Plattdeutsches Blues-Drama mit Lars-Luis Linek und Wolfgang Timpe im Brockwischenhus - Von Janila Dierks

Der Streit um Lilo

Lars-Luis Linek und Wolfgang Timpe lieferte Blues auf Plattdeutsch.
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Hemslingen. Mit einem ordentlichen „Moin!“ begrüßten Lars-Luis Linek und Wolfgang Timpe ihre Zuhörer am vergangenen Wochenende im Hemslinger Brockwischenhus. Sie blickten mit strahlenden Gesichtern auf ein volles Haus, das auf die Frage „Geiht ji dat good?“ mit einem satten „Jo“ antworten konnte. Dann griff Timpe auch schon zur Gitarre und Linek zu gleich zwei Mundharmonikas, forderte seinen Musikerkollegen auf: „Speel mol ‘n beten wat!“ und schon erklang ein erster Blues.

Der Kulturverein Brockwischenhus hatte die beiden Musiker mit ihrem aktuellen Programm „Kuddl un Fiete – eine plattdeutsche Bluesstory“ als Auftaktveranstaltung des Jahres 2018 nach Hemslingen geholt und konnte sich mit rund 75 Besuchern nicht nur über einen vollen Saal, sondern auch über viel Begeisterung und Zuspruch für die beiden Künstler und das Ambiente freuen.

Jürgen Schmidt, Schriftführer des Kulturvereins, hatte seine Begrüßung noch auf Hochdeutsch gehalten. Doch sobald die Musiker die Bühne betraten wurde platt gesprochen und gesungen. Doch Timpe und Linek vollbrachten nicht nur den Kunstgriff Hamburger Platt mit Bluesklängen zu verbinden – sie verpackten Sprache und Musik zusätzlich in eine zusammenhängende Geschichte von einer ganz besonderen Hamburger Freundschaft, der Freundschaft zwischen Kuddl und Fiete.

Fiete, der eigentlich Friedrich von Fienbrot heißt, ist Reederssohn aus Blankenese und „wat spiddelig, man plietsch“.

Kuddl dagegen, dessen wirklicher Name Karl-Heinz Bullerjahn lautet, kommt aus einer Elbfischerfamilie aus Finkenwerder und er ist so groß, stark und sportlich, dass er mit einem Sportstipendium auf dieselbe Eliteschule geht wie Fiete. So ungewöhnlich diese Freundschaft vielleicht anmuten mag, umso klassischer ist schließlich der Grund, um den sich die beiden zerstreiten: ein Mädchen. Sie heißt Lilo und mag erst den starken Kuddel, doch der zieht schließlich hinter dem charmanten Fiete den Kürzeren. Die beiden Freunde verlieren sich aus den Augen. Kuddl fährt erst zur See und wird dann Elbfischer, wie sein Vater, während Fiete die Reederei übernimmt.

Mit kurzen Erzählpassagen, von Linek vorgetragen, waren es vor allem die Lieder, die sowohl durch die Geschichte als auch durch den Abend führten. Eingängige Refrains mit trockenen, typisch plattdeutschen Sprüchen wie „Wat mutt, dat mutt“ regten das Publikum schnell zum Mitsingen an. Die raffinierten Soli auf Mundharmonika und Gitarre sorgten immer wieder für begeisterten Zwischenapplaus. Dabei variierte Timpe zwischen Western- und Akustikgitarre und Linek zwischen gleich acht verschieden gestimmten Mundharmonikas.

Gerade der Klang und die Virtuosität von Linek an der Mundharmonika bestaunten die Zuhörer mit Bewunderung. „Wir haben wohl alle mal ein bisschen auf einer Mundharmonika gespielt – aber nicht so“, brachte es Schmidt auf den Punkt. Linek und auch Timpe sind beide seit rund 40 Jahren Berufsmusiker. Linek ist einer von drei professionellen Mundharmonikaspielern europaweit und spielte auf Aufnahmen von James Last und Howard Carpendale genauso wie in Sendungen des Großstadtreviers und der Sesamstraße. Auch Timpe war jahrelang neben dem Musikerdasein als Produzent und Komponist für Gunter Gabriel sowie verschiedenste deutsche Fernsehproduktionen unterwegs. Getroffen haben sie sich im Tonstudio bereits vor 35 Jahren, doch erst seit fünf Jahren sind sie gemeinsam unterwegs und machen zusammen Blues auf Plattdeutsch.

Dabei nutzen sie die volle Bandbreite an Ausdruckskraft von Bluesklängen. Wenn Kuddl Liebeskummer hatte, weinte auch Lineks Mundharmonika sehnsuchtsvoll, wenn es zum Streit kam, dann ging es musikalisch deutlich schneller und rhythmischer zur Sache. Spontan und mit sichtlicher Freude spielten die Musiker nicht nur ihre Instrumente, sondern auch mit ihren Figuren und dem Publikum. So machte Linek gleich zu Beginn des Abends klar: „Wenn wir danke sagen, sagen wir nicht einfach ‚Vielen Dank‘ oder ‚Dankeschön‘ – wir sagen ‚Von Harten schöön Dank‘ und ihr sagt dann ‚Do nich för‘.“

Mit einem Augenzwinkern adressierte Linek seinen Musikerkollegen im Laufe der Geschichte immer wieder als Kuddel und als dann im Streit von Kuddl und Fiete buchstäblich die Wortfetzen flogen, erscheint die Rollenverteilung klar. Doch schließlich nahm die Geschichte und damit die Freundschaft ein gutes Ende. Kuddl und Fiete waren inzwischen beide verheiratet, beide hatten ein Kind bekommen und Sohn und Tochter lernen sich schließlich in der Seefahrtsschule kennen. Als ein Enkelkind auf dem Weg ist und die Hochzeit von Jan und Franziska ansteht, müssen auch die beiden Hamburger Sturköpfe einsehen: Striet is Schiet!

Bei begeistertem Schlussapplaus beendeten Linek und Timpe den Abend schließlich erst nach der zweiten Zugabe mit dem Titel „Kiek mol wedder in“.

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