Jedes Jahr erscheinen in Deutschland Tausende neue Bücher. Doch wie entsteht ein Buch? - VON CORINNA TONNER

Bücher sind ihre Leidenschaft

Die Autoren Anneliese Hamann und Andreas Mundt mit ihren Büchern. Hamann hat sich auf Bücher für Senioren spezialisiert, Mundt schreibt vor allem Krimis. ©

Welche Ideen sind für das Publikum interessant, wie muss ein Verlag kalkulieren? Wir haben in Rotenburg bei der Edition Falkenberg nachgefragt.

Rotenburg – Welche Themen interessieren Leserinnen und Leser besonders? Und welche nicht? Das ist die Kernfrage, so Verlegerin Linda Falkenberg: „Das Problem ist ja nicht, ein Buch zu machen. Das Problem ist, das Buch auch wirklich zu verkaufen.“ Sie hat ihre Nische gefunden: „Wir setzen auf regionale Geschichten, das können Krimis sein, aber auch Sagen und Geschichten.“

Als Verlegerin muss sie entscheiden, welche Themen gehen und welche nicht. „Corona geht gar nicht“, meint Falkenberg. „Viele Autoren hatten das Bedürfnis, die Corona-Zeit literarisch zu verarbeiten, von ihren Erfahrungen zu berichten.“ Ein Ansinnen, das Falkenberg für wenig erfolgversprechend hielt, auch wenn einige Bücher zum Thema erschienen sind: „Die Leute hatten die Nase voll von Corona. Die waren froh, als es vorbei war mit den Corona-Maßnahmen“, meint er. Die Bücher entstehen im Wohnzimmer der Familie Falkenberg und das ist auch kaum zu übersehen. Große Bücherregale dominieren den Raum, auf einem Tisch steht ein großer PC, an dem die zukünftigen Werke mit dem Layout-Programm Indesign bearbeitet werden. Es gebe drei Möglichkeiten für die Initialzündung zu einem Buch: Ein Autor hat eine Idee und schickt sie dem Verlag, der Verlag hat eine Idee und kontaktiert einen Autor oder eine Autorin, die sich mit dem Thema gut auskennt, oder der Verlag publiziert für Institutionen. In ihrem Fall sind das zum Beispiel das Staatsarchiv Bremen und die Evangelische Kirche, die Schriften zur Kirchengeschichte veröffentlicht. Die Autoren haben sehr viele Ideen, erzählt die Verlegerin: „Wir bekommen jede Woche rund zehn Mails mit Vorschlägen zu einem Buch. Das ist in der Regel eine Leseprobe, ein Lebenslauf und eine Übersicht darüber, was in dem Buch stehen soll und wie es gegliedert ist, also ein Exposé.“ Dann geht es mit diversen Korrekturschleifen zwischen Verlag und Autor oder Autorin hin und her. Es dauert mindestens zwei bis drei Monate, bis das Manuskript fertig ist, bei langfristig angelegten historischen Sachbüchern können es auch Jahre sein. Wenn das Manuskript schließlich fertig ist, stellt die Verlegerin sicher, dass die Seitenzahl durch 16 teilbar ist. „Das ist in der Druckersprache ein sogenannter Bogen. Dieser wird auf die Größen einer Buchseite gebracht, indem er so gefaltet wird, dass 16 Seiten entstehen. Das kann man auch erkennen, wenn man genau hinschaut“, sagt sie und zeigt ein Beispiel. Gedruckt wird häufig in einer digitalen Kleinauflage von 200 Exemplaren, die jederzeit schnell aufgestockt werden kann. Gemeinsam mit ihrem Mann Kai, einem gelernten Buchhändler, der Kulturwissenschaften studiert hat, betreibt sie seit 2012 ihren Verlag Edition Falkenberg. Davor hat die gebürtige Zevenerin in Bremen studiert und bei dem Bremer Verlag Edition Temmen ihre Ausbildung gemacht. Im Marketing ist sie versiert: „Wir haben ein regionales Netzwerk, das auch jenseits der Spiegel-Bestellerliste greift.“ Das sind inhabergeführte Buchhandlungen in Rotenburg, Worpswede und Osterholz, vor allem aber auch Supermärkte wie der Rewe-Markt von Fintel in Rotenburg bis nach Bremen im Mühlenviertel: „Das ist unsere Nische“, erklärt die Verlegerin. „So erreichen wir Leserinnen und Leser, die normalerweise nicht in einen Buchladen gehen.“ Ein weiteres wichtiges Element ist der Preis: „Es gibt eine imaginäre Grenze für Mitnahme-Artikel, die momentan bei 14,90 Euro liegt“, so die Verlegerin. Früher habe diese Grenze bei 9,90 Euro gelegen. „Das hat sich durch die Ukraine-Krise und die Inflation nach oben verschoben.“ Die Ideen gehen der Verlegerin und ihren Autoren nicht so schnell aus. Pro Jahr produziert sie rund 40 Bücher, und die Autoren sind motiviert, wie Anneliese Hamann und Andreas Mundt betonen. „Es ist immer eine individuelle Motivation“, sagt Mundt, der Heilerziehungspfleger ist und Krimis mit geistig behinderten Hobby-Detektiven schreibt. Hamann sagt: „Ich habe immer geschrieben. Man muss etwas für seinen Kopf tun.“