Vermisster Friesenwallach bei Nacht und Nebel zurückerobert - Von Christine Duensing

Bouke ist wieder zu Hause

Petra Blohm, Besitzerin von Bouke, ist überglücklich, ihren Wallach wieder auf der heimischen Weide stehen zu haben Foto: Duensing ©Rotenburger Rundschau

Wer eine Halloween-Party besucht, der erhofft sich Spaß am Erschrecken. Für Claudia Blohm hingegen endete am Freitagabend eine zweimonatige Schreckensphase: Der Leiterin der Hubsy-Ranch in Stemmerfeld gelang es an jenem Abend mithilfe ihrer Eltern, Petra und Stefan Blohm, den lang vermissten Friesenwallach Bouke zurückzuerobern – und das bei Nacht und Nebel.

„Wir können noch gar nicht fassen, dass wir Bouke endlich wieder bei uns auf der Weide stehen haben“, sagt Petra Blohm, Besitzerin des Rappen, mit strahlenden Augen. Einige harte Wochen liegen hinter ihrer Familie und all jenen, denen Bouke etwas bedeutet – dazu zählen etwa Freunde, Bekannte und Reitschüler des Hofes. Angefangen hatte alles am 31. August. Über Nacht sei das Pferd spurlos von seinem Weidenplatz verschwunden – wie vom Erdboden verschluckt. „Wir wussten ja überhaupt nicht, was passiert war“, so Claudia Blohm. „Wir haben jede noch so kleine Ecke des Hofes abgesucht – vergeblich. Dann haben wir schnell der Polizei Bescheid gegeben und auch auf eigene Faust alles gegeben, um Bouke zu finden.“ Blohms haben nicht nur massenhaft Flyer verteilt und sich durchgefragt, auch an die lokalen Medien hat sich das Trio gewendet, eine Belohnung ausgesetzt und zudem eigens für Boukes Suchaktion eine Facebook-Gruppe (Wo ist Bouke?) erstellt. „Wahnsinn, wie viel Unterstützung wir von allen Seiten her erfahren haben“, bedankt sich Claudia Blohm. Sie fügt hinzu:„Ohne die mit der Plattform erreichte Reichweite – immerhin mehr als 8.000 Seitenbesucher – wäre es vielleicht gar nicht zu dem entscheidenden Anruf am Freitagabend gekommen.“ Während sich die Hof-Besitzerin auf einer Halloween-Party von Bekannten befand, klingelte plötzlich ihr Handy. „Der Anrufer meinte, er wisse, wo Bouke ist. Ich dachte zunächst, es sei ein schlechter Scherz, aber irgendwas sagte mir: Bleib dran. Ich habe dann meinen Vater um Rat gefragt und der hat direkt einen nächtlichen Trefftermin mit dem Unbekannten ausgemacht“, berichtet Blohm. Bis in die Nähe von Buchholz fuhren Petra und Stefan Blohm dann mit dem geheimnisvollen Anrufer im Schlepptau. „Wenn wir das jetzt reflektieren, war das Ganze gar nicht so ungefährlich. Wir wussten nicht, was uns erwartet, aber wir haben aus dem Affekt gehandelt“, so Boukes Besitzerin. An der sehr abgelegenen Weide angekommen, erkannte sie ihren Wallach direkt bei der ersten Berührung. „Wir standen mit Taschenlampen im stockdusteren Wald. Ich habe nach Bouke gerufen und er kam auf mich zu gelaufen. Als ich ihn durch den Zaun der Weide streichelte, wusste ich: Das ist er. Mir fiel kein Stein, sondern ein ganzer Berg vom Herzen“, so Blohm überglücklich. Die Tätowierung auf der Zunge bewies letztlich, dass sie mit ihrer Vermutung goldrichtig lag. Um Bouke direkt mit nach Hause nehmen zu können, machte Claudia Blohm sich mit Anhänger auf den Weg. Die Polizei benachrichtigte das Ehepaar ebenfalls umgehend. „Ich hätte ihn da nie im Leben auch nur eine Sekunde länger stehen lassen“, so Petra Blohm. Bis alle Beteiligten sich auf der Weide einfanden, dauerte es aber ein Weilchen. „Da hatte ich schon ein mulmiges Gefühl“, erzählt Petra Blohm. „Mein Mann fuhr herum, um der Polizei entgegenzukommen, meine Tochter suchte die Weide per Smartphone-Standortsuche und ich stand da mit Bouke und dem Tippgeber in der Dunkelheit.“ Ende gut, alles gut – nun steht der Rappe wieder im heimischen Stemmerfeld. Familie Blohm und all ihren Helfern stecken die Nacht und die zweimonatige Ungewissheit allerdings noch merklich in den Knochen. „Das vergessen wir niemals. Wir gucken immer noch ständig nach, ob er wirklich wieder auf seiner Weide herumläuft“, so Petra Blohm. „Wenn man zwei Monate lang vergeblich sucht – wir waren bei mindestens 15 anderen Weiden, bevor wir ihn fanden – kann man sein Glück nicht so schnell wahrhaben.“ Bouke gehe es den Umständen entsprechend gut. „Er ist deutlich abgemagert, aber die Unersuchung seines Tierarztes hat ergeben, das sonst alles in Ordnung zu sein scheint“, so seine Besitzerin erfreut. Trotz großer Wiedersehensfreude bleiben bohrende Fragen: Wer war für Boukes Entführung verantwortlich und wieso traf es überhaupt ein fast 23 Jahre altes Pferd? „Neben ihm standen viel jüngere, quasi brauchbarere Pferde, die die Diebe hätten mitnehmen können. Das macht alles wenig Sinn. Wir hoffen jetzt darauf, dass die Polizei alles aufdeckt, damit wir uns nicht mehr so viele Fragen stellen müssen“, so Claudia Blohm. Da die Ermittlungen gegen die Entführer laufen, halten Blohms einige Details der Geschichte noch bewusst zurück. „Sobald wir dürfen, geben wir den Rest bekannt, auch in unserer Facebook-Gruppe“, verspricht Claudia Blohm. Diese werde zum Informationsaustausch und zum Berichten über Boukes aktuellen Zustand weiter bestehen. Die Erlebnisse der vergangenen Monate will Stefan Blohm nun in einem Krimi festhalten, seine Tochter wird das Buch bebildern. Zudem sei ein E-Book-Ratgeber in Planung, um all jenen Tipps zur Seite zu stellen, die in eine ähnliche Situation kommen. Einen hat Petra Blohm direkt parat: „Immer an die Öffentlichkeit gehen und möglichst viele Leute damit erreichen.“