In Raesfeld unter der Erde

Mitglieder Bürgerinitiative 'Hassendorf unter Strom' informierten sich im nordrhein-westfälischen Raesfeld darüber, wie die Erdverkabelung vor Ort verlief. ©BI

Hassendorf (r/as). Mal schauen, wie die Wunschlösung in der Umsetzung aussieht: Das hatte sich die Hassendorfer Bürgerinitiative „Hassendorf unter Strom“ (kurz: „Bi-HuS“) vorgenommen und jüngst einen Ausflug ins nordrhein-westfälische Raesfeld organisiert. Dort wurde auf einer Strecke von circa 3,4 Kilometern eine Höchstspannungs-Wechselstromleitung per Erdkabel verlegt – eine Technik, der die Bürgerinitiative als Lösung für die kommende Stromleitung Stade-Landesbergen auf Gemeindegebiet den Vorzug geben würde.

20 Personen machten sich unter Einhaltung der Corona-Auflagen in mehreren Autos und zwei Kleinbussen auf den Weg in Richtung holländische Grenze, unter ihnen vier Ratsmitglieder und weitere interessierte Hassendorfer. Nach Besichtigung der Ausstellung „380 KV“ am Schloss Raesfeld Bernd Nienhaus die Reisenden „Der Leiter eines Planungsbüros in dem Ort hat maßgeblich die Bauarbeiten der Erdkabeltrasse als Vertreter der Landwirtschaft vor Ort begleitet“, erklärt die Bürgerinitiative in ihrer Pressemitteilung. Demnach sprach der Planer viele technische und soziale Aspekte der 2015 fertiggestellten Trasse an. So wies Nienhaus darauf hin, wie wichtig das geschlossene Auftreten der Ortsbevölkerung für die Durchsetzung ihrer Interessen ist. Nur gemeinsam könne man seine Forderungen durchsetzen und darauf achten, dass alles im Sinne eines fachgerechten Verlaufs der Baustelle umgesetzt wird.

Viele neue Erkenntnisse hätten die Fahrt zu einem Erfolg für alle Beteiligten gemacht, heißt es in der Pressemeldung. Und Neuigkeiten gab es einige: „Entgegen der bisherigen Informationen, erhalten Landwirte außer einer einmaligen Entschädigung für die Nutzung ihrer Flächen für die Leitung auch noch über mehr als zehn Jahre hinaus Entschädigungen für durch die Erdkabel geminderten Erträge. Auch wurde uns berichtet, dass Horizontalbohrungen einer Länge von mindestens einem Kilometer technisch machbar sind“, so die Mitglieder der Initiative. Neben der offenen Bauweise würden Erdkabel bereits durch Kabelpflugverfahren, Horizontalbohrung oder Tunnelbauweise verlegt. „Die ausführenden Firmen haben offensichtlich Probleme damit, gegenseitig Erfahrungen auszutauschen. Amprion hat bereits bei Borken die Horizontalbohrung und bei Wesel Tunnelbauweise erfolgreich durchgeführt, beides auf der Leitungsstrecke in der auch Raesfeld liegt“, kommentiert die Bürgerinitiative. Außerdem sei es entgegen jüngster Behauptungen auch möglich, die Kabelverbindungsstellen auch so zu setzen, dass sie nicht an der Oberfläche zu sehen sind. „Beide Übergabestationen sind besichtigt worden. Man darf sie sich, entgegen den derzeitigen Ausführungen, keineswegs wie einen ein Hektar großen Bereich voller Umspanntechnik vorstellen“, heißt es in der Pressemeldung. Interessant für die Hassendorfer ist, dass die Firma Tennet auf ihrer Homepage (https://www.tennet.eu/de/unser-netz/rund-um-den-netzausbau/erdverkabelung/einsatz-von-erdkabeln-im-tennet-netz/, abgerufen am 30. September) besonders für ihre Technologie der Erdverkabelung – „und das, wo sie doch bei den Infoabenden 2019 im Dorfgemeinschaftshaus Hassendorf argumentierte, dass es darüber keinerlei Erfahrungen gibt“, so die Vertreter der Bürgerinitiative. Als Beleg für den Widerspruch sehen sie ein Zitat auf genannter Internetseite: „Tennet setzt sich dafür ein, die Teilverkabelung im Höchstspannungsnetz systematisch weiterzuentwickeln. Denn dies kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die gesellschaftliche Akzeptanz für die dringend notwendigen Netzausbauprojekte zu steigern.“ Erschrocken seien die Teilnehmer der Fahrt über Infos zum Bau von Masten gewesen: „Im Vorfeld müssen extra Betonstraßen gebaut werden, damit die schweren Maschinen überhaupt durch die Landschaft in die Wümmeniederung gelangen können. Damit diese Masten am Ende stabil stehen, ist es erforderlich, Fundamente aus bis zu 160 Kubikmeter Beton zu erstellen – und das pro Mast! Wir dürfen das nicht zulassen“, heißt es in der Pressemeldung. Für die Initiative ergibt sich aus dem Ausflug eine Reihe von Vorschlägen beziehungsweise Forderungen für einen guten Erdkabeleinsatz. So könnten bei künftigen Verlegungen zeitgleich Leerrohre in die Erde kommen, damit später ohne erheblichen Aufwand nachgerüstet werden kann. Außerdem könne Erdverkabelung in neuen Baugebieten durch Anlegen von Wegen, Straßen, Grünanlagen oder Ähnlichem integrieret werden. Und letztlich müssten von der Verlegung betroffene Bauern, unter deren Feldern die Kabel verlaufen, gerecht und so lange entschädigt werden, wie Ernteeinbußen zu verzeichnen sind.