Ottersberg (kr). „Mit diesem Zulauf heute habe ich nicht gerechnet“, staunte Friedrich Bartels, Leiter der Geschichtswerkstatt des Kulturvereins im Rektorhaus in Ottersberg und suchte alle verfügbaren Stühle im Haus zusammen. Er hatte den ehemaligen Geschichtsleher, Historiker und Autor Dr. Joachim Woock („Hitlers willige Helfer. Nationalsozialisten im Landkreis Verden“) eingeladen, über das Wirken des stellvertretenden Gauleiters Ost-Hannover, Heinrich Hermann Peper aus Quelkhorn, zu referieren, ein Thema, das offenkundig bis heute viele Menschen in der Region interessiert.
Peper, 1902 in Quelkhorn geboren, war schon als junger Mann ein erfolgreicher Unternehmer im Holzhandel und sehr früh politisch interessiert. Er trat Wehrverbänden bei und kam bereits 1922 zur NSDAP, wurde dort aber offiziell erst 1927 als Mitglied geführt. Heinrich Peper war, wie sein Vater und Großvater in Quelkhorn, im ganzen Landkreis und darüber hinaus ein geachteter Mann. Geschäftsbeziehungen nach Polen, in die damalige Tschechoslowakei und Jugoslawien, aber auch nach München, der Keimzelle der NSDAP, brachten Verbindungen, die ihm nützlich waren. Auch familiäre Verzweigungen ließen Seilschaften entstehen.
Woock erklärte dem Publikum im Rektorhaus die Zusammenhänge des Aufstiegs, den Peper politisch aber auch gesellschaftlich absolvierte. Er nannte Namen wie den des Achimer Ortsgruppenleiter Wilhelm Rieke, mit dem Peper aufs Engste verknüpft gewesen sein soll. Gauleiter Otto Telschow ernannte Peper zum Kreisleiter für den Landkreis Verden, was ihm einen Karrieresprung in der NSDAP verschaffte. Mit Fotos unterlegte Woock eine historische Stunde am Oytener Berg, bei dem Peper den in Oyten angetretenen Volksgenossen für den Autobahnbau per Handschlag im März 1934 gratulierte. Goldene Abzeichen, Ehrungen und andere Auszeichnungen häuften sich für den Quelkhorner, der schließlich stellvertretender Gauleiter für den Bereich Ost-Hannover wurde. Mitglied der Waffen-SS war er ohnehin und er soll beim Einmarsch deutscher Truppen ins Sudetenland im Oktober 1938 eine führende Rolle gespielt haben, denn die Sudeten-Medaille wurde nur an Personen verliehen, die sich bei der Besetzung besondere Verdienste erworben hatten. Seine Befugnisse reichten weit und ebenso weit reichte die Gefolgschaft für ihn in seinem Heimatdorf. Wie Woock ausführte, verstand Peper es meisterlich, die Ideologie der Nazis unter die Leute zu bringen. Peper geriet in französische Gefangenschaft. 1942 erschien ein Buch als Band 30 der Reihe „Soldaten-Kameraden“ im Zentralverlag der NSDAP, worin Pepers Erlebnisse bei einem Flugzeugabsturz beschrieben werden. Darin wird ein Lagerkommandant erwähnt, der einen Gefangenen schwer misshandelte. Das brachte die menschliche Seite Pepers, die ihm viele Quelkhorner, die ihn kannten, immer bescheinigten, zu Tage. Er sorgte dafür, dass dieser Prügler schließlich vor ein Kriegsgericht kam, von dem er schließlich zum Tode verurteilt wurde. In der Dienststelle des stellvertretenden Führers Rudolf Heß in München arbeitete Peper eng mit Größen wie Martin Bormann zusammen. Ausführlich ging Woock auf die Verbindungen ein, die innerhalb der NSDAP herrschten und Karrieren ermöglichten, die bis in die höchsten Kreise führten. Nach Kriegsende tauchte Peper unter. Er lebte an einem nicht genannten Ort bei Rheden unter dem Namen Petersen, stellte sich aber 1951 in Abwesenheit in Stade einem Entnazifizierungsverfahren, mit dem er seinen Kopf aus der Schlinge zog. Als Grund für sein Abtauchen gab er an, dass er fürchtete, nach Frankreich ausgeliefert zu werden, wegen seiner Beihilfe zum Verfahren gegen den prügelnden Lagerkommandanten. Sein Abwesenheitspfleger war der ehemalige Stadtdirektor von Verden, Werner Cassebaum, der dafür sorgte, dass der Fragebogen für die politische Überprüfung Pepers recht lückenhaft akzeptiert wurde. Sogar Olga Bontjes van Beek, die Mutter der von Nazis ermordeten Cato, trug mit einem Entlastungszeugnis zur Entnazifizierung bei und Peper konnte glaubhaft versichern, nur „ehrenhalber“ in die SS aufgenommen worden, ohne jemals selbst im Dienst gewesen zu sein. Woock wartete mit vielen Details aus dem Werdegang des Quelkhorners auf. Hitlers Testament entsprechend, sollte Peper Admiral Dönitz, seinem Nachfolger als Arbeitsminister, in einem Nachkriegsreich dienen. Mit vielen Anstrengungen und Hilfe von Gleichgesinnten, die wieder in Ämtern saßen, gelang es Peper, sich trotz seines ausgeprägten Antisemitismus als „anständiger Nazi“ ab 1952 wieder ins dörfliche Leben zu integrieren. Mit seinem Vorsitz im Schützenverein, als größter Arbeitgeber im Ort, der Vereine finanziell unterstützte, bediente Peper den Verdrängungsprozess. Vom Nationalsozialismus distanziert hat er sich allerdings nie. 1984 starb er im Alter von 81 Jahren.