Notfallsanitäter Andreas Paetzold erleidet Herzinfarkt im Dienst - VON MATTHIAS RÖHRS

Geretteter Retter

Andreas Paetzold ist froh, dass seine Kollegen aufgepasst haben. ©Matthias Röhrs

Söhlingen/Achim. Für einen gebürtigen Ostwestfalen ist das schon eine recht norddeutsch trockene Aussage. Andreas Paetzold spricht von einer „dummen Sache“, wenn er die Geschichte seines Herzinfarktes einleitet. Dass er diesen verhältnismäßig gut überstanden hat, verdankt er seinen Kollegen, sagt er. Paetzold ist Notfallfallsanitäter in Achim – und der Infarkt kam im Dienst. Ein Vorfall, der ihn zum Nachdenken brachte – über seinen Beruf und sich selbst.

Es war der 20. Juni. Ein ruhiger Tag im Job, erinnert sich der 53 Jahre alte Söhlinger. Es habe keine aufregenden Vorfälle gegeben, aber es war ein heißer Tag. Als letzten Einsatz seiner Schicht musste er einen Patienten reanimieren – höchste Kraftanstrengung und Stress also. Für jemanden wie Paetzold nichts Ungewöhnliches, das gehört zum Job. Etwa zehn Minuten lang ging die Reanimation. Als der Notarzt eintrifft, hat der Patient bereits wieder einen Herzrhythmus. Nun sollte er nach Rotenburg gebracht werden für ein CT. Dort angekommen „war es mir zum ersten Mal komisch“.

Er habe sich fürchterlich schlapp gefühlt, es aber auf das Wetter geschoben. Zurück auf der Wache in Achim, fällt seiner Kollegin auf, dass etwas nicht stimmt, dass Paetzold nicht gut aussieht. Er wollte eigentlich lieber Feierabend machen und nach Hause zu seiner Familie fahren. Jetzt weiß er, dass er vermutlich nie dort angekommen wäre. Stattdessen gab es erst ein kleines und danach ein großes EKG, danach die Rückkehr ins Diako nach Rotenburg – nur dieses Mal als Patient. „Im Rettungswagen hat sich alles bei mir gedreht“.

Drei Tage verbrachte Paetzold auf der Intensivstation, danach ging es zurück zu seiner Frau und seinem fünfjährigen Sohn. Mittlerweile befindet er sich in einer Reha-Klinik und hofft, danach noch als Notfallsanitäter arbeiten zu können. Er hofft, dass dieser Vorfall keine dienstlichen Konsequenzen für ihn haben wird. Es war nicht das erste Mal, dass Paetzold mit Herzinfarkten im Rettungsdienst zu tun hatte. In einem früheren Leben war er Feuerwehrmann in Ostwestfalen. Dort sei ein Kamerad an einem Herzinfarkt gestorben. Immer wieder höre man von solchen Fällen, er selbst kennt zwei weitere.

„Man muss sich zur Ruhe zwingen in dem Job“, erläutert Paetzold die Strategie, mit dem Stress umzugehen. Doch das könne nicht ewig so weitergehen, fordert er die Politik auf. Notfallsanitäter sein mit 67 Jahren? Das kann er sich nur schwer vorstellen, das sei körperlich gar nicht machbar. Der Job sei über die Jahre anspruchsvoller und verantwortungsvoller geworden. Paetzold hat Glück, er wurde als Feuerwehrmann verbeamtet, für ihn wird es schon weitergehen. „Aber die Kollegen stehen irgendwann verlassen da.“

Die Kollegin, die ihm zum EKG gefahren hat, hat er gleich am Tag nach dem Infarkt angerufen. Sie sei immer noch schockiert gewesen. Doch Paetzold ist dankbar – nicht nur ihr gegenüber, sondern gegenüber allen Kollegen. Er habe überredet werden müssen. „Mich hat die Achtsamkeit der Kollegen gegenüber anderen sehr beeindruckt, das gibt es nicht mehr viel heutzutage.“

Man nehme die Anzeichen selbst gar nicht war. Die Sache habe viel mit Selbstüberschätzung zu tun, gesteht er den Irrglauben ein, Anstrengung und Stress einfach wegstecken zu können. Zumal der zwar immer nur in Intervallen käme, dafür aber umso stärker ist. Paetzold ist sich sicher, er würde jeden Kollegen mit denselben Symptomen nach Hause geschickt haben. Bei sich selber lege er da offenbar andere Maßstäbe an, stellt er selbstkritisch fest. „Es muss immer erst etwas passieren, bevor man überlegt, was für Konsequenzen das haben kann.“