Wunschbox: Sechsjährige Mila kämpft gegen Krebs und hat einen großen Traum - Von Dennis Bartz

Ein Herz und eine Flosse

Trotz ihrer schweren Krebserkankung ist Mila ein aufgewecktes, fröhliches Kind. ©Rotenburger Rundschau

Rotenburg. Prinzessin, Fußballstar, Astronaut oder gleich ein echter Superheld – Kinder haben oft die fantastischsten Berufswünsche. Das gilt auch für die sechsjährige Mila Sofia, die eines Tages Delfintrainerin werden möchte. „Die Tiere faszinieren sie“, sagen ihre Großeltern Annegret und Joachim Weber aus Rotenburg. Die beiden haben sich an die Wunschbox-Redaktion der Rotenburger Rundschau gewandt, weil sie ihrer an Krebs erkrankten Enkelin ein Treffen mit Delfinen ermöglichen möchten. „Wir hoffen, dass ihr die Vorfreude auf diese tierische Begegnung Kraft für ihre Behandlung und die anstehende Operation gibt.“

„Mila ist trotz ihrer schweren Erkrankung ein fröhliches und aufgewecktes Kind“, erzählt ihre Familie. Das kleine Mädchen ist ein Fan von Anna und Elsa aus dem Film „Die Eiskönigin“, kuschelt gerne mit Retriever-Hündin Sissi und spielt viel mit Lego.

Als sie am 28. August 2013 zur Welt kommt, ist das Familienglück von Ann-Kathleen Lehmann und Sascha Wiechern sowie Milas beiden großen Geschwistern Nikita und Lena vollkommen. Das Mädchen entwickelt sich zunächst prächtig.

Als sie ein Jahr ist, bemerkt die Familie jedoch, dass etwas nicht stimmt. Milas rechtes Auge tritt immer weiter hervor. Die Ursache ist zunächst unklar, dann entdecken die Ärzte in der Professor-Hess-Kinderklinik in Bremen in der MRT einen überaus seltenen und aggressiven Rhabdoid-Tumor am Sehnerv. Trotz Chemotherapie können die Mediziner Milas Auge nicht retten. „Bei der Operation im Februar 2015 hing ihr Leben am seidenen Faden, eine schlimme Zeit“, erinnert sich Großmutter Annegret Weber.

Die OP glückt und noch bis Juli 2015 läuft die Chemotherapie weiter, von März bis Mai des Jahres muss sich Mila zudem Bestrahlungen im Westdeutschen Protonentherapiezentrum in Essen unterziehen.

Kurz vor ihrem zweiten Geburtstag erhält die Familie dann die erlösende Nachricht, dass der Krebs besiegt ist. Mila verlässt die Klinik und geht in den städtischen Kindergarten Rappelkiste, in dem sie schnell Freunde findet.

Doch ihr Alltag unterscheidet sich weiter deutlich von dem der Kinder in ihrem Alter. Sie muss sich täglich einer anstrengenden Prozedur unterziehen: „Die leere Augenhöhle muss gründlich gereinigt werden, weil die Entzündungsgefahr sehr groß ist. Das dauert jeden Morgen eine halbe Stunde. Erst wenn sie ausgewachsen ist, bekommt sie ein Glasauge. Bis dahin hat sie eine Augenepithese, eingefasst in Silikon, die aufgeklebt wird“, erklärt Großvater Joachim Weber. Mila habe schnell gelernt, damit umzugehen. „Und beim Spielen mit Freunden ist das nie ein Thema“, freut sich Annegret Weber, die insgesamt sieben Enkel hat.

Ihre Hoffnung, dass Milas Leidenszeit damit endet und sie fortan ein gesundes Leben führen kann, erfüllt sich nicht. Das Schicksal schlägt ein weiteres Mal zu: Bei einer MRT im Juli dieses Sommers sehen die Ärzte einen Tumor im rechten Arm. Die Biopsie, eine gründliche Gewebeuntersuchung, ergibt, dass es sich um ein Ewing Sarkom handelt: einen seltenen und bösartigen Tumor, der in erster Linie Knochen befällt.

Die Familie steht wieder am Anfang und Kathrin Denk, Pädagogin an der Professor-Hess-Kinderklinik, wird für die Eltern zur wichtigen Bezugsperson: „Die Diagnose ist ein Schock. Aber es ist so wichtig, dass wir stark für Mila sind und auf ihr Verhalten während der Therapie richtig eingehen. Kathrin Denk hat uns immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden“, so Ann-Kathleen Lehmann.

Der Therapieplan startet im Spätsommer mit sechs hoch dosierten Chemoblöcken, die sich noch bis in das kommende Jahr ziehen werden, danach ist eine Operation unumgänglich. „Wir hoffen, dass dann keine Amputation notwendig ist. Der Tumor hat zwar auf die Chemo angesprochen, er ist jedoch noch groß und sitzt im Speichen-Unterarmknochen“, sagt Mutter Ann-Kathleen, die im Steueramt der Stadt Rotenburg arbeitet und derzeit krankgeschrieben ist. „Der Arbeitgeber hat zum Glück Verständnis“, sagt Joachim Weber.

Als sich die zweite Krebsdiagnose abzeichnet und schließlich bestätigt, steht Mila gerade vor einem großen Tag. Nach drei Jahren im Kindergarten freut sie sich auf die Einschulung in die Rotenburger Stadtschule. „Darauf wollte sie trotz ihrer Erkrankung nicht verzichten und es war uns wichtig, das zu ermöglichen“, erzählt Milas Mutter.

Statt Unterricht im Klassenzimmer und Toben mit Freunden auf dem Schulhof steht für Mila bald danach Haus- und Stationsunterricht an. „Ihre Lehrerin Melanie Kótai ist sehr engagiert und liebevoll. Mila mag sie sehr“, dankt Ann-Kathleen Lehmann, die stolz auf ihre kleine Kämpferin ist: „Mila hat einen sehr starken Charakter und ist fast immer fröhlich. Sie kommt mit ihrem Handicap erstaunlich gut zurecht. Jedoch leidet sie zunehmend unter den Bedingungen der Therapie. Am schlimmsten empfindet sie nicht die Medikamente oder Schmerzen, sondern, dass sie wegen der Immunschwäche ihre Freunde nicht sehen kann. Sie darf nicht in die Schule gehen und ihre langen blonden Haare sind ausgefallen. Im Krankenhaus ist sie deshalb häufig frustriert.“

Zu Hause wird Mila vom mobilen Dienst der „Bremer Engel“ betreut. Die Mitarbeiter nehmen Blut ab, spülen ihren Katheter und übernehmen weitere Aufgaben, um die Eltern zu unterstützen. Nach der Operation im kommenden Jahr folgen dann weitere acht Chemoblöcke, die jedoch nicht mehr so intensiv sein werden.

Ihre Familie tut alles, um Mila den Krankenhausalltag so angenehm wie möglich zu machen: „Sie genießt es, wenn ich ihr den Rücken streichele und die Füße massiere – wenn ich damit aufhöre, bekomme ich gleich Druck, dann wird gemeckert“, lacht Großmutter Annegret Weber und erinnert sich an einen schönen Moment: „Wir haben neulich Verstecken gespielt auf der Station – dabei hat Mila fast vergessen, dass sie ihren Infusionsständer dabei hatte.“

Die Atmosphäre auf der Station fünf des Klinikums sei sehr gut und Mila helfe es, dass sich Freundschaften unter den Kindern und Eltern bilden. Den Ärzten, dem Pflegepersonal und den Therapeuten spricht die Familie ein Lob aus: „Sie sind unendlich geduldig und liebevoll im Umgang mit ihr. Eine sehr wichtige Bezugsperson im Krankenhaus ist auch ihre Musiktherapeutin Anne Bolte. Mit ihr bastelt Mila, musiziert und macht Quatsch.“ Das Mädchen freut sich immer auf den Besuch der Klinikclowns am Mittwoch.

Eine enge Vertraute von Mila ist ihre 19-jährige Schwester Lena. Die beiden feiern am selben Tag Geburtstag. „Sie sind ein Herz und eine Seele“, betont Ann-Kathleen Lehmann. „Beide leiden unter der Trennung, aber Lena besucht Mila häufig. Einen Großteil der Therapie verbringe ich mit ihr stationär in Bremen.“

Weihnachten muss sie das nicht, denn Mila ist dann zu Hause. Aber schon am Donnerstag, 26. Dezember, startet dann die nächste Chemotherapie – die Vorfreude auf ein Treffen mit Delfinen soll ihr dabei Kraft schenken.

• Um die Kosten für eine Auslandsreise zu den Delfinen zu stemmen, sammelt die gemeinnützige Gesellschaft Flugkraft für die Rundschau Spenden unter IBAN DE56 2806 9052 0227 1010 03 bei der Raiffeisenbank Strücklingen-Idafehn eG. Spender, die ihre Adresse angeben, erhalten eine Spendenquittung.