Rotenburg. „Wir freuen uns sehr, dass die Wahl des Landesbergamts auf unseren Flugplatz gefallen ist“, sagt Achim Figgen. Neben dem Geschäftsführer des Rotenburger Flugplatzes steht an diesem Dienstag Björn Völlmar auf dem Rollfeld. Auch für den Pressesprecher des Landesbergamts (LBEG) ist der Auftrag nach Rotenburg kein Arbeitstag wie jeder andere. „Das ist etwas Besonderes“, sagt er. Sie sehen zu, wie ein Helikopter tief über dem Rasen fliegt, an langen Schnüren hängt eine Apparatur, die von Weitem an eine überdimensionale elektronische Fliegenklatsche erinnert.
Schon seit einigen Jahren erkundet das LBEG den Salzgehalt des Grundwassers aus der Luft – zunächst in den Küstenbereichen. Seit einigen Tagen und noch bis voraussichtlich Freitag – je nach Wetterlage – steht allerdings die Region um Rotenburg im Fokus. Konkret geht es der Behörde um das Lokalisieren von Grundwasser, wie es aufgebaut ist und welche Bereiche zu versalzen sind. „In diesem Umfang machen wir das zum ersten Mal“, sagt Nico Deus, Hydrogeologe beim LBEG.
Dabei ist nicht ganz Niedersachsen im Blick, sondern lediglich einige, wie Deus sagt, „interessante Bereiche“. Die Wahl auf die Region um Rotenburg fiel durch eine Masterarbeit, die das LBEG vor einigen Jahren betreut hatte und die sich mit der Versalzung der Wümmeniederung auseinander gesetzt hatte. „Dort ist das Salz ganz nah an der Oberfläche“, so Deus. Ursache ist wohl ein Salzstock in etwa 150 Metern Tiefe, etwas südlich von Ahausen. „Da kommt das Salz mit dem Grundwasser zusammen. Und mit dieser Untersuchung können wir die Ausdehnung des Salzstocks feststellen und zugleich Datenlücken schließen.“ Nutznießer dieser Daten gibt es laut Völlmar viele. „Wir bekommen viele Anfragen von Menschen, die einen Brunnen bauen planen und dafür die Beschaffenheit des Grundwassers kennen wollen“, erklärt Deus. „Auch für Trinkwasserverbände sind das wichtige Informationen, oder wenn es um die Ausweisung von Wasserschutzgebieten geht.“ Bei der Untersuchung, die ihren Ausgangspunkt auf dem Rotenburger Flugplatz hat, ist das LBEG lediglich der Auftraggeber. Denn das Herzstück der Unternehmung, eine Antenne, die an dem Leihhelikopter hängt, gehört der Firma Skytem aus dem dänischen Aarhus, die sich auf hydrogeologische Untersuchungen spezialisiert hat. Zu dem Team, das das Gerät Ende der 90er-Jahre dort an der Universität entwickelt hatte, gehört Poul Mousten Sørensen. Der Ring, der aus Einzelelementen zusammengesetzt ist, umfasst eine Fläche von 340 Quadratmetern, wiegt ungefähr 720 Kilo und hat in etwa einen Wert von einer Million Euro. „Unser System ist einzigartig“, sagt Sørensen, der bereits hydrogeologische Messungen rund um den Globus unterwegs ist. „Zwar gibt es weltweit noch drei andere Firmen, die solche Messungen durchführen, aber mit diesem System nur wir.“ Das Gerät erzeugt Magnetfelder im Untergrund. Wird der Strom abgestellt, entstehen „Wirbelstürme“, sogenannte sekundäre Magnetfelder. „Aus dem Abklingverhalten lassen sich dann Rückschlüsse auf die geologischen Verhältnisse im Untergrund schließen“, so Deus. 900 Messungen pro Sekunde nimmt das Gerät vor. „Wir haben also eine Menge an Daten, die wir gewinnen“, erklärt Sørensen. „An Bord“ speichert ein Rechner die Daten, die am Boden wieder ausgelesen werden. GPS-Sender geben zudem auf zehn Zentimeter genau die Position an. Vier Bereiche untersucht Skytem: Hetzwege bis kurz vor Wistedt, Kirchwalsede bis Brunsbrock, Hellwege bis Langwedelermoor sowie den größten Teil, ein breiter Korridor von Gyhum bis nach Walle. Mit etwa 80 Kilometern pro Stunde überfliegt der Pilot dieser Tage die Gebiete bahnenweise in Nord-Süd-Richtung, insgesamt kommen da 1.200 Kilometer Fluglinie zusammen. Etwa auf 30 bis 40 Meter Höhe hängt das Messgerät über der Erde, etwa 15 Meter darüber fliegt der Helikopter. Gegenüber alten Verfahrensweisen hat die Antenne aus Dänemark einige Vorzüge: „Wir haben nun die Möglichkeit, die genauen Tiefen anzugeben und als 3D-Modell darzustellen“, sagt Deus. Zunächst wird es etwa drei Monate dauern, bis die Daten aus Dänemark an das LBEG gehen. „Wir werten daraufhin diese Daten aus, setzten sie in Modelle um und pflegen sie in Kartenform ein“, erklärt Deus. Ende 2020 sollen dann die Ergebnisse unter anderem für alle Interessierten auf dem Nibis-Kartenserver einsehbar sein.