VON TOM GATH

UV-Schutz bis zum Ellbogen

Im Erlebnisbecken des Ronolulu Rotenburg dürfen keine langen Schwimmshirts oder -hosen getragen werden u2013 für hautkrebsgefährdete Menschen und Musliminnen im langen Burkini ein Problem.
 ©Vockenroth

 Badeordnung im Ronolulu verärgert Ex-Hautkrebspatientin

Als Katrin Lange kürzlich im Erlebnisbecken des Rotenburger Ronolulu mit ihrer kleinen Tochter planscht, dauert es nicht lange, bis der Bademeister sie an den Beckenrand ruft. Sie möge doch bitte ihr Schwimmshirt bis über die Ellenbogen hochkrempeln, soll er sie laut Lange gebeten haben. So sehe es die Badeordnung vor.

Seit der Wiedereröffnung des Außenbereichs im Mai war Lange regelmäßig während der Mittagssonne im Schwimmerbecken, immer mit Langarmshirt und meist auch mit einer langen Schwimmhose. Denn seit bei ihr vor fünf Jahren schwarzer Hautkrebs in der Kniekehle diagnostiziert und erfolgreich behandelt wurde, steht sie unter Dauerbeobachtung und muss sich vor UV-Strahlung schützen. „Bisher wurde ich darauf nie angesprochen, doch im Erlebnisbecken war das plötzlich ein Problem“, berichtet Lange. Auch nach ihrem Hinweis, dass sie das Schwimmshirt aus gesundheitlichen Gründen trägt, soll der Bademeister auf seinem Standpunkt beharrt haben: Er könne sie zwar verstehen, doch so sei nun mal die Regel und das Ronolulu müsse sonst eine Strafe zahlen. Tatsächlich heißt es in der Hausordnung des Schwimmbads der Rotenburger Stadtwerke: „Der Aufenthalt im Nassbereich der Bäder ist nur in üblicher Badebekleidung, d. h. Badehose, -anzug oder Bikini (Ärmellänge Kurzarm bis zum Ellenbogen, Beinlänge bis zum Knie) gestattet.“ Für Lange vollkommen unverständlich, denn „der Hautkrebs sagt sich ja auch nicht: ,Ich darf nur bis zum Knie.‘ Ich hatte schließlich genau an der Kniekehle was.“ Erst folgte sie der Anweisung und krempelte die Ärmel hoch. Doch mit dem Ärger war der Badespaß dahin, sie ging mit ihrer Tochter kurz darauf nach Hause. Kleidervorschriften in Schwimmbädern führen regelmäßig zu Diskussionen. Vor ein paar Jahren verboten einzelne deutsche Schwimmbäder Burkinis – Badekleidung, mit der einige muslimische Frauen ihren Körper verdecken. 2022 störte sich ein Göttinger Schwimmbad dann am Gegenteil: Frauen ohne Bikinioberteil zeigten den Badbetreibern zu viel Haut. „Aber wen störe ich denn im Freibad mit meinem Langarmshirt?“, fragt Lange. Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) empfiehlt „übliche Badekleidung ohne Taschen“, zu der aus Sicht des Verbands, dem neben 1 000 anderen Bädern auch das Ronolulu angehört, mittlerweile auch knöchelbedeckende Burkinis zählen. DGfdB-Sprecherin Ann-Christin von Kieter erklärt: „Wichtig ist ein bestimmter Stoff wegen der Wasserhygiene. Die Länge der Klamotte ist dafür aber irrelevant.“ Die DGfdB nennt auf ihrer Website nicht saugende Materialien aus Kunstfaser als geeignete Stoffe. Warum ärmellange Badekleidung, die zudem aus gesundheitlichen Gründen getragen wird, problematisch sein soll, könne sich von Kieter nicht erklären. Das sieht auch der Schwimmmeister Patrick Wallbaum vom Freibad Sottrum so. „Badekleidung sind auch UV-Shirts, die sind ja extra dafür da.“ Teilweise würden sich auch etwas korpulentere Jugendliche mit langen Badeshirts wohler fühlen. Und während Wallbaum gerade die liberalen Sottrumer Regeln am Telefon erklärt, säßen in seiner Sichtweite zwei Damen in einem langen Burkini. Seine Devise: „Bitte geht schwimmen, jeder so, wie er’s mag!“ Nur Straßenkleidung sei im Sottrumer Freibad aus hygienischen Gründen tabu, eine normale Vollverschleierung ebenso wie die Jeans. In den Freibädern Bothel und Fintel sind lange Schwimmshirts zum UV-Schutz und knöchelbedeckende Burkinis laut Auskunft der dortigen Mitarbeiter ebenfalls akzeptiert. „Ich trage mein Shirt nur zum Schwimmen und dusche mich vorher und nachher auch artig ab“, versichert Katrin Lange. Sie hat sich nach dem Vorfall per E-Mail beim Ronolulu beschwert. In der Antwort habe das Schwimmbad auf mögliche Verschmutzungen des Wassers verwiesen, aber zugleich versprochen, das Thema intern zu diskutieren. Auf Nachfrage der Rundschau erklärt Badleiter Thilo Jakobs schließlich die eigenartige Rotenburger Regel: In der Vergangenheit sei es vorgekommen, dass Badegäste unter ihrem Burkini Straßenkleidung getragen hätten. Um so etwas zu vermeiden, und aus Gründen der Gleichbehandlung, sei daraufhin die Kurzarm-Regel eingeführt worden. „Der UV-Schutz ist aber natürlich ein wichtiges Thema, mit dem wir einen Umgang finden müssen“, sagt Jakobs. „Wir prüfen jetzt, ob wir die Regel wieder ändern wollen.“ Dass das Ronolulu bei Verstößen gegen die selbstauferlegte Hausordnung eine Strafe zahlen muss, stimme jedenfalls nicht. Auch den Gästen erlege das Schwimmbad bei Regelbrüchen keine Strafen auf. Eine Woche nach Jakobs Statement kommt das Ronolulu zu dem Schluss, dass die umstrittene Regel beibehalten werden soll, erklärt Hannes Wilkens von den Stadtwerken Rotenburg. Bei den internen Diskussionen sei ein weiteres wichtiges Argument aufgekommen: „Im Notfall setzt eine Rettung voraus, dass unsere Mitarbeiter die Badegäste richtig packen können. Das gelingt nicht, wenn Stoff das verhindert.“ Sicherheit sei ein bedeutender Aspekt. Eine Differenzierung zwischen eng anliegender oder lockerer Badekleidung sei laut Wilkens nicht geplant. Dafür wolle das Bad nun neue Schilder aufhängen, die grafisch auf die Kleiderordnung hinweisen. Das Gegenteil der umstrittenen Regel – also zu viel nackte Haut von Frauen ohne Bikinioberteil – sei im Ronolulu hingegen kein grundsätzliches Problem. „Das war zwar noch nie Thema, aber solange sich niemand gestört fühlt, darf man das machen“, sagt Badleiter Jakobs. Auch Schwimmmeister Wallbaum aus Sottrum sagt: „Wenn eine Frau oben ohne baden möchte: bitte schön. Ich als Kerl gehe ja auch nur in Badehose schwimmen.“ Probleme und Konflikte ließen sich meist mit gesundem Menschenverstand lösen. Für Katrin Lange steht das Freibad Sottrum auch mit langer Badekleidung weiterhin offen.

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