Oyten (kr). Etwa sieben Streitfälle pro Jahr, manchmal auch mehr, waren es in den vergangenen neun Jahren, die Lore Cordes, Schiedsfrau der Gemeinde Oyten im Bereich Süd zu bearbeiten hatte. Nun ist Schluss und Bürgermeister Manfred Cordes, Ute Klee, stellvertretende Amtsgerichtsdirektorin aus Achim und Lore Cordes' Schiedskollege Christoph Berthold, zuständig für Oyten Mitte, nahmen den Lore Cordes’ Rückzug aus dem Ehrenamt in einer kleinen Feierstunde im Rathaus zum Anlass, um die Verdienste der engagierten Oytenerin zu würdigen.
Manfred Cordes sprach dabei den großen gesellschaftlichen Wert an, den Schiedspersonen wie Lore Cordes der Allgemeinheit leisten würden. „Sie schaffen Frieden, sparen Geld und bemühen sich, gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Sie sorgen für ein zufriedenes Zusammenleben zerstrittener Parteien. Sie arbeiten in der Stille und schaffen es, dass Menschen, die oft Jahre nicht mehr miteinander gesprochen haben, sich einigen. Das ist ein wertvoller Dienst für die Bürger, besonders angesichts der zunehmenden Anonymität“, so der Bürgermeister und Ute Klee schloss sich diesen Worten an.
„Ich habe das Amt gerne ausgeübt, aber jetzt bin ich Rentnerin und möchte ein wenig mehr Zeit für mich haben“, erklärt Lore Cordes ihren Rückzug. Sie dankte der Gemeinde für die hilfreiche Unterstützung in den vergangenen neun Jahren, die nicht in allen Kommunen üblich sei. Die Schlichtungen konnten immer im Rathaus stattfinden, dort standen Computer und Drucker zur Verfügung, worauf die Vereinbarungen dokumentiert werden konnten, denn ein Schiedsamt habe auch viel mit Papierkram zu tun. Für den Antragsteller einer Schlichtung sei der Vorgang nicht kostenlos. 50 Euro müsse im Voraus an die Gemeindekasse gezahlt werden. Drei bis vier Stunden pro Fall sei der durchschnittliche Zeitaufwand für die Schiedsleute. Nachbarschaftsstreitigkeiten seien oft von den Jahreszeiten abhängig, erzählte Lore Cordes, was Berthold, der seit 2001 im Amt ist, bestätigte. Wenn in den Gärten der Natur freier Lauf gestattet wird und es so richtig schön wuchern würde, sei das oftmals ein Konfliktpotenzial: Unbeschnittene Hecken, überbordende Bäume und Wurzeln, die über die Grundstücksgrenzen hinausgingen, seien immer wieder Grund für Streitigkeiten. Ursache sei auch, dass die Leute in den Häusern immer dichter in einer engen Bebauung zueinander rücken würden, weil die Grundstücke kleiner seien. Da sei es unvermeidlich, dass Grills, Feuerschalen und Grenzen missachtende Katzen für Unfrieden sorgten. Darüber hinaus habe sich eine Anonymitätskultur breitgemacht, die man durchaus als Unsitte bezeichnen könne. Die Menschen, in der Regel Neubürger, würden sich kaum noch grüßen, auch nicht, wenn sie direkt nebeneinander in einer Straße wohnen würden. Viele würden gescheiterte Schiedsverfahren auch gerne als Steilvorlage für einen Gerichtsprozess nehmen. „Die wollen nicht miteinander reden, die wollen klagen,“ ist die Erfahrung von Lore Cordes, die viele Fortbildungsseminare besucht hat. Nun sucht die Gemeinde Oyten eine zweite Schiedsperson, die nicht junger als 30 Jahre sein sollte, im Bereich ihres Schiedsamtes wohnen, unbescholten und nicht in einem Insolvenzverfahren stecken dürfe. Interessierte Bürger können sich noch bis Montag, 30. April, bei der Gemeinde melden, wenn sie Interesse an dieser ehrenamtlichen Tätigkeit haben. Der Rat wird dann aus den Vorschlägen eine geeignete Person dem Amtsgericht Achim zur Bestellung als Schiedsperson vorschlagen.