Lässt sich das Haus mit viel Eigenkapital leichter finanzieren?

München - Es ist eine weit verbreitete Ansicht: Immobilienkäufer profitieren von einem hohen Kapitaleinsatz. Doch diese Ansicht trifft nicht auf jede Situation zu.

Für den Eigenkapitaleinsatz bei der Baufinanzierung sind starre Regeln noch immer weit verbreitet. So lautet eine gängige Ansicht, dass man mindestens 40 Prozent des Immobilienkaufpreises aus eigener Tasche bezahlen sollte, weil man dann einen günstigen Zinssatz beim Hypothekendarlehen erhält. Schließlich vergeben Banken Top-Zinssätze in der Regel bis maximal 60 Prozent Kreditanteil vom Kaufpreis.

Nach Angaben des Kreditvermittlers Interhyp halten sich Immobilienkäufer aber immer seltener an solche Kreditregeln. Vielmehr wählen sie den Eigenkapitaleinsatz für die Finanzierung ihren Bedürfnissen entsprechend sehr individuell. Eine Umfrage von 2011 zeigt: 38 Prozent planen, 20 bis 30 Prozent des Kaufpreises aus eigener Tasche beizusteuern. Ein Viertel der Befragten (27 Prozent) möchte mehr als 40 Prozent des Kaufpreises in die Finanzierung investieren, während knapp zwölf Prozent nur die Kaufnebenkosten begleichen möchten. „Bei der Frage nach der richtigen Eigenkapitalhöhe gibt es keinen Königsweg“, sagt Robert Haselsteiner, Vorstand der Interhyp AG. Die Antwort darauf sei so individuell wie jedes Bauvorhaben selbst. „Neben den verfügbaren Eigenmitteln spielen bei den Überlegungen das Zinsniveau und alternative Anlagemöglichkeiten eine große Rolle“, so Haselsteiner.

Für möglichst viel Eigenkapital spricht folgende Logik: Je mehr eigene Mittel in die Finanzierung einfließen, desto weniger Darlehen braucht der Haus- oder Wohnungskäufer. Und je weniger Fremdkapital von der Bank benötigt wird, desto günstiger fällt der zu zahlende Zins aus. „Hinzu kommt, dass es bei den Banken in der aktuellen Niedrigzinsphase (Stand 2011, Anm. d. Redaktion) nur eine geringe Guthabenverzinsung für das Ersparte gibt“, sagt Haselsteiner. Angesichts niedriger Sparzinsen sei es unrentabel, vorhandene Ersparnisse auf der Bank liegen zu lassen. Kreditnehmer sollten ferner bedenken, dass ein hoher Eigenkapitaleinsatz kleine Darlehensbeträge ermöglicht – eine Voraussetzung für überschaubare monatliche Kreditraten. Allerdings beeinflussen das Zinsniveau am Markt sowie die gewählte Anfangstilgung ebenfalls die Kreditrate.

Wie groß der Sparunterschied zwischen hohem und geringem Eigenkapitaleinsatz sein kann, verdeutlichen zwei Finanzierungsbeispiele:

- Angenommen eine Eigentumswohnung kostet inklusive Nebenkosten und Steuern 200.000 Euro. Kreditnehmer A bringt 80.000 Euro Eigenkapital in die Finanzierung ein. Die Bank finanziert 120.000 Euro auf Kredit = 60 Prozent. Bei 15 Jahren Laufzeit und einer Anfangstilgung von 4,75 Prozent offeriert das Kreditinstitut einen Sollzins von 4,0 Prozent. Damit zahlt der Kreditnehmer – adäquat zu seiner bisherigen Miete - monatlich 875 Euro an die Bank. Nach 15 Jahren ist er so gut wie schuldenfrei. Der offene Restbetrag beläuft sich auf 3.107 Euro. Die insgesamt an die Bank gezahlten Zinsen betragen 40.607 Euro.

- Kreditnehmer B bringt nur 40.000 Euro in die Finanzierung ein, benötigt also 160.000 Euro Darlehen. Da die Bank 80 Prozent der Gesamtkosten finanzieren muss, offeriert sie bei 15 Jahren Laufzeit einen Zinssatz von 4,2 Prozent. Um in etwa auf die gleiche Monatsrate zu kommen, kann sich der Kreditnehmer nun nur eine Anfangstilgung von 2,5 Prozent leisten, die Rate beträgt dann 893 Euro. Folge: Nach 15 Jahren sind lediglich 83.385 Euro getilgt, die Restschuld beträgt 76.614 Euro. Bislang wurden 77.414 Euro an Zinsen gezahlt.

Fazit: Die Halbierung des Eigenkapitals bringt bei vergleichbarer Monatsrate nur halb so viel Gesamttilgung zum Zinsbindungsende und wird – bei ähnlichem Zinsniveau wie heute - unterm Strich fast vier Mal so viel Zinsen kosten wie bei Kreditnehmer A. Zusätzlich verlängert sich die Finanzierungsdauer ganz erheblich, denn der Anschlusskredit wird je nach Zinssatz und Tilgungshöhe wahrscheinlich noch einmal acht bis zehn Jahre in Anspruch nehmen.

Wann lohnt der Kauf mit wenig Eigenkapital?

Die beiden Beispiel legen nahe, dass es grundsätzlich empfehlenswert ist, so viel Eigenkapital wie möglich anzusparen. Doch das stimmt nicht. Es gibt Fälle, in denen ein Kauf mit wenig Eigenkapital sinnvoll ist – etwa dann, wenn der Käufer noch kein bzw. nur sehr wenig Eigenkapital angespart hat, die Baugeldzinsen aber gerade sehr niedrig sind. „Muss ein Darlehensnehmer erst noch Eigenkapital aufbauen, dauert dies meist viele Jahre – und niemand weiß, ob dann noch die Immobilienpreise und die Zinskonditionen auf ähnlich attraktivem Niveau liegen wie heute“, warnt Haselsteiner. Der Finanzierungsexperte rät daher, auf langes Ansparen mit niedrigen Sparzinsen bzw. auf lange Ansparphasen mittels Bausparprodukten in Kombination mit Niedrigverzinsung zu verzichten und stattdessen direkt zu kaufen. Voraussetzung sei lediglich ein solides und ausreichendes Einkommen. Außerdem sollten, um anfallende Nebenkosten wie Makl er, Notar und Steuern aus eigener Tasche tragen können, etwa zehn Prozent des Kaufpreises vorhanden sein. Auch für diesen Fall lohnt der Vergleich:

- Direkter Kauf mit wenig Eigenkapital: Die gewünschte Immobilie kostet heute 200.000 Euro, der Käufer besitzt zehn Prozent Eigenkapital = 20.000 Euro. Die Bank finanziert 90 Prozent = 180.000 Euro. Bei 20 Jahren Laufzeit und drei Prozent Anfangstilgung offeriert das Geldhaus einen Sollzinssatz von 4,75 Prozent. Die monatliche Kreditrate beläuft sich auf 1.162 Euro, nach 20 Jahren ist der Kredit so gut wie abgezahlt, die offene Restschuld beträgt 280 Euro. Die insgesamt gezahlten Zinsen summieren sich auf 99.280 Euro.

- Ansparen von viel Eigenkapital: Käufer B spart zehn Jahre lang monatlich 300 Euro in einen Euro-Rentenfonds an. Abzüglich Depotkosten, Ausgabeaufschlag und Abgeltungsteuer erreicht der Sparplan eine Netto-Rendite von vier Prozent, das Endergebnis beläuft sich auf 44.008 Euro. Vergleichbar mit Käufer A hat er die anfänglichen Eigenmittel von 20.000 Euro als Festgeld über zehn Jahre angelegt. Hier kassiert er abzüglich Abgeltungsteuer ebenfalls eine Nettorendite von vier Prozent, das Sparergebnis beläuft sich auf 29.605 Euro. Zur Finanzierung stehen also insgesamt 73.600 Euro bereit. Da die Immobilienpreise in der Zwischenzeit pro Jahr um durchschnittlich 1,5 Prozent gestiegen sind, kostet eine vergleichbare Wohnung nunmehr 230.000 Euro. Der Käufer benötigt also eine Finanzierung in Höhe von 156.400 Euro – rund 44.000 Euro weniger als Käufer A. Auch das Zinsniveau hat aufgrund gestiegener Inflationsraten inzwischen auf dem langjährigen Vergleichsniveau um die sieben Prozent eingependelt. Bei einer Laufzeit von 20 Jahren offeriert die Bank einen Sollzinssatz von 7,1 Prozent. Die Anfangstilgung beträgt 2,25 Prozent, daraus ergibt sich eine (im Abstand von zehn Jahren) vergleichbare Kreditrate von 1.218 Euro. Nach Zinsbindungsende verbleibt eine Restschuld von 1.770 Euro. Die Zinszahlungen an die Bank summieren sich auf insgesamt 137.838 Euro.

Fazit: Kreditnehmer B zahlt trotz höherem verfügbarem Eigenkapital und geringerem Kreditbedarf fast 40.000 Euro mehr an Zinsen an die Bank als Käufer A. Damit hat sich die schnelle Kaufentscheidung und der Erwerb mit wenig Eigenkapital für Käufer A deutlich bezahlt gemacht.

Max Geißler

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