Ottersberg (r/bb). Das war ein außergewöhnlicher Besucher, der jüngst in der Ottersberger Hochschule für Künste im Sozialen (HKS) Station machte: Lama Sangyas, ein buddhistischer Meditationsmeister aus Tibet.
Drupon Sangyas Riponche – so sein vollständiger Titel – ist ein buddhistischer Meditationsmeister mit Hauptsitz in Estland. Dort und in Lettland leitet er das Drikung Zentrum und auch in der Ukraine hat er ein Zentrum in der Nähe der hochbewaffneten Grenze zu Russland aufgebaut. Seit mittlerweile 17 Jahren reist er um die Welt: Von Asien über Amerika bis Europa bekommt er Anfragen für seine Meditationskurse und diesmal auch aus Ottersberg.
Dass er an der anthroposophisch verwurzelten HKS einen Meditationskurs abgehalten hat, findet das Besuchs-Organisationsteam, bestehend aus den Studentinnen Smaida Brestrich, Jennifer Lichtenberger und Sinda Vögele, nur folgerichtig: „Wie wir in dem therapeutischen Semester gelernt haben, hat Rudolf Steiner selbst in seiner Lehre Parallelen zur buddhistischen Philosophie gesehen.“ Lama Sangyas ist für die drei kein Unbekannter, hatten sie ihn doch vor einem Jahr während eines Projektes in dem Milarepa-Retreat-Zentrum in Schneverdingen erlebt. In Rahmen des Lama-Besuchs in Ottersberg gab es fünf Termine, an denen Sangyas von seinen eigenen Erfahrungen berichtet und gezeigt hat, wie anhand verschiedener Techniken meditiert werden kann. „Wir haben ihm jeweils zwei Stunden lang gebannt zugehört, meditiert und unsere eigenen Fragen stellen können – ein ganz besonderes und einmaliges Erlebnis“, freuten sich die Studentinnen. So erzählte der Lama auch die Geschichte von seinem großen Vorbild Milarepa, der nach eigener Läuterung in der Natur Erleuchtung erlangte. Ursprünglich kommt Lama Sangyas aus Ladakh im Himalaja, das früher zu Tibet und heute zu Indien gehört. Mit neun Jahren kam er als Jüngster der Familie ins Kloster, studierte buddhistische Philosophie und wurde Schüler von Chetsang Riponche. Dieser gab ihm die Einweihung zu dem traditionellen Drei-Jahres-Retreat in Almora inmitten der Natur. Für die langjährige Meditation in Schweigen und Einsamkeit entschied sich Sangyas dann noch ein zweites Mal und speist aus dieser Zeit besonders tiefgründige Erfahrungen, die er mit den Kursteilnehmern geteilt hat – und sie so ihr eigenes Glaubensmuster hinterfragen lies. Während des Kurses hat der Lama über verschiedene nicht religiöse Zugänge zur Meditation und die heilenden und friedenstiftenden Potenziale der Meditation gesprochen. „Mit dem Üben von ausdauernder Konzentration, Öffnung der Chakren und Atemübungen haben wir Techniken erfahren, mit denen wir unser inneres Gleichgewicht herstellen und erhalten können“, heißt es seitens der Studentinnen. Ehrlich und offen berichtete der Lama aber auch über seine eigenen Hindernisse, Gedanken und Gefühle, die ihn auch straucheln ließen. „Was uns alle ebenfalls tief berührt und fasziniert hat, ist nicht zuletzt die lebensfrohe, jung gebliebene und herzliche begegnende Art des Lamas“, sind sich Brestrich, Lichtenberger und Vögele einig. Sie sei es gewesen, die ganz wesentlich dazu beigetragen hatte, dass sie während des Meditationskurses „von Herzen strahlten“. Zwar ist der Meditationskurs an der HKS nun Vergangenheit, aber auch in Zukunft soll der Kontakt der drei Studentinnen zum Lama nicht abreißen. Mehr noch: „Wir werden nach unserem Studium an der HKS den Lama in seiner Heimat Ladakh besuchen und ein künstlerisches Projekt mit Kindern vor Ort durchführen.“ Die drei bedanken sich aber nicht nur beim Lama, sondern auch bei allen Teilnehmern des Kurses sowie der Projektförderung des Allgemeinen Studentenausschusses (AstAs), die die Durchführung des Kurses ermöglicht hatte.