Luxemburg - Der Europäische Gerichtshof hat entschieden: Nicht mehr nur die Betreiber von illegalen Streaming-Diensten verstoßen gegen das Gesetz - sondern auch die Streamer selbst.
Die Grauzone wird pechschwarz: Nach Lust und Laune Filme, Serien oder Sport zu streamen, könnte zukünftig ein Unterfangen mit schwerwiegenden gerichtlichen Folgen werden. Das urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 26.04.2017.
Demnach können ab sofort nicht mehr nur Internetnutzer, die illegale Angebote ohne Rechte ins Netz stellen, sondern auch die Streamer selbst zur Rechenschaft gezogen werden - selbst wenn sie etwaige Filme oder Sportübertragungen nicht dauerhaft herunterladen.
Das EuGH-Urteil im Fall Filmspeler
In dem konkreten Fall, den der EuGH behandelte, ging es zunächst zwar nur um den niederländischen Anbieter namens Filmspeler - doch Experten zufolge wird das Urteil, das der EuGH schlussendlich fällte, zwangsläufig auch weitere Streaming-Dienste betreffen.
Die Website offerierte eine Multimedia-Box für den Fernseher, auf der zusätzliche Programme installiert waren. Dank dieser speziellen Add-Ons konnten die Besitzer nicht nur auf legale, kostenlose Streams, sondern auch auf das Angebot illegaler Streamingsiten zugreifen. Filmspeler warb im Internet massiv mit dieser außergewöhnlichen Möglichkeit und machte nach Informationen der Wochenzeitung ZEIT damit den niederländischen Verband Brein auf sich aufmerksam, der auf Unterlassung klagte.
Der EuGH ließ keine Gnade walten und befand schon den Verkauf des Filmspelers als illegal - es handele sich beim Angebot des Mediaplayers nämlich um eine „öffentliche Wiedergabe“, die nur dem Rechteinhaber zugesteht.
Darüber hinaus war das EuGH-Urteil auch für die Filmspeler-Nutzer richtungsweisend. In seiner Urteilsbegründung machte der Gerichtshof laut dem Nachrichtenportal „tagesschau.de“ deutlich, dass auch sie keinen Schutz verdienten, weil sie "sich freiwillig und in Kenntnis der Sachlage zu einem kostenlosen und nicht zugelassenen Angebot geschützter Werke Zugang" verschafften.
Das EuGH-Urteil: Eine Entscheidung mit maßgeblichen Folgen
Obwohl sich dieses Urteil zunächst nur auf die niederländische Website bezog, geraten damit zwangsläufig nun auch weitere Websites, die Streaming unterstützen, in bislang nicht gekannte Bedrängnis - so zum Beispiel die bekannten Homepages kinox.to, Streamcloud oder Kkiste.
Entgegen des weit verbreiteten Gerüchts hatten Nutzer, die Stunden um Stunden auf diesen Webseiten verweilen konnten, bislang kaum Urheberrechtsverfolgungen zu befürchten. Denn ihre Aktivitäten im Netz konnten allein aus dem Grund, dass sie zwar illegal angebotene Inhalte konsumierten, diese aber nicht weiterverbreiteten, als weitestgehend sicher eingestuft werden.
Mit dem EuGH-Urteil hat sich die hellgraue Zone nun jedoch in eine dunkelgraue verwandelt.
Illegales Streaming als vorsätzliche „anormale“ Handlung
Im Plädoyer des Generalanwalts der EU hieß es sogar, dass jede Streaming-Aktivität im Netz als vorsätzliche, ja sogar „anormale“ Handlung klassifiziert werden müsse. Demnach könne jeder Streamer durchaus einschätzen, dass er gerade ein unerlaubtes Angebot nutze, „ohne dafür eine wirtschaftliche Gegenleistung zu entrichten“.
In Konsequenz dessen wird die Justiz künftig gegen jegliche Streaming-Anbieter und deren Konsumenten verstärkt vorgehen. Dies dürfte neben echten Film-Junkies vor allem auch Sportfans, die etliche Bundesliga-Spiele oder Footballmatches bislang nach Herzenslust via Stream mitverfolgen, alarmieren. Diese Ansicht vertritt zumindest der Jura-Professor Benjamin Raue im Gespräch mit „tagesschau.de“: „Wer mit seinen Computer bewusst auf eine offensichtlich illegale Streaming-Seite geht oder sich im Internet einen kostenlosen Bundesliga-Livestream sucht, obwohl er weiß, dass die Spiele eigentlich nur gegen Geld angesehen werden dürfen, der verstößt nach dem EuGH-Urteil höchstwahrscheinlich gegen das Urheberrecht."
Die schwierige Aufgabe der Gerichte besteht anschließend darin, herauszufinden, ob User die illegalen (Live-)Streams ganz bewusst nutzten. Falls dies der Fall sein sollte, könnten den Streamern schon bald Abmahnungen und Schadensersatzforderungen ins Haus flattern. Trotzdem kann es passieren, dass ein Streaming-Fan einmal versehentlich auf einer illegalen Seite landet. Um dies in jedem Fall zu vermeiden, sollten Sie deshalb unbedingt legale von illegalen Angeboten unterscheiden. Woran Sie seriöse Portale sofort erkennen, haben wir hier für Sie zusammengefasst.
Entwarnung: Es droht trotzdem keine Abmahnwelle
Trotz des EuGH-Urteils, das nun vielen Hobby-Streamern große Sorgen bereiten dürfte, gibt es laut Experten wie dem Kölner Anwalt Christian Solmecke (noch) keinen Grund zur Panik. Gegenüber der ZEIT prognostizierte der Jurist nämlich keine plötzliche Abmahnwelle.
Denn zum einen dürfte es für Rechteinhaber noch immer schwierig sein, illegale Nutzer ausfindig zu machen. Diese können nach wie vor nur über ihre IP-Adressen zurückverfolgt werden, die von den Betreibern der illegalen Websiten in der Regel nicht gespeichert werden.
Zum anderen stehen „bloße“ Streamer auf der gerichtlichen Abschussliste längst noch nicht so weit oben wie die „Filesharer“. Letzere nutzen Lieder oder Filme nicht nur illegal, sondern stellen diese auch anderen Nutzern kostenlos per Upload zur Verfügung.