Fischerhude. Krummer Ort 4. Das ist eine Fischerhuder Adresse, die Kenner feinsten Porzellans und ausgefallener Raku-Keramik magisch anzieht. In der Galerie, die die Keramikerin Claudia Craemer seit nunmehr 33 Jahren Jahren betreibt, gibt es Unikate zu sehen, die in der hinteren Werkstatt entstehen, im eigenen Ofen gebrannt werden und Sammler mit großem Sachverstand entzücken.
Erdige Farben, gepaart mit Leuchteffekten, die typisch für den schwarzen Kontinent sind, heben die Formen von Objekten hervor, die an Schilde von Massai-Krieger erinnern. Die rauhe Oberfläche, die wie besandet erscheint, spiegelt die uralte Raku-Technik wieder, die sich auf ein Brennverfahren bezieht, das Ende des 16. Jahrhunderts in Japan entwickelt, und seither stets weiter verfeinert wurde. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um ein Verfahren, bei der die Stücke schnell auf etwa 1.000 Grad gebrannt werden, um dann rotglühend aus dem Ofen genommen zu werden. Der schnelle Abkühlungsvorgang bringt ein Ergebnis, das eine einmalige, unwiederholbare Keramik ergibt, die überwiegend bei japanischen Teezeremonien Verwendung fand.
„Raku ist eigentlich der Titel für diese Brenntechnik ausübende japanische Töpferfamilie“, erläuterte Craemer, die weit über die Region hinaus für ihre Arbeiten bekannt ist. Um 1920 kam die Raku-Technik nach Europa. Die bedeutenden Keramikmeister Bernhard Leach und Soji Hamada machten sie bekannt. Nach ihrer Lehre bildeten sich westliche Keramiker weiter, um darin eine eigene, ganz individuelle Handschrift zu entwickeln. Neue Impulse kamen 40 Jahre später aus Kalifornien durch Paul Soldner, der die Reduktionstechnik nach dem Brand einführte. Danach werden die Stücke bei großer Hitze aus dem Ofen genommen und sofort in brennbares Material, wie Holzspäne, Laub, Papier, oder ähnliches gesetzt. Die dadurch unmittelbar entstehende Feuer- und Rauchentwicklung bewirkt eine teilweise Nachreduktion der Oberfläche des jeweiligen Objektes. Es kommt zu einem Vorgang, der aussieht, als habe das Feuer die Farben gemalt. „Raku entspricht dem Anspruch unserer Zeit auf Innovation, dem die Wiederholung noch so perfekter Kunstfertigung nicht genügen kann. Im Raku ist jedes Stück absolut unwiederholbar“, beschreibt Craemer ihr Arbeitsfeld, für das sie sich spezialisiert hat. Ein Gang durch ihre Keramikgalerie im Krummen Ort in Fischerhude lässt erahnen, mit welcher Leidenschaft sie Raku herstellt. Sparsam, oder gar nicht dekoriert, ist ein Gefäß, oder ein Objekt Schmuck genug. Schlicht in der Formgebung ist es der Brand, der alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Den Brennofen hat die gebürtige Gelsenkirchnerin im Garten stehen. An Brenntagen bleiben manchmal Spaziergänger stehen, wenn Rauch aus dem wenig spektakulär aussehenden Ofen qualmt. Der Blick über den Zaun gestattet aus nächster Nähe zu beobachten, wie die Stücke hervorgeholt werden, um dann in das brennbare Material zu wechseln. Ein spannender Vorgang, wenn man weiß, welch unglaublich spannende Exponate dabei heraus kommen. Umfangreiche Studienreisen nach China, Japan und Korea haben Craemer als Keramik-Meisterin nicht nur für Raku entbrennen lassen. Rein weißes, hauchzartes Porzellan herzustellen, ist die zweite Sparte ihrer künstlerischen Arbeit, wobei sie darin größten Wert auf höchste Feinheit und Transparenz legt. Elegante Gebrauchsgegenstände, wie Leucht-objekte und zarte Essgeschirre bilden einen spannenden Kontrast zu Raku-Exponaten. Arbeiten der seit 1991 in Fischerhude ansässigen Künstlerin befinden sich in öffentlichen Sammlungen. Eine rege Ausstellungstätigkeit auf internationaler Ebene und zahlreiche, begehrte Preise ließen sie einen Bekanntheitsgrad erreichen, der sich sehen lassen kann. Die aktuelle Ausstellung im Lilienthaler Murkens Hof mit einer Vielzahl anderer Kunstschaffender zum Thema „Spektrum Fischerhude“ zeigt bis zum 23. April 2017 interessannte Arbeiten von Craemer. Darüber hinaus sind ausgesuchte Exponate vom 25. März bis 29. April im Handwerksforum Hannover unter dem Titel „Zu zweit und nicht allein“ zu sehen. Vom 22. bis 23. April gibt es die Aktion „Werkfisch“ mit offenen Ateliers in Fischerhude, an der sich auch Craemer beteiligt. Der Fischerhuder Buthmanns Hof zeigt die Präsentation moderner Fischerhuder Kunstkeramik zu „Cato und ihr Familiäres Umfeld“. Cato Bontjes van Beeks Vater, Jan, war ein anerkannter Keramiker in Berlin. Am 9. und 10. September stehen dann im Buthmanns Hof die traditionellen Fischerhuder Keramiktage mit zahlreichen Ausstellern auf dem Plan und vom 12. September bis 8. Oktober sind auf der Hamburger GEDOK, Koppel 66, Werke von Craemer zu sehen.