Dr. Dörfler referiert über Schlafstätten in alten Bauernhäusern - VON HEIDRUN MEYER

Viele Menschen – wenig Betten

Erika Jaschinski, Jörg Schmidtchen und Anne Dodenhof (v. l.) vom Heimatverein empfingen die Vortragsgäste in historischen Schlafgewändern.
 ©Heimatverein

In langen Nachthemden über Schlafgelegenheiten aus vergangenen Zeiten berichten.

Sittensen – Über 40 Gäste haben im Sittenser Heimathaus interessiert dem Vortrag von Dr. Wolfgang Dörfler zum Thema: „Betten, Butzen und andere Schlafgelegenheiten – Viele Menschen wenig Betten“ gelauscht. Eingeladen hatten der Heimatverein der Börde Sittensen und das Sittenser Handwerkermuseum.

Dem Thema entsprechend in historische Nachtgewänder gekleidet empfingen Erika Jaschinski, Anne Dodenhof und Jörg Schmidtchen vom Heimatverein die Vortragsgäste mit einem herzlichen Willkommen und einem fröhlichen Gähnen. Dr. Dörfler präsentierte sodann anschaulich anhand vieler Fotos und Bilder historischer Schlafstätten die Ergebnisse seiner Forschung.

Ein Blick in die alten Bauernhäuser des Elbe-Weser-Dreiecks zeigt, dass heute noch nachweisbare Schlafplätze in diesen Häusern rar sind. Aber wie? Und worin? Allein? Zu zweit oder gar zu dritt schliefen die Menschen?

Diesen Fragen ging der Hesedorfer Autor in seinem Vortrag unter anderem auf die Spur und stellte unter anderem fest, dass im Durchschnitt etwa acht Personen (ohne Häuslinge) auf einem Hof lebten, aber meist nur ein oder zwei Butzen vorhanden waren. Somit sei anzunehmen, dass immer mehrere Personen sich einen Schlafplatz teilten. Die Plätze, die am dichtesten an den Feuerstellen oder Öfen lagen, standen den in der Familienhierarchie am höchsten stehenden Personen zu, erläuterte Dörfler.

Die Mägde und Knechte schliefen mitunter in Verschlägen oder einfach auf dem Stroh oberhalb der Viehställe. Die hygienischen Bedingungen wurden jedoch ab etwa 1900 von Ärzten immer häufiger bemängelt. Das Bettenstroh, welches als Matratze diente, war oft durch Ausscheidungen kranker Personen verschmutzt und wurde zuweilen auch nach Geburten nicht sogleich gewechselt.

Hinzu kam, dass mehrere Familienmitglieder darin ihre Nächte verbrachten. „Zudem wurden direkt unter dem Butzenboden üblicherweise die Kartoffeln gelagert, deren Ausdünstungen zusammen mit dem zum Teil durch Ausscheidungen beschmutzten Bettenstroh recht geruchsintensiv gewesen sein müssen“, so Dörfler.

Bei den Schlafplätzen des Gesindes über den Viehställen im Stallteil des Hauses verhielt es sich seinen Ausführungen zufolge nicht anders, nur dass diese mit den Dünsten des Viehs und seiner Hinterlassenschaften leben mussten. Dörfler deutete darauf hin, dass die Butzen und auch die Betten bis weit ins 19. Jahrhundert hinein nur etwa 1,60 bis 1,70 Meter lang gewesen seien.

Die Menschen schliefen sehr aufrecht, fast sitzend darin. Sehr interessant waren auch seine Ausführungen zu den unterschiedlichsten Butzenarten, die es mit Schiebetüren oder mit Vorhängen, einzeln oder paarweise in der Herdwand, als Durchgangsbutzen gab, bei denen man auf der Flettseite und in der dahinterliegenden Kammer ein- oder aussteigen konnte.

Es gab aber auch freistehende oder unter Treppen verbaute Butzen. Diese Schlafplätze unter den Stiegen nach oben seien, so Dörfler, den rangniedrigsten Bewohnern vorbehalten gewesen, ähnlich wie es aus der Fantasyliteratur von Harry Potter und seiner Kammer unter der Treppe bekannt sei.

„Alles in allem war es ein sehr interessanter und mit erstaunlichen Bildern untermalter Vortrag, dem die Zuhörenden aufmerksam und neugierig lauschten“, so das Fazit der Verantwortlichen. Zum Dank überreichte Kerstin Thölke, Leiterin des Handwerkermuseums, ein Präsent an den Referenten und wies auf die bis zum 11. August laufende Ausstellung „Meilensteine. Sittensen im Wandel der Zeit“ im Handwerkermuseum in Sittensen hin.

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