Nach KVA-Veto: Was tun für Erzieher in Rotenburg? - VON TOM GATH

Irritation ums Stipendium

Eine Kita ohne Erzieher? Ganz so schlimm, wie es auf diesem Archivbild der Botheler Feldmäuse den Anschein hat, ist es noch nicht. Aber der Fachkräftemangel ist auch in der Region ein Riesenproblem.
 ©Baucke

Rotenburg – Die Krise des Kita-Systems war am Mittwochabend Thema einer Podiumsdiskussion im Rotenburger Buhrfeindsaal, denn die Personalnot spitzt sich nach wie vor immer weiter zu. Ein lang debattiertes Thema hat Bürgermeister Torsten Oestmann allerdings schon vorab von der Agenda gestrichen: Stipendien für angehende Erzieher seien rechtlich nicht möglich, der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) habe der Stadt eine klare Absage erteilt.

Stipendien seien demnach nur für Studierende möglich. „Danach müssen wir uns richten“, sagte Oestmann, der gerne eine Förderung auf den Weg gebracht hätte, zunächst infolge der Absage.

Die schulische Ausbildung zum Sozialpädagogischen Assistenten (zwei Jahre) und darauf aufbauend zum Erzieher (weitere zwei Jahre) wird in Niedersachsen nicht vergütet. Für manche Auszubildenden kommen zwar finanzielle Hilfen über das Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög) infrage. Doch das ist für Oestmann keine tragfähige Lösung: „Der Nachwuchs muss angemessen honoriert werden, das ist das Thema.“

Auch wenn das grundsätzliche Problem der fehlenden Bezahlung auf Landes- und Bundesebene gelöst werden muss, haben andere Gemeinden im Landkreis Rotenburg durchaus Möglichkeiten gefunden, an lokalen Stellschrauben zu drehen. So versucht die Samtgemeinde Sittensen, ein duales Ausbildungssystem umzusetzen. Sechs bereits ausgebildete Sozialpädagogische Assistenten können dort wöchentlich drei Tage in einer kommunalen Kita arbeiten und zwei Tage die Berufsschule besuchen, um sich zum Erzieher fortbilden zu lassen. Durch diese berufsbegleitende Ausbildung haben die angehenden Erzieher die Möglichkeit, erstes Geld zu verdienen. Auch die Stadt Rotenburg nutzt das System der berufsbegleitenden Ausbildung seit dem vergangenen Jahr.

Der Vorstand vom Rotenburger Diakonissen-Mutterhaus, Matthias Richter, sieht eine duale Ausbildung jedoch kritisch. Er ist nicht nur für drei Kitas mit insgesamt 340 Plätzen verantwortlich, sondern auch für die größte Erzieherschule der Region. Richter sieht in den Kitas keine ausreichenden Kapazitäten, um Azubis im laufenden Betrieb anzulernen. Er befürchtet, dass die Qualität der Ausbildung sich dadurch verschlechtern würde.

Die Stadt Bremervörde fördert jedes Jahr zwei Neueinsteiger schon im ersten Teil der Ausbildung zum Sozialpädagogischen Assistenten mit monatlich 350 Euro, ohne auf ein duales System zu setzen. Die Azubis besuchen nur die Berufsschule und müssen das Stipendium nicht zurückzahlen. Voraussetzung ist lediglich ein Bezug zur Stadt Bremervörde, die aktuelle Bewerbungsfrist endet am 30. April. Eigentlich genau das Modell, das sich Oestmann auch für Rotenburg wünscht, aber laut dem KAV tarifrechtlich nicht möglich sei.

Das Rathaus in Bremervörde ist jedoch der Meinung, dass der KAV bei der Vergabe von Stipendien gar nicht mitreden darf. „Der KAV ist der Ansprechpartner, wenn es um Beschäftigungsverhältnisse geht. Bei Stipendien dieser Art wird aber niemand von uns eingestellt“, sagt der Bremervörder Bürgermeister Michael Hannebacher. Er habe keine Bedenken, dass die Stipendien rechtlich unzulässig sind. Die Stadt Zeven und die Samtgemeinde Selsingen bieten ähnliche Förderprogramme wie Bremervörde an.

Gegenüber der Kreiszeitung will sich der KAV Niedersachsen zu diesen offensichtlich widersprüchlichen Ansichten nicht äußern. „Dies machen wir üblicherweise nur gegenüber unseren Mitgliedern“, heißt es in der Antwort aus Hannover. Auch die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände hat als bundesweiter Dachverband kein Interesse daran, die Verwirrung öffentlich aufzuklären.

Es ist also durchaus denkbar, dass die Stadt Rotenburg die Angelegenheit erneut angeht und als Mitglied das Gespräch mit dem KAV sucht, um trotz der grundlegenden Probleme der Erzieherausbildung wenigstens lokale Einzelmaßnahmen gegen den Kita-Notstand auf den Weg zu bringen. „Wir bleiben an dem Thema dran“, verspricht Oestmann.

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