neue Formate vermitteln lassen, das kann Tödter nur empfehlen.

Die nächste Gelegenheit dazu kommt allerdings erst im neuen Jahr. Das Programm steht bereits und neben dem Open Air stehen Klavier- und Saxophonmusik und eine Skiffelband auf der Liste.

Erster Termin wird Samstag, 26. Januar, sein, bei dem Blues-Musiker Lars-Luis Linek ins Brockwischenhus zurückkehrt, dieses Mal gemeinsam mit Gerd Spiekermann, ehemaliger Autor der NDR-Reihe „Hör mal ’n beten to“, zu einem Abend mit „Snutenhobel und Vertellen“.

Auch die Kinoabende setzen sich zu Beginn des nächsten Jahres fort. Aktuelle Informationen gibt es auf der Internetseite des Vereins unter www.kulturverein-brockwischenhus.de.