Hassendorf. Schon vor einer etwaigen Kabelverlegung scheint ein tiefer Graben durch Hassendorf zu gehen. Freileitung oder Erdkabel: An der Umsetzung des Stromtrassenneubaus Stade-Landesbergen im Bereich der Gemeinde scheiden sich die dortigen Geister. Das spiegelte sich auch im Verlauf der jüngsten Ratssitzung wider, als es erneut darum ging, wie sich der Rat offiziell zum Streitthema positioniert.
Dabei hatte es bereits einige Vorbereitungen gegeben, um diesmal zu einer Stellungnahme zu gelangen, die alle Ratsmitglieder, aber auch die Aktiven von der Bürgerinitiative (BI) „Hassendorf unter Strom“ mittragen können. So teilte Bürgermeister Klaus Dreyer (SPD) mit, es habe mehrere Vier-Augen-Gespräche mit Vertretern der BI geben, die zuletzt zum Zusammentreffen der Ratsmitglieder und der BI-Aktiven geführt haben. Am Ende hätte der Konsens bestanden, als Rat bei einer möglichen Erdverkabelung eine Verlegung zu befürworten und zu unterstützen, die östlich und südlich an der Gemeinde vorbeiläuft. „Wir hatten eine gemeinsame Grundlage, für die jeder ein Stückchen nachgegeben hat“, fasste Dreyer das Ergebnis der interfraktionellen Sitzung aus seiner Sicht zusammen. Er wünschte sich nun wieder Frieden in der Gemeinde, der jetzt nicht an Worten scheitern solle, und erinnerte daran, dass nicht der Rat das letzte Wort über die Umsetzung der Verkabelung habe: „Es bleibt jetzt abzuwarten, ob die Landesbehörde für Wirtschaft und Verkehr in Hannover im Rahmen des im nächsten Frühjahr beginnenden Planfeststellungsverfahrens ein Erdkabel ermöglicht und die jetzt vorgeschlagene Trasse befürwortet“, konkretisierte er nach der Veranstaltung am Montag.
Zumindest im ersten Teil der Sitzung wollte sich der beschworene Frieden allerdings nicht einstellen. Grund dafür war, dass einige Ratsmitglieder mit dem Beschlussvorschlag nicht einverstanden waren, den die Verwaltung nach der interfraktionellen Sitzung erarbeitet hatte. Der lautete passend zur Schilderung des Bürgermeisters: „Bei einer möglichen Erdverkabelung durch die Hassendorfer Gemarkung befürwortet und unterstützt der Gemeinderat den in der interfraktionellen Sitzung vorgestellten östlich/südlichen Trassenvorschlag der Bürgerinitiative Hassendorf unter Strom“. Dreyers Parteikollegin Petra Guderian war der Vorschlag nicht konkret genug. Sie sprach sich für eine Formulierung aus, in der sich der Gemeinderat ausdrücklich für die Erdverkabelung ausspricht. Sie wollte die Formulierung „Bei einer möglichen Erdverkabelung“ gestrichen wissen: „Das ist eine unnötige Einschränkung, ein überflüssiger Weichmacher“. Sozialdemokratin Hannelore Mann-Sander ging in ihrer Kritik einen Schritt weiter, als sie sagte: „Wir haben einen gut durchdachten Vorschlag von der BI zu einem alternativen Verlauf und der Rat tut gut daran, diesen mit Vehemenz zu unterstützen.“ Verärgert war sie über das, was die Verwaltung den Ratsmitgliedern als Beschlussvorlage nach der interfraktionellen Sitzung vorgelegt hatte: „Stattdessen haben wir diesen von der Gemeinde verfassten Dreizeiler, den ich nur als Witz bezeichnen kann“. Helga Busch (Grüne) sprang ihren Vorrednerinnen bei und sprach sich ebenfalls dafür aus, bei der BI einzuhaken: „Was sie geleistet und vorbereitet hat, ist in Sachlichkeit und Argumentation hervorragend.“ Hermann Rugen (CDU) schien sichtlich genervt vom Hin- und Her, aber auch davon, wie mit ihm als Bedenkenträger hinsichtlich der Erdverkabelung umgegangen werde. Er sprach sich dafür aus, über den Vorschlag der Verwaltung abzustimmen, andernfalls die Sitzung zu unterbrechen und in den Fraktionen nochmals zu beraten. Und so kam es auch: Nach kurzem Rückzug zur Beratung machte sich schnell Einigkeit breit. Philipp Willenbrock (CDU) war es wichtig, sowohl am „guten Geist“ der interfraktionellen Sitzung als auch am Ziel der Erdverkabelung festzuhalten und war für eine überarbeitete Variante des Beschlussvorschlags. Parteikollege Niklas Vajen schlug schließlich eine Formulierung vor: „Der Gemeinderat Hassendorf unterstützt den neuen, alternativen Vorschlag der Bürgerinitiative Hassendorf unter Strom für einen Erdkabeltrassenverlauf östlich/südlich um Hassendorf, mit ihren aufgeführten Argumenten.“ Damit war auch Guderian zufrieden, denn die Ratsherrin wollte die Ausführungen der Bürgerinitiative zum Teil des Ratsbeschlusses machen. Letzten Endes votierte der Rat einstimmig für diesen Kompromiss.