Mit drei Jahren fertigte er seinen ersten Scherenschnitt an. Die Lust am graphischen Gestalten und am Zeichnen sollte ihn für den Rest seines Lebens nicht mehr loslassen. Heinz Fehling machte seine Leidenschaft zum Beruf, wurde einer der bedeutendsten Werbe-Grafiker der jungen Bundesrepublik. In diesem Jahr wäre der früh verstorbene Scheeßeler 100 Jahre alt geworden.
Das Interesse an Fehling und seiner Zeit ist groß, nicht nur im Beeke-Ort, wo der Künstler 1989 nach langer schwerer Krankheit seine letzte Ruhe fand. Die 50er Jahre sind "in“. Angesichts einer ökonomisch schwierigen Gegenwart blicken viele Menschen offenbar gerne zurück auf die Wirtschaftswunderjahre der Republik. Zwei Ausstellungen und ein druckfrisches Buch laden zu Zeitreisen ein. Die eine Schau wurde bereits im April eröffnet, sie ist noch bis Ende Mai im hessischen Friedberg, im Foyer der Ovag-Hauptverwaltung, zu sehen. Initiatorin ist Dörthe Herrler, die Großnichte des Künstlers. Von ihr stammt auch der Bildband "Heinz Fehling: Leben, Kunst, Reklame“, der auf mehr als 200 Hochglanzseiten eine umfassende Werkübersicht, erläuternde Texte und Fotos aus familiärem Privatbesitz vereint (ISBN: 978-3-9815015-0-6). Aber auch in Fehlings Heimatort soll an den Werbe-Grafiker erinnert werden. Nicht nur, dass eine Straße im neuen Wohnquartier nahe der Beekeschule seinen Namen tragen wird. Ihm soll auch erstmals seit 2005 wieder eine Ausstellung im Ort gewidmet werden. Die Macher stehen bereits in den Startlöchern. Nach einem Festakt vor geladenen Gästen am 19. Mai – zu dem Dr. Hans-Eckhard Dannenberg, Geschäftsführer des Landschaftsverbandes der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden, einleitende Worte beisteuert – wird am Sonntag, 20. Mai, ab 11 Uhr die ofizielle Vernissage gefeiert. Unter dem Motto "Heinz Fehling – Scheeßels Wirtschaftswunder“ gibt es Musik der Hot Fifties, eine Oldtimerschau und natürlich die Chance, erstmals einen Blick in die Ausstellung zu werfen, die bis zum 11. November im Kunstgewerbehaus auf dem Meyerhof gezeigt wird. Weitere Veranstaltungen sollen über die kommenden Monate hinweg das Scheeßeler Programm zum Fehling-Jahr ergänzen: - Am Freitag, 1. Juni, 20 Uhr, läuft in der Aula der Grundschule Scheeßel der Filmklassiker "Der dritte Mann“ aus dem Jahre 1949, zu dem Fehling das berühmte Kino-Plakat schuf, das heute im Bonner Haus der Geschichte hängt. - Am Samstag, 2. Juni, präsentiert Volker Prüser im Scheeßeler Nötel-Haus an der Mühlenstraße ab 20 Uhr unter dem Titel "Ham’se nicht’ ne Frau für mich“ musikalische Schätze aus der Zeit Fehlings. - Am Donnerstag, 7. Juni, spricht Fehling-Kenner Ernst Friesecke ab 15 Uhr im Nötel-Haus über Leben und Werk des Künstlers. - Am Montag, 1. Oktober, wird in der Grundschule Scheeßel ab 20 Uhr eine Dia-Shau mit Fehling-Motiven präsentiert. - Am Samstag, 13. Oktober, 20 Uhr, wird in der Aula der Scheeßeler Grundschule das britische Filmdrama "Kleines Herz in Not“ aus dem Jahre 1948 gezeigt, zu dem Fehling das Kino-Plakat entworfen hat. "Es wird noch weitere Veranstaltungen geben“, sagt Heimatvereinsvorsitzende Christine Behrens mit Blick auf Ausstellungen im Rathaus, der Wassermühle und der Sparkasse. Zeitweilig werden somit an vier Orten in der Gemeinde Fehling-Bilder zu sehen sein. Der Aufwand zum Fehling-Jahr rechtfertigt sich ohne Weiteres aus der Bedeutung, die dem Werbe-Künstler zukommt. Er war maßgeblich daran beteiligt, die Reklame der Nachkrigsjahre von den Fesseln der reinen Produktinformation zu lösen und ihr ungeahnte künstlerische Möglichkeiten zu eröffnen. Fehling spielte mit den Sehnsüchten des Publikums, ließ immer wieder schöne junge Frauen in durchaus neckischen Posen für Waren werben, die zur damaligen zeit so gar nicht mit Weiblichkeit in Verbindung gebracht wurden – etwa Schmieröl oder Bier. Das revolutionäre Konzept kam an, bald schon gehörten etliche große Unternehmen zu seinem Kundenstamm. Der Scheeßeler war ein Marketing-Pionier, er entwarf "Werbewunderwelten, die vor ihm noch niemand so gekonnt schuf“, wie Herrler in ihrem Buch schreibt. Und er war fleißig, solange es seine fortschreitende Multiple Sklerose zuließ. Neben seinen Auftragsarbeiten entstanden ständig auch ganz private Werke, kleinen Zeichnungen auf Briefpapier, Skizzen, Karikaturen. Nicht alles blieb erhalten, vieles aber doch. Fehling hinterließ der Nachwelt trotz einer im Grunde kurzen aktiven Schaffensphase – unterbrochen vom Krieg und früh beendet durch die Krankheit – einen großen, freilich recht zerstreuten Fundus. Das Jahr seines 100. Geburtstages bietet die Gelegenheit, einen Überblick über das Gesamtwerk zu gewinnen und dabei eine ungewöhnliche Lebensgeschichte zu entdecken, die an der Beeke begann und nach vielen Stationen auch dort endete.