Politik stimmt mehrheitlich für Blühstreifen-Kooperation mit Landwirten - VON LISA DUNCAN

Zögerliches Ja zum Ottersberger Weg

Eine Wildblumenwiese bietet Insekten, unter anderem Schmetterlingen, einen Lebensraum, der durch Monokulturen wie Mais immer weiter eingeschränkt wird. Der Ottersberger Weg besagt, dass Landwirte freiwillig solche Blühstreifen als Ausgleichsflächen für überpflügte Wegeseitenränder schaffen.
 ©Walter (Archiv)

Ottersberg – Viele Jahre haben Landwirte sich durch Überpflügen von Wegeseitenrändern Flurstücke angeeignet, die eigentlich der Gemeinde gehören. Mit dem Ottersberger Weg startete der Flecken 2019 auf Vertrauensbasis eine Kooperation mit den Landwirten: Für die an Seitenräumen verlorenen Flächen stellen die Bauern anderswo Ausgleichsflächen zur Verfügung, auf denen sie eigenverantwortlich bienenfreundliche Blumensamen, wie etwa die Verdener Imkermischung, säen.

Die Politik hatte den Ottersberger Weg mit dreijähriger Probezeit beschlossen. In dieser Zeitspanne sollte die Verwaltung ermitteln, inwieweit die Landwirte Blühstreifen auf den Ausgleichsflächen angelegt haben. Im Umweltschutzausschuss des Gemeinderats Ottersberg, der am Donnerstagabend im Rathaus tagte, stand nun zur Abstimmung, ob es mit dem Ottersberger Weg weitergehen soll.

Zuvor hatte es Kritik von der Ottersberger Ortsgruppe des Naturschutzbundes (Nabu) gegeben: Die jetzige Kooperation mit den Landwirten sei nicht ökologisch genug, so die Argumentationslinie. Dauerhaft erhaltene Wegeränder seien dem Konzept vorzuziehen, weil sie die Lebensräume für Insekten, Niederwild und Vögel miteinander verbinden. In dieselbe Richtung weist ein Antrag der Grünen/Die Partei-Gruppe. Statt den Ottersberger Weg weiter zu gehen, möchte diese lieber dem Vorbild der Gemeinde Scheeßel folgen. Politik, Verwaltung, Landvolk, Landkreis Rotenburg und Interessenverbände haben dort gemeinsam ein Konzept erstellt, dessen Ziel es sei, „zuvor überpflügte Randstreifen von Wirtschaftswegen wieder erblühen zu lassen“, heißt es in dem Antrag.

Bereits 2017 hatte der Ottersberger Landschaftswart Wolfgang Mohr die Flächen, die von den Landwirten überackert wurden, ermittelt. Demnach waren 20 Hektar gemeindlicher Fläche lange Zeit fremdgenutzt worden. Weitere Monitoring-Runden sollten jährlich folgen.

Die Daten für 2022 zu erheben, verlief laut Verwaltungskraft Marianne Rosebrock-Germann, die im Bauamt für den Bereich Naturschutz zuständig ist, „etwas mühsam“. Die Landwirte sollten die Daten selbst übermitteln und dies habe länger gedauert als geplant. Der Datensatz, der Ende August vorliegen sollte, war ihr zufolge erst im Oktober vollständig. Wie einige Ausschussmitglieder bemängelten, musste daher eine geplante Bereisung der angelegten Blühflächen ausfallen.

Die Statusberichte ergaben beispielsweise in Fischerhude ein Plus von sechs Hektar, in Narthauen seien 2,2 Hektar zu wenig an Ausgleichsflächen angelegt worden. Im Flecken Ottersberg insgesamt war ein leichtes Minus von 1,9 Hektar festzustellen – bei 20 Hektar von Landwirten beanspruchter Gemeindefläche und 18,1 Hektar angelegten Blühstreifen. Damit ist die Zielvorgabe von mindestens 16,1 Hektar Ausgleichsflächen locker erreicht.

„Artenvielfalt umfasst viel mehr als Blumen und Bienen. Wenn die Blühstreifen nur für Honigbienen angelegt werden, ist das zu wenig“, sagte Petra Ruers (SPD). Sie forderte, dass der Ausschuss sich zunächst eingehender mit dem Thema Artenvielfalt beschäftigen solle. Sie sehe sonst die Gefahr, dass sich der Flecken auf dem Ottersberger Weg „ausruhen“ und das Konzept nicht weiterentwickeln werde.

„Natürlich wäre es ökologisch sinnvoller, wenn wir Wegeseitenränder hätten“, spielte Bürgermeister Tim Willy Weber auf den kurz zuvor eingereichten Antrag an. „Hier ging es aber nie um die ökologisch sinnvollste Lösung.“ Vielmehr sei zunächst wichtig gewesen, sich die durch Überpflügen verloren gegangenen Flächen zurückzuholen. Weber wies darauf hin, dass weitreichendere Lösungen auch mehr kosten: „Ich bin auf die Haushaltsdebatte gespannt.“ Zwar sei es schwierig zu kontrollieren, ob die Landwirte beim Ottersberger Weg auch mitspielen. Dennoch plädierte er für eine Fortführung für weitere zwei Jahre. „Wenn wir gucken, wo wir vorher waren und wo wir jetzt sind, finde ich den Ottersberger Weg sehr gut, und wir haben viel erreicht“, so Weber.

Dem pflichtete Hannah Schwarz-Kaschke (CDU-FDP-Gruppe) bei: „Wir sollten es nicht abbrechen, sondern weiterverfolgen.“ Es sei zu überlegen, wie man die Bürger als Unterstützer der Landwirte mit einbeziehen könne.

Kerstin Gliesche (Die Grünen/ Die Partei-Gruppe) regte an, dass die Landwirte die Daten künftig digital übermitteln könnten, um den Prozess zu beschleunigen. Bisher war dies offenbar per Fragebogen erfolgt. „Ich kann mir vorstellen, den Scheeßeler anzuhören“, sagte der FGBO-Fraktionsvorsitzende Holger Wieters-Froehlich. Er wolle aber „auf keinen Fall das, was jetzt ist, unterbrechen“.

Ausschussvorsitzende und Grünen-Fraktionschefin Angela Hennings zog Änderungswünsche zum Beschlussvorschlag zurück, kündigte aber an, in der nächsten Sitzung – voraussichtlich am 24. April – über den Scheeßeler Weg zu informieren sowie das Thema Artenvielfalt und Wegeseitenränder zu vertiefen.

Das Gremium empfahl mehrheitlich – bei einer Gegenstimme von Petra Ruers (SPD) – den Ottersberger Weg fortzuführen.

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