Sittensen – Samtgemeindebürgermeister Jörn Keller äußert sich im Interview zu wichtigen Projekten in der Samtgemeinde.
Welche Themen stehen schwerpunktmäßig in diesem Jahr oben auf der To-do-Liste?
Jörn Keller: Die Fertigstellung unserer Bauprojekte. Zum 31. Juli der Anbau an der Sittenser Grundschule, dann laufen die Arbeiten am Neubau der Kita Zum Fahnenholz, gestern ist der Spatenstich für die Kita in Klein Meckelsen erfolgt. Diese beiden Objekte sollen im Herbst fertig sein. Ein weiteres Anliegen ist mir die Reaktivierung der Bahnstrecke Zeven-Tostedt. Zur Umsetzung gibt es Versprechen, auch seitens der Landesregierung. Also werden wir Menschen auf dieser Ebene immer wieder daran erinnern, auch im Schulterschluss mit dem Samtgemeindebürgermeister aus Zeven. In unserem Samtgemeinderat herrscht dazu ebenfalls Konsens. Ein wichtiges Projekt ist auch der Klimaschutz. Da müssen wir mehr Tempo aufnehmen. In diesem Jahr wird ein Klimaschutzmanagereingestellt, der sich um alle die Samtgemeinde betreffenden Aspekte kümmern wird. Am Herzen liegt mir unser Freibad. Ich bin zu meinem Amtsantritt damit angetreten, mich für den Erhalt des Freibades vor Ort einzusetzen. Das hat nach wie vor Priorität. Von Beginn an habe ich ein Gutachten gefordert. Jetzt, im dritten Dienstjahr, ist es endlich vom Samtgemeinderat in Auftrag geben worden und soll im ersten Quartal dieses Jahres fertig sein. Dann wissen wir ganz genau, was, wie zu welchen Kosten gemacht werden müsste, um es vor Ort zu erhalten. Die Samtgemeinde kann sich nicht leisten, dieses Freibad zu verlieren. Wichtig ist, dass wir in eine Förderung kommen. Wir müssen schauen, wie die Finanzierung gelingen kann. Das Freibad stellt einen wesentlichen Freizeitfaktor dar, und es geht um die Schwimmfähigkeit der Bevölkerung. Ukraine-Krieg, Corona-Krise: Welche Auswirkungen haben sie für die Samtgemeinde? Jörn Keller: 140 Menschen aus der Ukraine sind derzeit in der Samtgemeinde untergebracht. Da aber der Wohnraum begrenzt ist, stehen wir vor der Entscheidung, ob und wieweit wir noch Mobilbauten mieten oder kaufen müssen. Die Lage ist sehr unübersichtlich, so dass es schwierig ist, zu prognostizieren, wie viele Menschen noch untergebracht werden müssen. Gleichzeitig sind aber auch Menschen anderer Nationen unterzubringen. Im besten Fall könnten wir das in eigenem, noch verfügbarem Wohnraum. Also mieten wir weiter an, die Angebote werden jedoch deutlich weniger. Leider gibt es auch kein aktuelles Lagebild seitens des Landes, so dass wir hier vor Ort nicht verlässlich planen können. Die Corona-Pandemie ist ja offiziell mehr oder weniger für beendet erklärt worden, nach wie vor verzeichnen wir aber krankheitsbedingt personelle Ausfälle. Ich hoffe nicht, dass wir noch einmal mit einer größeren Welle zu kämpfen haben. Wo liegen die Knackpunkte, was die finanzielle Entwicklung der Samtgemeinde in 2023 angeht? Jörn Keller: Die Aufstellung des Haushaltes gestaltet sich schwierig, weil wir eine steigende Belastung durch die Lohnkosten verzeichnen. In diesem Jahr ist eine tarifliche Erhöhung zu erwarten, was den Mitarbeitenden gegönnt sei, aber bei einem rund 250-köpfigen Personalstamm nicht unerhebliche Auswirkungen mit sich bringt. Hinzu kommen die steigenden Energiekosten. Insofern müssen wir Einsparungen in allen Bereichen vornehmen. Dennoch hat dieser Haushalt ein Rekordvolumen von rund 20 Millionen Euro. 60 Prozent davon investieren wir in die Zukunft und entfallen auf die Bereiche Kitas und Schulen. Dabei reden wir nur von den Betriebskosten, nicht von den Kosten für die Neubauten. Wir als Verwaltung sind auf die finanziellen Mittel angewiesen, sprich auf die Samtgemeinde-Umlage, die die Mitgliedsgemeinden an die Samtgemeinde abführt. Die Aufgaben für Kitas, Schulen, Feuerwehren, Freibad hat die Samtgemeinde voll umfänglich übernommen. Da die Börde wächst, wachsen naturgemäß auch die Ausgaben für die notwendige Infrastruktur. Insofern ist eine Erhöhung der Umlage aus meiner Sicht unumgänglich. Ich hoffe sehr, dass wir in der Samtgemeinderatssitzung am 2. Februar zu einem genehmigungsfähigen Haushalt kommen. Welche Auswirkungen haben die hohen Energiekosten auf die Unterhaltung des Freibades? Jörn Keller: Hohe Stromkosten durch die Pumpen, Gasverbrauch, wenn die Absorberanlage mangels Sonne nicht arbeitet. Noch hat der alte Gastarifvertrag Gültigkeit, neu ausgeschrieben wird für 2024. Sollte es seitens der Bundesregierung wieder einen Aufruf zum Energiesparen geben, hat das sicher auch Auswirkungen. Klimaschutz: Ist die Samtgemeinde ausreichend gerüstet? Jörn Keller: Wir wollen die regenerative Energieerzeugung voranbringen. Dächer von Liegenschaften der Samtgemeinde sollen da, wo es Sinn macht, mit Photovoltaik ausgestattet werden. Bei den beiden Kita-Neubauten sind Anlagen vorgesehen, auch die Kläranlage wird geprüft. Nicht nur, um den dortigen, immensen Strombedarf zu decken, auch im Hinblick auf den Klärschlamm, um ihn zu nutzen und Energie zu erzeugen. Wir müssen aber schneller werden, dazu wird die Verwaltung ihren Beitrag leisten. Kinderbetreuung ist immer ein Thema: Wohin geht die Entwicklung? Jörn Keller: Alle Kinder, die zum Sommer 2023 angemeldet sind, bekommen im Elementarbereich einen Platz. In der Krippenbetreuung wird die Luft dünner. Die beiden Neubauten müssen erst fertig sein, dann kommt in Klein Meckelsen eine Krippengruppe dazu. Im Elementarbereich entsteht in beiden Einrichtungen jeweils eine neue Gruppe. Bei der Sittenser Kita Unter’m Regenbogen ist ein Anbau vorgesehen, so dass es dort wie fast überall in unseren eigenen Einrichtungen fünf Gruppen gibt. Außer in Wohnste, wo auch noch Plätze frei sind. Damit sind wir gut aufgestellt. Allerdings sind Zuzüge noch nicht berücksichtigt. Die Betreuungszeiten können wir in diesem Kita-Jahr bis 15 Uhr stabil halten. Wir sind weiterhin bemüht, die Zeiten auszudehnen, sofern es die personellen Ressourcen zulassen. Auch nach alternativen Betreuungsmöglichkeiten schauen wir uns um. Was hat Sie das vergangene Jahr gelehrt? Jörn Keller: Eine sehr gute Erfahrung war für mich die öffentliche Veranstaltung zu den Kita-Betreuungszeiten. Auch wenn der Austausch verständlicherweise kontrovers und teilweise auch emotional stattgefunden hat, sind solche öffentlichen Diskussionsforen enorm wichtig. Sie sollen nun häufiger durchgeführt werden, denn eine offene, ehrliche und transparente Kommunikation hilft uns allen weiter. Das Feedback danach war positiv, auch wenn der Tenor in den sozialen Medien ein anderer war. Wenn Sie einen Wunsch frei hätten für die Samtgemeinde: Welcher wäre das? Jörn Keller: Eine offene und sachliche Diskussionskultur. Bei meinem Amtsantritt habe ich klar kommuniziert, dass ich Fragen und Kritik zu gewissen Vorgängen im persönlichen Austausch klären möchte. Es fehlt leider oft an Grundvertrauen zu den handelnden Personen. Kritik ist völlig legitim, aber ohne persönlich anzugreifen. Leider lässt der Ton in den sozialen Medien oft zu wünschen übrig. Ich wünsche mir Wertschätzung und einen respektvollen Umgang auf Augenhöhe. Welcher Film- oder Liedtitel würde zum Jahr 2023 passen? Jörn Keller: Dazu fällt mir das neue Lied von Herbert Grönemeyer „Deine Hand“ ein, das mich besonders beeindruckt hat. In dem Text wird genau das beschrieben, was wir brauchen: Zusammenhalt, um Probleme zu lösen, das Fokussieren auf die wichtigen Dinge, gemeinsames Handeln und gegenseitige Hilfe, um ein Ziel zu erreichen. Das wird immer wichtiger.