Ministerialdirigent Janßen und Oberkreisdirektor Blume über Wild und Wald

"Hauptbaumarten müssen ohne Zaun aufwachsen können"

"Wenn sich die Jäger auf einen Grundkonsens verständigen und an einem Strang ziehen, dann wird die Frage des Wildverbisses in Wäldern kein Problem mehr sein", sagte der oberste Forstbeamte des Landes Niedersachsen, Ministerialdirigent Gerd Janßen, auf einer Veranstaltung des Hegeringes Rotenburg im Heimatmuseum. Oberkreisdirektor Gerhard Blume machte strukturelle Verbesserungsvorschläge mit dem Ziel, den Druck des Wildes auf den Wald zu vermindern.

"Nicht jede verbissene Pflanze ist ein Schaden, den es zu beklagen gilt. Wo Wild ist, gibt es auch Verbiß. Das ist so natürlich wie der Frostschaden oder das Absterben einzelner Bäume durch Kahlfraß", räumte Janßen ein. Es sei jedoch nicht akzeptabel, zum Zwecke des leichten jagdlichen Erfolges hohe Wildbestände zu hegen, die ihren eigenen Lebensraum bis zur ökologischen Verarmung beeinflußten und eine naturnahe und ökologisch sinnvolle Forstwirtschaft verhinderten. "Wir jagen zwar nicht, um Wildbestände zu regulieren, sondern weil wir Freude am Jagen und Beutemachen haben. Aber wir dürfen jagen, weil wir gleichzeitig einen Auftrag haben, nämlich einen angepaßten Wildbestand zu hegen und Beeinträchtigungen der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung zu vermeiden", so Janßen weiter. "Werden wir diesem Auftrag nicht gerecht, wird die Suche nach anderen Lösungen nicht zu vermeiden sein", mahnte er. Ziel müsse sein, daß heimische Hauptbaumarten ohne Zaun aufwachsen können. Oberkreisdirektor Blume wies darauf hin, daß es trotz aller Schädigungen durch unterschiedliche Einflüsse von Jahr zu Jahr mehr Wald in Deutschland gebe. Verbiß- und Schälschäden, die regional unterschiedlich aufträten, stellten nur eine von zahlreichen Waldschadenskomponenten dar. Als Gründe für den Verbiß nannte Blume Störungen des Wildes durch Kraftfahrzeuge, Wanderer, Jogger, Fotografen, Wegeführung parallel zum Waldrand, Jagd im Winter, fehlende Äsungsflächen im Wald und Mangel an artenreichem Dauergrünland. Dies dränge das Wild von seinen Äsungsflächen in die Wälder, wo es Schutz fände. Hinzu kämen waldbauliche Unzulänglichkeiten wie zu kleinflächige Neuanpflanzungen und Auswahl nicht standortüblicher Baumarten, die den Verbiß begünstigten. Auch ein zu hoher Wildbestand könne Ursache sein. Im Umkehrschluß forderte Blume entsprechende Strukturen, um den Wilddruck auf den Wald zu vermindern. Zu der Veranstaltung waren etwa 120 Zuhörer gekommen, von denen einige die Gelegenheit nutzten, sich mit Wortbeiträgen an der anschließenden Diskussion zu beteiligen.