Wunschbox: Die alleinerziehende neunfache Mutter Nicole Monteith-Dähn fährt Heißluftballon - Von Dennis Bartz

Völlig losgelöst

Nicole Monteith-Dähn packt selbst mit an, um den Ballon fahrbereit zu machen.
 ©Dennis Bartz

Sottrum. „Mit dem Feuer, das uns in die Lüfte erhoben hat, und mit dem Saft, den wir so lieben, und der Erde, die uns wieder hat, taufe ich Dich auf den Namen Gräfin Nicole, die glückliche Ballonfahrerin, schwebend im Abendhimmel, genießend die himmlische Ruhe.“ Als Ballonfahrer Dunker Müller aus Sottrum Rundschau-Leserin Nicole Monteith-Dähn nach der Landung mit dem Heißluftballon in den Adelsstand erhebt, strahlt die alleinerziehende neunfache Mutter übers ganze Gesicht. „Das war einfach traumhaft. Das hatte ich mir mein ganzes Leben gewünscht“, schwärmt die 50-Jährige.

Ihre Tochter Fenja hatte sich im Rahmen der Wunschbox-Aktion in der Adventszeit an die Rundschau gewandt, weil sie den großen Traum ihrer Mutter erfüllen wollte. „Sie ist immer für uns da, vor allem für meine Schwester, die schwer an Mukoviszidose erkrankt ist – leider kommt meine Mutter selbst dabei aber immer viel zu kurz“, erklärte die Krankenschwester damals.

Als Oberhaupt der Großfamilie funktioniert Monteith-Dähn jeden Tag. Von morgens, wenn sie die Kinder weckt und zur Schule bringt, bis in den späten Abend, wenn irgendwann alle schlafen und sie einen der wenigen Augenblicke alleine ist. Freizeit: Fehlanzeige. Die 50-Jährige strotzt trotzdem jeden Tag vor Energie und Tatendrang – sie lässt sich nicht anmerken, dass sie bis heute nie Zeit dafür gefunden hat, die Schicksalsschläge in ihrem Leben zu verarbeiten. „Ich kenne keinen Menschen, der so viel erlebt hat und trotzdem jeden Tag immer wieder aufsteht, um zu kämpfen und für die Familie da ist“, beschreibt es Tochter Fenja.

Monteith-Dähn hat in ihrem Leben drei Partner auf tragische Art und Weise verloren. Ihr zu diesem Zeitpunkt bereits geschiedener Ehemann Wolfgang, mit dem sie fünf Kinder hat – Felix, Ferris, Fabian, Fenja und Florian – verstarb 2012 an den Folgen eines Norovirus. Ihr zweiter Partner, der Vater der erkrankten Milena, kam 2004 bei einem Motorradunfall ums Leben. „Ich hatte ihn sonst immer auf dem Sozius begleitet – dieses eine Mal hatte ich keine Zeit. Er ist mit 180 Kilometern pro Stunde auf einen Trecker aufgefahren. Weil er keine Angehörigen hatte, musste ich ihn identifizieren“, erinnert sich Monteith-Dähn, die am Tag nach der Beerdigung erfuhr, dass sie schwanger ist.

Mit Gunter glaubte Monteith-Dähn nun endlich ihr Lebensglück gefunden zu haben. Doch es kam anders: Am 31. Juli 2016 verstarb ihr Partner an den Folgen einer Wurzelbehandlung. Es entwickelte sich eine Blutvergiftung. Die Not-Operation half nicht, seine Organe versagten. Monteith-Dähn: „Nach einer Woche starb er – ausgerechnet am Geburtstag meines Sohnes Ferris.“ Seitdem steht ihr Entschluss fest: „Ich möchte mich ganz auf meine Kinder und Enkel konzentrieren. Ich lasse keinen Mann mehr in mein Leben.“

Der Traum vom Ballonfahren begleitete sie fast ihr gesamtes Leben. „Dort oben sind all die Probleme ganz klein – und das allerbeste ist: Es ist einmal ganz ruhig und der ganze Alltagsstress fällt dann bestimmt von mir ab“, hoffte Monteith-Dähn vor ihrer großen Fahrt. Doch bevor diese an einem sonnigen Abend von einem freien Grundstück in Sottrum starten kann, muss sie anpacken. Denn als sie dort ankommt, ist der Ballon samt Korb noch auf einem Anhänger verstaut.

Kein Problem für Monteith-Dähn, die nicht lange fackelt: „Es ist für mich wie ein großes Abenteuer, dabei mitzuhelfen, den Ballon vorzubereiten“, berichtet sie, während ein Ventilator laut brausend Luft in die noch schlaffe Hülle des Ballons bläst. Mit einem Gasbrenner wird die Luft kurz darauf erhitzt und sorgt so für den nötigen Auftrieb. Bereits wenige Minuten später ist es soweit: Nach einer kurzen Sicherheitseinweisung durch den erfahrenen Ballonfahrer Dunker Müller erhebt sich der Korb lautlos vom Boden.

Nur das impulsartige Fauchen der etwa einen Meter hohen Flamme des Gasbrenners ist zu hören, als der Heißluftballon in den blauen Abendhimmel steigt. Der Wind gibt die Fahrtrichtung vor: von Sottrum schwebt der Ballon mit seinen Passagieren sicher in Richtung Nordwesten, über Felder, Straßen und Wälder hinweg, bis Monteith-Dähn schließlich nach etwa einer Dreiviertelstunde den Otterstedter See unter sich entdeckt. Bis zu 750 Meter Höhe erreicht sie – „von dort oben habe ich sogar die Nordsee am Horizont in der Sonne glitzern sehen, ein unvergesslicher Anblick, einfach traumhaft“, schildert Monteith-Dähn nach der sicheren Landung in einem Feld westlich von Otterstedt ihre Eindrücke in allen Details. „Die Zeit ist wirklich wie im Fluge vergangen“, sagt sie und lacht.

Noch am darauffolgenden Tag gibt es für Gräfin Nicole, die glückliche Ballonfahrerin, kein anderes Thema: „Es ist und bleibt ein unvergessliches Erlebnis für mich. Ich habe sogar in der Nacht davon geträumt, wie ich mit dem Ballon durch die Wolken schwebe.“ Ihr großer Dank gilt deshalb Dunker Müller, der ihr die Reise ermöglicht hatte.

Die Rundschau erfüllt auch 2019 mit Hilfe von Lesern und Unternehmen die besondere Wünsche von Menschen, die es im Leben nicht immer leicht haben oder durch ihren persönlichen Einsatz eine Aufmerksamkeit verdienen. Bewerbungen von Wunschpaten bitte per E-Mail an wunschbox@rotenburger-rundschau.de. Die Rundschau stellt die besten Ideen in der Adventszeit vor und sucht nach Unterstützern. Wer selbst eine Fahrt mit dem Heißluftballon buchen will, besucht die Internetseite www.ballonfahrt-mueller.de.

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