Sottrum. Mit fast 250 Jahren auf dem Buckel noch einmal den Lebensmittelpunkt verändern: Auf „Dat ole lüttje Huus“ kommt noch einmal Großes zu. Seit 1778 steht die unter diesem Namen bekannte Kate auf dem Geestrücken des Hofs Bredenberg. Das Gebäude auf dem Grundstück der Landwirte Martin und Nils Wellbrock in Buschhausen bei Osterholz-Scharmbeck hat im Laufe der Jahrhunderte schon vieles erlebt – nun kommt trotz des hohen Alters noch der Umzug nach Sottrum dazu.
Die Zimmerei-Fachfirma Bischoff war bis vor Kurzem noch mit dem Abbau des Zwei-Ständer-Hauses beschäftigt, der inzwischen abgeschlossen ist. Damit kommt der Heimatverein Sottrum der Realisierung seiner Pläne für ein neues altes Gebäude auf dem eigenen Gelände wieder ein ganzes Stück näher. Verwandtschaftliche Beziehungen von Mitgliedern des Vereins nach Osterholz-Scharmbeck haben das möglich gemacht. „Wir haben dieses historische Gebäude für uns sichern können. Es wird zunächst bis zu seinem Wiederaufbau fachkundig gelagert“, erklärt Vereinsvorsitzender Hans-Jürgen Krahn. Auch Lager und Wartezeit werde es in Einzelteilen überstehen – „ebenso wie es auch bislang allen Witterungsverhältnissen trotzen musste“, ist sich der Vereinschef sicher.
Für Verzögerungen in der Umsetzung des Projekts sorgt die derzeit andauernde Corona-Krise. So war ursprünglich geplant, dass sich die Gremien des Vereins noch mit Einzelheiten der Angelegenheit auseinandersetzen, doch damit werden die Verantwortlichen wohl noch eine Weile warten müssen. „Wir sind da jetzt etwas gehemmt und können leider auch keine Perspektive darauf geben, wann es mit dem Aufbau losgeht“, sagt Vorstandsmitglied Hermann Pape bedauernd. Zielort für das Fachwerkhaus ist das Sottrumer Heimatgelände. „Dort soll es später neben dem Heimathaus, der alten Remise, der Scheune sowie dem Speicher eine bauhistorische Einheit bilden und den Ortskern mit Rathaus und Kirche gegenüber prägen, also den Ort an der Wieste noch attraktiver machen“, heißt es in einer Pressemeldung des Heimatvereins. Er wird lediglich das Backhaus etwas verschieben müssen, dann ist auf dem Gelände Platz für den Neuzugang. Womit der Verein ihn füllen möchte, steht bislang nur in groben Zügen fest: „Thematisch greifen wir die Geschichte des Hauses auf und hoffen, dass es bald im Sinne einer breiteren Heimat- und Kulturpflege genutzt werden kann“, erklärt Pape. Vor geraumer Zeit lebten Mensch und Tier dicht an dicht in dem Zweiständerhaus, im Rahmen des Zweiten Weltkriegs beherbergte der Hof auch Zwangsarbeiter. „Die Familie hat sie damals gut aufgenommen. Das hat so ein friedenstiftendes Moment, das wir in die spätere Nutzung aufnehmen wollen“, sagt Pape. Das neue Heimat- und Kulturhaus soll auch der Integration dienen, vielfältig nutzbar sein. „Es soll ideal sein für kleine Ausstellungen und andere öffentliche und kulturelle Veranstaltungen. Warum nicht auch als Sommercafé?“, fügt das Vorstandsmitglied hinzu. Dazu stehen noch einige Fragen im Raum wie: Warum sollte das Haus nicht der literarischen und gestalterischen Entfaltung dienen? Warum nicht der Begegnungen von und mit Menschen aus anderen Kulturen und Ländern? „Beim Thema ¸Heimat‘ muss man eben auch respektvoll über den eigenen Tellerrand hinaus blicken, um auch das was Heimat bedeutet mehr als bisher zu schätzen“, so Pape. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg – allerdings haben die Zimmerleute mit dem Abbau bereits eine große Teilstrecke zurückgelegt, und zwar „behutsam“, wie Pape betont. „Das ist teils sehr filigrane Arbeit, die verlangt Fingerspitzengefühl“. Die Handwerker hatten zunächst alle Balken des Fachwerks und ihre Verbindungen nummeriert, damit beim Wiederaufbau alles zurück an seinen Platz findet. Dann entfernten die Profis Reet und Sparren vom Dach und schließlich die Steine aus dem Gebälk. „Wir werden das Material nicht eins zu eins so benutzen können, das Haus ist immerhin schon ein paar 100 Jahre alt“, erläutert Pape. Was an Steinen, Sockeln und Balken noch etwas taugt, ist inzwischen in Sottrum zwischengelagert. Auf rund 500.000 Euro schätzt der Verein die Kosten für das Fachwerkhaus, seinen Abbau, Umzug und Wiederaufbau vor Ort. „Dabei ist es aber gut zu wissen, dass die Finanzierung des Baus durch Förderungen und großzügige Zuwendungen gesichert ist“, sagt das Vorstandsmitglied.