Kommissar Kaldinski ist Vermittler zwischen den Castor-Fronten

"Alle sollen das Gesicht wahren"

(rm). Der Rotenburger Polizeihauptkommissar Detlev Kaldinski hat es schwer: Tag X naht. Vorraussichtlich am 27. März sollen 15.000 Polizisten sechs Castor-Behältern aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague den Weg ins Zwischenlager Gorleben im Wendland bahnen. Etwa genau so viele Demonstranten werden versuchen, das zu verhindern. Als Pressesprecher und Konfliktmanager hat Kaldinski die Aufgabe, zwischen Beamten und protestierender Bevölkerung zu vermitteln. Die Fronten scheinen verhärtet.

"Die Polizei ist dialogbereit. Wir möchten mit den Medien und mit der Protestbewegung ins Gespräch kommen und Konflikte ausräumen oder zumindest reduzieren", sagt Kaldinski. Bereits jetzt werde damit begonnen, Kontakt zu den Bürgerinitiativen aufzunehmen. Die Polizei sei nicht dafür verantwortlich, dass ein Castor-Transport durchgeführt werde, sagt Kaldinski: "Aber wir wollen darüber sprechen, wie er abläuft." Erstmals sollen in der heißen Phase zwölf besonders geschulte mobile Teams Journalisten betreuen und die Atmosphäre zwischen Einsatzkräften und blockierenden Demonstranten entspannen. "Jedes Team besteht aus drei Leuten", sagt Kaldinski. "Mich begleiten ein Kollege vom Bundesgrenzschutz und eine Verhaltenstrainerin." Die Beamten wurden in einem Seminar auf die Aufgabe vorbereitet. Sie sollen darauf hinwirken, dass die Protestler blockierte Straßen freiwillig räumen. "Wir schlagen zum Beispiel vor, dass die Versammlungsteilnehmer noch zehn Minuten sitzen bleiben dürfen und dann gehen. So verliert niemand das Gesicht", sagt Kaldinski. Wenn’s glücke, schone das auch Rücken und Nerven seiner Kollegen von den Einsatzkräften. Aber nicht alle Polizisten sind mit den Castor-Transporten und dem Polizei-Konzept einverstanden. "Die einen spielen den netten Schutzmann von nebenan und die anderen sind fürs Grobe zuständig", sagt Thomas Wuppertal, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizisten. Seine Organisation rät den Demonstranten, entschlossen und energisch Widerstand zu leisten. "Die Transporte sind gefährlich und dürfen nicht durchgeführt werden: Aus den Behältern tritt nach wie vor Strahlung aus. Warum sonst dürfen schwangere Polizistinnen den Castoren fern bleiben?" Er mache sich Sorgen um die Gesundheit seiner Kollegen. Der Gesamt-Einsatzleiter der Ordnungskräfte, Direktor der Polizei Hans Reime, will in jedem Fall dafür sorgen, dass die Atommüll-Karawane ihr Ziel erreicht. "Wer den Transport wirklich verhindern will, muss Gewalt gegen die Polizei anwenden", stellt er klar. Eine erfolgreiche gewaltfreie Castor-Blockade könne es deshalb nicht geben. Die Umweltschützer aus dem Wendland widersprechen. "Das Gerede ist quatsch und ärgert mich", sagt Francis Althoff von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Das Bundesverfassungsgericht habe Sitzblockaden ausdrücklich für zulässig erklärt. Althoff kann keine neue friedlichere Strategie der Polizei erkennen. "Das Gegenteil ist richtig: Erstmals sollen festgenommene Demonstranten wie Tiere in Drahtkäfige gesteckt werden", sagt er. Trotz mobiler Konfliktmanager erwartet Alt-hoff harte Räumungsaktionen und Wasserwerfer-Einsätze. Polizei-Chef Reime hat einen Traum: "Vielleicht können wir eines Tages den Castor wie einen normalen Schwertransport nur mit Blaulicht begleiten." In den nächsten zehn Jahren sollen nämlich allein aus La Hague über 20 Transporte mit je sechs Castoren nach Gorleben rollen. Die Menschen im Wendland wollen dafür sorgen, dass Reimes Traum nur ein Traum bleibt.. Althoff: "Jeder ankommende Castor zementiert unsere Heimat als Endlagerstandort. Aus dem versprochenen Ausstieg ist eine Bestands- und Profitgarantie für die Atomwirtschaft geworden." Auch in Frankreich werde gegen die Gorleben-Transporte demonstriert. "Für jeden Transport ins Wendland dürfen die deutschen AKW-Betreiber im Gegenzug nämlich einen zur Wiederaufarbeitung nach Frankreich schicken", sagt Althoff. Es werde unvermindert weiter Atommüll produziert, ohne dass irgendein Mensch wisse, wie er sicher gelagert werden könne. Im Wendland sieht es also nach Sturm aus. Vielleicht scheint wenigstens die Sonne über Norddeutschland. Dann nämlich produziert die Photovoltaik-Anlage auf Detlev Kaldinskis Scheeßeler Wohnhaus Strom. Ganz friedlich und ganz umweltfreundlich.

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