Ottersberg – Nicht, dass sich die Teens mit Computern und ihrer Nutzung nicht auskennen würden. „Aber das hier ist noch eine ganz andere Nummer“, betont Rektor Dominik Lerdon, „das ist eine neue Welt für die Kids“ – nämlich die des Programmierens. In dieser Woche werden die Neuntklässler der Ottersberger Wümmeschule unter Anleitung von IT-Profis der Hacker School von digitalen Konsumenten zu Entwicklern: Programme selber zu schreiben, statt sie nur zu nutzen, steht für jede der vier Klassen einen Vormittag lang auf dem Stundenplan – und soll im besten Fall Begeisterung für ein späteres berufliches Engagement auf dem Feld der Informationstechnologie (IT) wecken.
Erstes Arbeiten mit der Programmiersprache Python bringen den Wümmeschülern waschechte Nerds bei: Fünf junge Männer, die in der Ausbildung zum Fachinformatiker sind oder IT-Security studieren, teilen ihr Wissen und ihre Leidenschaft mit der nächsten Generation. Dafür haben sich Pascal Genz, Jan Slawik und Justus Sieweke vom früheren Achimer und jetzigen Bremer IT-Unternehmen Capricorn sowie Simon Schriefer und Jannik Steinbach vom Achimer Ingenieurbüro Dr. Born/Dr. Ermel bei der Hacker School in ihrer Freizeit als Inspirer schulen lassen. Für die Zeit, in der sie Schüler zum Programmieren inspirieren, stellen ihre Arbeitgeber sie frei.
Die Hamburger Hacker School hat nichts mit Cyberkriminalität im Sinn, sondern will als gemeinnützige, spendenfinanzierte Organisation die digitale Bildung fördern und neugierig machen auf Zukunftsberufe. Ziel der Hacker School ist es nach eigenen Angaben, „Jugendliche fürs Programmieren zu begeistern und ihnen die Chance zu bieten, zu entdecken, wie viel Spaß IT und Coding macht“. Dafür nutzt die Organisation die Kooperation mit engagierten Unternehmen und das Know-how der IT-Profis, die als Inspirer ihre Leidenschaft fürs Programmieren weitergeben. Für die Geschäftsführer Axel Buschmann (Capricorn Consulting) und Henry Och (Dr. Born/Dr. Ermel) ist die Hacker School ein überaus unterstützenswertes Projekt, für das sie die Arbeitszeit der jungen Kollegen gerne zur Verfügung stellen. „ Schülern die Vielfalt der Informationstechnologie schmackhaft zu machen, sie für IT-Berufe zu begeistern und so Fachkräfte der Zukunft in der Region zu gewinnen“, schildert Buschmann die Motivation. Als Organisator und Sponsor der Hacker School in der Region fungiert der Achimer Rotary-Club, in dem Buschmann und Och engagiert sind. Noch wird das für die Schulen kostenlose Angebot sehr zögerlich angenommen. Einzig die Wümmeschule habe sofort die Chance ergriffen: „Diese erste Veranstaltung hier in Ottersberg ist unser Pilotprojekt“, sagt Buschmann und beobachtet interessiert, wie sich der firmeneigene Nachwuchs so als Lehrer macht. Raus aus der digitalen Gemeinschaft der Nerds mit ihrer eigenen Fachsprache, zurück in die Lebenswelt der Schüler – das ist auch eine Herausforderung. „Überraschend“ findet Inspirer Jannik Steinbach die eine oder andere Unterrichtssituation, die die jungen IT-Profis auch ohne großes pädagogisches Rüstzeug meistern. „Der Wissenstransfer von Azubis an Schüler schafft Identifizierung“, ist Buschmann überzeugt, „Azubis können sich noch genau in die Lage der Schüler versetzen und ihnen Mut machen, IT als Berufswunsch zu manifestieren.“ Besonders wichtig ist Buschmann die Motivation von Mädchen: „IT-Berufe sind noch viel zu stark männlich geprägt.“ Die Laptops für die Programmierkurse der 9. Klassen haben die Inspirer der Hacker School mitgebracht. Zum spielerischen Einstieg programmieren sie mit den Jugendlichen ein Zahlenratespiel. „Aus wenigen Buchstaben und Befehlen ein komplettes Spiel zu erzeugen“, findet Wyatt (15) schon faszinierend. Auch sein Freund Colin (14) ist von den ersten Einblicken in die Programmierwelt angetan. Wümmeschulleiter Dominik Lerdon findet die Hacker School eine gute Sache auch im Hinblick darauf, dass Informatik ab dem kommenden Schuljahr Pflichtfach in Niedersachsen wird. Und Informatik sei eben mehr als die Einführung in Office-Systeme und Excel-Tabellen. Für Lerdon ist es deshalb ein Gewinn, dass die Neuntklässler, die im Sommer in Klasse 10 mit Informatik starten, jetzt schon erste Einblicke ins Programmieren erhalten.