Fischerhude. Die Farben schwarz und rot beherrschen die Bühne. In ihnen gewandet neun putzmuntere Musiker. Sie spielen auf wechselnden Instrumenten. Und wer ihnen lauscht, findet sich musikalisch irgendwo zwischen Bullerbü und Local Hero wieder.
Bitte wo? Bullerbü ist klar, drei kleine rote Häuschen inmitten der schwedischen Einsamkeit, einfach und doch voller Abenteuer. Local Hero wiederum ist ein Spielfilm aus den 1980er-Jahren. Getragen wird diese in Schottland spielende Komödie einerseits durch kauzigen Humor, andererseits aber auch durch den wunderbaren Soundtrack voller Fernweh und Schwermut von Mark Knopfler, Gründer der Musikformation Dire Straits.
Fleitjepiepen heißt die Band um die es geht. Gesprochen wird das Fleitschepiepen, was nichts anderes bedeutet als Flötentöne. Diese kommen aus Fischerhude, dem sagenumwobenen kleinen Ort zwischen Oyten und Ottersberg, der nicht aufhört, den Eindringlingen Widerstand zu leisten und, wann immer es geht versucht, der allzu großen Touristenliebe etwas entgegenzusetzen. Und dahin habe ich mich aufgemacht, wollte wissen, wo diese Folkmusik entsteht und wer die Menschen sind, die auf der Bühne derartige Bilder im Kopf entstehen lassen. Gefunden habe ich die Macher in der dunklen Aura des Fischerhuder Friedhofs. Matsch säumt die Straßen und Hausnummern sind nicht auszumachen. Einmal noch falsch abbiegen, Auto und Autor würden wohl im Morast stecken bleiben, argwöhnisch beäugt von Milchvieh. Doch ein Cello weist mir plötzlich den Weg, getragen von Angelika Jenkner, Mitglied der Fleitjepiepen und auf dem Weg zur Probe. Ich folge. Gelbliches Licht fällt aus dem Fachwerkhaus. Darin zusammengestellte Tische, Getränke, Knabberzeug und ein Raum zum Üben. Der ist noch besetzt. Ein Mädchen lernt Blockflöte. Danach: Umbaupause. Ein paar Sessel müssen weichen. Neun Musiker samt Instrumenten brauchen Raum zum Stellen, zum Entfalten. Cello, Steelpan, Banjo, Bass, Viola und einiges andere wird hereingetragen, gestimmt, positioniert und alles wartet darauf, Teil des Ganzen zu werden. Geboren wurde die Band aus der Leidenschaft für Hausmusik. Petra und Henning Grossmann spielten schon viele Jahre so vor sich hin – interessiert aber noch nicht ambitioniert. Klezmer mochten sie, diese Musik mit einer Spannweite von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt. Das ist drei Jahre her. Klezmer spielen sie auch heute noch, doch ihr neues musikalisches Herz hängt an skandinavischen Klängen, allen voran schwedischer Volksmusik. „Damit sind wir eigentlich konkurrenzlos“, weiß Petra Grossmann zu berichten. Und auf einem guten Wege, denn die Zahl der Auftritte steigt stetig an von fünf im ersten Jahr auf elf im darauffolgenden und 17 in 2015. Und die Erfolgsgeschichte scheint weiter zu gehen, denn in diesem Jahr ist eine erste Konzertreise geplant. Dann wird die Gruppe bei der Kulturellen Landpartie im Weserbergland auftreten, dem „größten selbstorganisierten Kulturfestival Norddeutschlands“, so der Veranstalter über das Festival. Und das soll erst der Anfang sein. Fleitjepiepen hegt einen großen Wunsch: Einmal bei dem legendären Rudolstadt-Musikfest in Thüringen aufzutreten. Vom ersten Auftritt bei einer Konfirmation hin zu einem der größter Weltmusik-Festivals Europas, das wäre ein Quantensprung für die Band vom Dorf. Doch Druck verspüren die Musiker deshalb noch lange nicht. Im Gegenteil, was wächst ist der Spaß an der Sache, sich und Neues auszuprobieren. Denn das zehnte Mitglied der Band hört auf den Namen Improvisation. „Anfangs haben wir bekannte Stücke nachgespielt“, erzählt Grossmann, dann aber seien sie dazu übergegangen, eigene Stücke zu komponieren. Doch es geht noch weiter und das ist es auch, woran in jeder Probe gefeilt wird: Improvisieren, spielen ohne Noten, jedem Bandmitglied und Instrument Zeit geben, sich individuell einzubringen, beim Proben am Rande von Fischerhude und auf der Bühne am Rande des Publikums. Das ist es, was Fleitjepiepen am Ende auch ausmachen soll. Und natürlich die Freude an der Musik und am Musizieren: „Wir haben immer Spaß auf der Bühne“, teilen die Mitglieder unisono mit. „Das Schöne bei uns ist, dass wir alle auch gute Freunde sind“, sagt Grossmann und niemand in der Runde widerspricht. Es gäbe keinen in der Band, der dogmatisch anordnet, was und wie es zu geschehen hat. Und diese Freude fungiere als Zündkerze für gute Stimmung auch jenseits der Bühne. Wo immer diese auch stehen mag, in Thüringen, im Weserbergland oder in Bullerbü. • Fleitjepiepen sind (in alphabetischer Reihenfolge): Stefan Dreischulte, Stefanie Fitzke, Henning Grossmann, Petra Grossmann, Anne Hildebrand, Angelika Jenkner, Wolfgang Kreis, Daniela Probst und Werner Winkel. Kontakt mit der Band bekommt, wer Petra und Henning Grossmann unter Telefon 04293/7890314 anruft oder unter .