HOLGER HEITMANN

Weil man selbst in Not kommen kann

Ronja-Lea Ehlert spendet Blut, seitdem sie 18 Jahre alt ist, hat weder Angst noch Schmerzen. ©Heitmann

Zum Blutspendetermin gehören außer den Spendern die DRK-Ehrenamtler

Blut spenden ist gar nicht so einfach. Zumindest durchläuft Ronja-Lea Ehlert – wie alle anderen Spendewilligen an diesem Nachmittag im Rotenburger IGS-Gebäude – erst mehrere Stationen, ehe tatsächlich der Aderlass dran ist. In der Schulaula steht Ehlert kurz Schlange, ehe Lena Lünzmann sie freundlich begrüßt. Lünzmann ist ehrenamtlich fürs Deutsche Rote Kreuz aktiv und lässt sich den Personalausweis und ein gelbes Heft zeigen. Das sieht auf den ersten Blick aus wie ein Impfpass in klein, ist aber der Blutspendeausweis.

Bei Ehlert kommt der sechste Eintrag hinzu. Sie ist 22 Jahre alt, hat mit 18 Jahren schon zum ersten Mal gespendet. Ganz aus eigenem Antrieb, in Familie oder Bekanntenkreis kennt sie wenige, die Blut spenden. Doch Ehlert meint: „Wenn ich selbst mal eine Blutkonserve brauche, bin ich auch froh, wenn es sie gibt.“ Sozusagen frei nach Immanuel Kants kategorischem Imperativ: „Handle nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde.“

Neben Ehlert steht Hannelore Hachmann, sie hat schon einmal eine Bluttransfusion erhalten und „will nun auch etwas Gutes tun, weil ich weiß wie es ist, in so eine Lage zu kommen.“ Sie hat schon 35 Einträge im Blutspendeausweis und trägt einen Organspendeausweis bei sich. Wie Ehlert hatte sie nie Angst beim Blutspenden.

Lünzmann freut sich sowohl über Stammspender wie Hachmann, „viele kennt man, mit denen man sich etwas zu erzählen hat“, aber auch über junge Erstspender. Es kämen nicht so viele Jüngere wie Ehlert zur Blutspende. Man müsste noch mehr Werbung machen, auch auf Social Media, meint Lünzmann, um dem Blutspenden neuen Schwung zu geben, das sei auch in Arbeit, allerdings sind viele DRK-Ehrenamtler selbst nicht mehr die Jüngsten. Immerhin, Männer und Frauen kommen in etwa gleich viel, auch wenn nach der ersten Stunde die weiblichen Spender knapp vorne liegen. „Das kann sich noch ausgleichen“, meint Lünzmann in der Hoffnung, noch zahlreiche Menschen in Empfang zu nehmen. Erst mal überreicht sie einer Frau zu deren Überraschung einen DRK-Becher, den gibt es für die 25. Spende, der Frau war gar nicht bewusst, dass schon so viele in ihrem Pass stehen.

Ehlert hat derweil den Gesundheitscheck und das Arztgespräch durchlaufen, auch schon die Nadel im linken Unterarm und wartet entspannt, bis der durchsichtige Beutel voller roter Flüssigkeit ist und eine Mitarbeiterin des Blutspendediensts NSTOB sie von der Nadel befreit. Die Rotenburgerin hat eine seltene Blutgruppe, was sie zusätzlich zum Spenden motiviert, außerdem verträgt sie das Prozedere immer „ohne Probleme“. Gleich will sie sogar mit dem Rad nach Hause fahren. Vorher gibt es im Nebenraum noch einen Imbiss, wo das Helferteam des DRK-Ortsvereins bereits ein Büfett unter anderem aus Butterkuchen, Kartoffelsalat, Tomate-Mozzarella aufgefahren hat. Das ist nicht der Grund, aus dem sie spenden, aber eine Anerkennung, ein schöner Dank, finden Ehlert und Hachmann. Neun Frauen um Ursula Busch und Hannelore Peters sorgen hinter einer Stellwand, sozusagen im Maschinenraum der Spendenaktion, für Nachschub, dort türmen sich Joghurtbecher, Basilikumpflanzen, Mayo-Gläser. Um die 200 Spender werden an den zwei aufeinanderfolgenden Tagen insgesamt erwartet. Wenn das Wetter so gut ist, dass mancher die Blutspende mit einem Spaziergang verbindet, kämen noch mehr, meint Peters. Auch ihr Team braucht Nachwuchs, fürs kommende Jahr zeichnet sich gerade Verstärkung ab, noch hat Busch alles im Griff. „Wir müssen nur gesund bleiben“, sagt sie.

In der Aula muss derweil ein junger Mann unverrichteter Dinge wieder gehen, er hat sich vor Kurzem tätowieren lassen, das ist ein Ausschlusskriterium, ebenso wie eine Erkältung oder ein kürzlicher Aufenthalt in einem Land, in dem bestimmte ansteckende Krankheiten kursieren. Der Tattoo-Träger nimmt es gelassen. Dann beim nächsten Mal.