Vor sechs Monaten kam das Coronavirus in Deutschland an. Ein Mitarbeiter der Firma Webasto bei Starnberg infizierte sich zuerst. Nun macht er eine beunruhigende Aussage.
- Vor sechs Monaten wurde die erste Coronavirus-Infektion in Deutschland bekannt.
- Betroffener Patient war ein Mitarbeiter der Firma Webasto in Stockdorf bei Starnberg.
- Nun gab der Man ein Interview - und machte teils beunruhigende Aussagen.
Stockdorf - Sechs Monate ist es nun her, dass der erste Fall des Coronavirus in Deutschland aufgetreten ist. Der erste deutsche Patient, bei dem das neuartige Virus mit dem Namen SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde, war ein Mitarbeiter des Automobilzulieferers Webasto , der unter anderem in Stockdorf im oberbayerischen Landkreis Starnberg ansässig ist.
Angesteckt hatte sich der 33-Jährige bei einer Kollegin aus China, die sich für eine Geschäftsreise in Stockdorf aufgehalten hatte. Sieben Tage trug er das Virus bereits in sich, bevor die Infektion bei ihm nachgewiesen wurde. Danach wurde er umgehend ins Krankenhaus verlegt, wo er insgesamt 19 Tage zubrachte. In einem Interview sprach der 33-Jährige nun über die Zeit nach der Infektion.
Erster Corona-Fall in Deutschland: Webasto-Mitarbeiter spricht über Infektion
Wie der 33-Jährige dabei mitteilte, hatte er sich vor seiner Infektion kaum mit dem neuartigen Virus beschäftigt. Erst als er von dem positiven Test seiner chinesischen Kollegin hörte, hab er sich erste Gedanken um seine Familie gemacht. „Am Wochenende hatte ich Fieber und Schüttelfrost, jedoch keine Atembeschwerden. Trotzdem war ich sofort um meine schwangere Frau und um meine kleine Tochter besorgt", so der Mitarbeiter im Gespräch.
Mit der betreffenden Kollegin habe es lediglich ein einziges Meeting gegeben. Bei diesem habe er ihr jedoch die Hand geschüttelt und dann im weiteren Verlauf auch neben ihr gesessen. Nachdem der 33-Jährige von der Infektion der chinesischen Kollegin erfahren hatte, kontaktierte er umgehend seinen Hausarzt. Dieser schickte ihn nach München zum Tropeninstitut. Nach dem dortigen Test habe er aber erst einmal wieder nach Hause fahren dürfen, so der 33-Jährige. Gegen 20 Uhr am Abend des 27. Januar, habe er dann den Anruf erhalten, dass der Test positiv ausgefallen sei.
Coronavirus in Starnberg: Gesundheitsamt plötzlich vor riesige Aufgabe gestellt
Dr. Lorenz Schröfl, Leiter des Gesundheitsamtes in Starnberg, erinnert sich ebenfalls genau an den „Tag der alles veränderte.“ Es sei „ein Glücksfall“ gewesen, wie kooperativ und strukturiert Webasto mit den Behörden zusammengearbeitet habe, so Schröfl im Gespräch mit dem Starnberger Merkur. Für die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes begann daraufhin eine anstrengende Zeit, mit 12- bis 14-Stunden-Schichten.
Coronavirus-Patient von Webasto berichtet: Panikattacke im Klinikum Schwabing
Auch für den Patienten, der ins Schwabinger Klinikum eingewiesen und unter Quarantäne gestellt wurde, begann eine schwierige Zeit, die er rückblickend als „surreal“ bezeichnet. „In der dritten Woche hatte ich an einem Tag eine leichte Panikattacke, da ich keine Perspektive auf eine Entlassung sah und mir eingebildet habe, ich würde auf ungewisse Zeit festsitzen“, so der 33-Jährige, der während seines Aufenthalts im Klinikum nahezu symptomfrei blieb.
Video: Webasto eröffnet wieder nach Infektion von Mitarbeitern mit dem Coronavirus
Gedanken habe er sich lediglich um seine Familie gemacht. Glücklicherweise wurden alle Kontaktpersonen des Mannes negativ getestet. Dennoch war die Situation für die Familie belastend. „Was mich wirklich aufgeregt hat, waren Medien, die über frei erfundene Gespräche zwischen mir und meiner Frau berichteten oder solche, die meinten, sie müssten Reporter zu der Kindertagesstätte meiner Tochter schicken“, so der 33-Jährige.
Erster Corona-Patient im Landkreis Starnberg: Webasto-Mitarbeiter hatte schwangere Frau zu Hause
Sowohl seine Familie, als auch Freunde, Kollegen von Webasto, Ärzte und Krankenhauspersonal hätten sich stets gut um ihn gekümmert. Er habe viele Anrufe aber auch kleine Pakete mit Geschenken und Aufmunterungen erhalten. Diese „rührende Geste" habe ihm geholfen, die Zeit in der Krankenhaus-Isolation besser zu überstehen. Zudem habe er die ganze Zeit im Krankenhaus weitergearbeitet. Dies sei eine willkommene Abwechslung gewesen.
#Webasto is pleased about the recovery of its employees after infection with the #coronavirus. All German and Chinese colleagues are discharged from the hospitals. Further information can be found in the press release https://t.co/N3d4FG6ptR pic.twitter.com/OdxbMb1OpM
— Webasto Group (@WebastoGroup) March 4, 2020
Heute, sechs Monate nach der Infektion, ist der 33-Jährigen wieder vollkommen genesen. Spätfolgen habe er nicht zu befürchten, so der 33-Jährige. Zumindest hätten die Ärzte bislang keine Anzeichen dafür bei ihm feststellen können. Dennoch gibt es keinen Grund zur Entspannung, denn der Webasto-Mitarbeiter verrät: „Seit April habe ich keine neutralisierenden Antikörper mehr.“ Somit könnte er sich erneut mit dem Coronavirus infizieren. Die geltenden Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln habe er aber sowieso durchgängig getan, da er andere vor einer möglichen Infektion habe schützen wollen, so der 33-Jährige.
Sechs Monate nach Corona-Ausbruch: Gesundheitsamt Starnberg zufrieden mit Entwicklung
Dr. Schröfl vom Gesundheitsamt ist mit der Entwicklung im Landkreis Starnberg zufrieden. Auch den Ausbruch beim Caterer Apetito in Gilching vor gut drei Wochen habe man gut bewältigt. Die meisten Bewohner seien „sehr vernünftig“ und würden sich an Abstands- und Hygieneregeln halten, so Schröfl. Dennoch bliebe man weiterhin wachsam. Einen Zeitpunkt zur Entwarnung gebe es noch nicht.
Der Webasto-Mitarbeiter zieht derweil auch etwas Positives aus der Infektion. „Es hat mich gelehrt, dass einem auch das Unvorstellbarste widerfahren kann und, dass man das Leben nicht als selbstverständlich hinnehmen darf.“
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