Hellwege. Bereits das vierte Mal spielte Artem Yasynskyy im Heimat und Kulturhaus in Hellwege (Huk), aber die Begeisterung für das junge Ausnahmetalent lässt nicht nach. Mit mehr als 80 Gästen war der Saal im Huk gut gefüllt und der schwarze Steinwayflügel glänzte im Scheinwerferlicht.
Edwin Bohlmann, der diesen Abend in Zusammenarbeit mit der Kulturinitiative Sottrum organisiert hatte, sprach freundliche Begrüßungsworte und schon bald trat Yasynskyy an den Flügel. Der Klavierspieler ist 1988 in Donezk in der Ukraine geboren und gewann bereits als Kind etliche Musikpreise. Seine Lehrerin bestand darauf, dass ihr Schüler, sobald er eine Aufgabe geschafft hatte, dieses Ergebnis einem Publikum präsentierte. So verlor Artem schnell die Scheu vor den Zuschauern und sein ungezwungenes, aus sich heraus agierendes Klavierspiel ist ihm bis heute erhalten geblieben. Das Programm begann mit der Englischen Suite Nr. 2 a-Moll von Johann Sebastian Bach, die er souverän präsentierte. Danach gab es „Aus dem Volksleben“, op. 19 von Edvard Grieg mit den Teilen eins, „Auf den Bergen“, zwei, „Norwegischer Brautzug im Vorüberziehen“, und drei, „Aus dem Karneval“. Alle Stücke transportierte der Künstler in seiner Virtuosität am Flügel so bildhaft zum Publikum, dass die einzelnen Themen quasi im Raum schwebten. Der Rundumblick von den norwegischen Bergen ebenso, wie der Vorbeizug einer Hochzeitsgesellschaft, die am Schluss in der Ferne „verschwand“.
Als Musikstück vor der Pause ließ Yasynskyy die berühmte Toccata und Fuge d-Moll von Bach erklingen. Es war erstaunlich, wie dieses monumentale Orgelwerk durch die Bearbeitung von Ferruccio Busoni mit einem Konzertflügel seine Energie auch in dem Saal des Kulturhauses entfalten konnte. Nach der Pause zeigte Yasynskyy, dass er nicht nur Kraft in seinen Händen hat, sondern auch mit der gefühlsbetonten Musik von Fredéric Chopin, Ballade no. 1 g-Moll, umgehen kann. Wie die Hände des Ukrainen leicht über die Tasten des Klaviers glitten, machte deutlich, was diesen Pianisten, der auch als Dozent in Bremen lehrt, besonders ausmacht: der ungebändigte Spaß am Spielen. Dazu war dann auch die nächste Musikdarbietung sehr geeignet: Das Stück „Carnaval As-Dur“, op. 9 von Robert Schuhmann, zeichnete mit der musikalischen Interpretation von Yasynskyy, die verschiedenen Figuren des Karnevals in die Luft. Da stolzierten der Pierrot und die anderen Karnevalbeteiligten vorbei, in zackigen Drehungen sah man Tänzer und die Darsteller des bunten Klamauks erschienen vor den Augen der begeisterten Hörer dieses besonderen Klavierabends. Nach überschwänglichem Applaus und einzelnen Begeisterungsrufen spielte Yasynskyy als Zugabe noch Debussy, und es tauchten vor dem inneren Auge elfenhafte Gestalten auf, die im Nebeldunst dieser Musik ihre Kreise tanzten. Als der Beifall immer noch nicht enden wollte, bat der Künstler das Publikum, es solle ihm etwas zurufen, mit dem er improvisieren könne. Nach verwirrtem Zögern rief jemand „Rachmaninoff“ und sogleich begann Yasynskyy mit diesem Thema, nicht ohne Humor, zu spielen. Das Konzert fand nach dieser unkonventionellen Zugabe unter anhaltendem Beifall ein Ende und die Gäste verließen den Konzertsaal des Heimat- und Kulturhauses in Hellwege mit der Gewissheit, wieder einmal einen herausragenden Musikabend genossen zu haben.