„Ich möchte Werder etwas zurückgeben“: Sportchef Frank Baumann über seine neue Rolle als strategischer Partner

Noch ist er Sportchef beim SV Werder Bremen, bald „nur“ noch Investor: Im DeichStube-Interview hat sich Frank Baumann ausführlich zu seiner Entscheidung, den Grün-Weißen als „strategischer Partner“ zu helfen, geäußert.
 ©gumzmedia

Im ausführlichen DeichStube-Interview äußert sich Sportchef Frank Baumann über seine Entscheidung, selbst als Investor beim SV Werder Bremen einzusteigen.

Bremen - Die Nachricht vom Einstieg der regionalen Investorengruppe beim SV Werder Bremen, der dem Verein 38 Millionen Euro beschert, hat in der vergangenen Woche bundesweit für Aufsehen gesorgt - und war zusätzlich noch mit einer ganz speziellen Note garniert. Denn unter den acht Geldgebern befindet sich auch Frank Baumann, seines Zeichens Double-Kapitän, Ehrenspielführer und Noch-Sportchef des Vereins. Im Gespräch mit der DeichStube erklärt der 48-Jährige, was ihn zum Investieren bewogen hat, wie er die Möglichkeiten seines (noch zu findenden) Nachfolgers einschätzt und weshalb er einen Posten im Aufsichtsrat abgelehnt hat.
 
Erst Profi, dann Sportchef und jetzt auch noch Investor - was war Ihre Motivation, Privatvermögen in den SV Werder Bremen zu investieren, Frank Baumann?

Für die Entscheidung, als strategischer Partner - den Begriff finde ich schöner - bei Werder einzusteigen, gibt es mehrere Gründe, insgesamt fünf, die wir gerne durchgehen können.
 
Gerne!

Der erste Grund ist, dass ich überzeugt davon bin, dass das Geld sehr gut angelegt ist. Ich habe großes Vertrauen in den Verein, seine Zukunftsfähigkeit und Mitarbeiter inklusive Mannschaft und Trainerteam. Nach schwierigen Zeiten können wir auf einem sehr guten Fundament aufbauen, um in der Zukunft noch erfolgreicher zu sein. Der zweite Grund ist, dass es immer mein Ziel war, bei meinem Ausscheiden als Sportchef im Sommer ein gut bestelltes Feld zu hinterlassen, sportlich, personell und auch wirtschaftlich. Dazu konnte ich neben den operativen Weichenstellungen jetzt auch als strategischer Partner einen kleinen Teil beitragen. Des Weiteren, das ist der dritte Punkt, wollte ich durch das Engagement meine große Verbundenheit zu Werder dokumentieren. Ich bin seit 25 Jahren im Verein. Durch Werder habe ich zudem als Spieler und auch danach als Funktionär gut verdient. Da möchte ich etwas zurückgeben. Das ist der vierte Punkt. Der fünfte ist die Tatsache, dass ich von der Gruppe der strategischen Partner sehr überzeugt bin. Sie passt zu Werder und auch zu mir, weil nur Personen dabei sind, die sich mit dem Verein identifizieren, dessen Werte leben und bei diesem Engagement sehr viel Wert auf Vertraulichkeit und Zurückhaltung legen.

Deshalb wollte auch Frank Baumann beim SV Werder Bremen als Investor einsteigen

Sie waren als Sportchef in die Suche nach einem strategischen Partner jahrelang eingebunden. Ihr Geschäftsführer-Kollege Klaus Filbry hat sie jüngst sogar als Mit-Ideengeber der jetzigen Lösung bezeichnet. Wann haben Sie für sich entschieden, dass Sie nicht nur akquirieren, sondern auch selbst dabei sein und investieren wollen?

Vorweg muss sich sagen, dass Klaus meine Rolle da vielleicht etwas zu groß gemacht hat. Ich würde das Kompliment gerne an ihn zurückgeben, denn der Ideengeber für ein regionales Bündnis war ich nicht. Da waren sich seit vielen Jahren bei Werder sehr viele Personen einig, dass dieser Weg die Wunschlösung ist. Klaus als kaufmännischer Geschäftsführer war definitiv die Schlüsselperson. Ich war in die Gespräche mit den potenziellen strategischen Partnern involviert, als es darum ging, Vertrauen aufzubauen und die Strategie in unserem Kerngeschäft aufzuzeigen.
 
Und wann war Ihnen klar: Ich möchte mit in diesem Boot sitzen?

Das war relativ spät, weil für mich zunächst ja erst noch eine persönliche Entscheidung anstand, ob ich meinen Vertrag als Sportchef verlängern möchte oder nicht. Als für mich feststand, dass ich aufhöre, habe ich mir überlegt, dass ich in anderer Rolle gerne helfen würde. Das Grundgerüst war mir ja bekannt. Ich bin dann auf die Geschäftsführung, auf Hubertus Hess-Grunewald als Präsident und Aufsichtsratschef sowie auf den einen oder anderen der strategischen Partner zugegangen, um mit ihnen die Idee zu besprechen. Das Feedback war sehr positiv.
 
Waren Sie das letzte Puzzleteil?

Nein, das kann man so nicht sagen. Es gab zwar schon die eine oder andere Zusage, aber alle strategischen Partner waren noch nicht fest an Bord.

 
Bis zum 30. Juni haben Sie nun die Doppelrolle als Geschäftsführer Fußball und Geldgeber inne. Gab es rechtliche Bedenken, ob sich das vereinbaren lässt?

Mir war zumindest ganz wichtig, dass alles sorgfältig geprüft wird, was dann ja auch passiert ist. Im Fußball vielleicht nicht, aber in anderen Branchen ist es absolut üblich, zum Teil sogar gewünscht, dass sich Mitarbeiter und vor allem auch Führungskräfte am Unternehmen beteiligen. Es dokumentiert Vertrauen und kann als gutes Zeichen gewertet werden. Wir haben es trotzdem erstmal geprüft. An den Verhandlungen, was zum Beispiel die Bewertung des Vereins betrifft, war ich auch nicht direkt beteiligt.

Frank Baumann spricht im DeichStube-Interview über seine neue Rolle als Investor beim SV Werder Bremen

Durch Ihre langjährige Karriere als Profi und Funktionär haben Sie viel Erfahrung mit Öffentlichkeitsarbeit gesammelt. Warum sind trotzdem nicht Sie, sondern Harm Ohlmeyer Sprecher der Investorengruppe geworden?

Erstmal ist mir ganz wichtig, dass ich bis zum 30. Juni, wenn ich mich in der Öffentlichkeit äußere, es als Geschäftsführer Fußball und nicht als strategischer Partner tue. Harm Ohlmeyer ist für die Aufgabe des Sprechers absolut geeignet, weil er ein sehr gutes Rollenverständnis hat und auch dem Aufsichtsrat angehört. Für mich ist entscheidend, dass wir geschlossen als ein Werder sprechen. Bei Harm ist das sehr gut aufgehoben. Grundsätzlich wollen sich die strategischen Partner in der Öffentlichkeit stark zurückhalten. Ich habe für mich zudem entschieden, mich ab dem 1. Juli zurückzuziehen, um abzuschalten. Deshalb hätte auch eine Rolle im Aufsichtsrat nicht gepasst.
 
Ihnen wurde ein Posten im Kontrollgremium angeboten, den Sie jedoch abgelehnt haben. Hat Sie die Aufgabe nicht gereizt? 

Aktuell nicht, nein. Denn es passt überhaupt nicht in meine Lebensplanung. Deshalb war klar, dass ich dafür nicht zur Verfügung stehe. Ich möchte mich ja nicht nur ein bisschen zurückziehen, sondern komplett. Bei einem Posten im Aufsichtsrat wäre ich gedanklich zu intensiv dabeigeblieben. Das wollte ich nicht.
 
Noch konsequenter wäre das Zurückziehen gewesen, wenn Sie auch nicht als strategischer Partner eingestiegen wären, denn auch so sind Sie ja weiterhin eng mit dem Club verbunden...

(lacht) Ja, aber das bin ich als Fan und jemand, der seit 25 Jahren bei Werder ist, sowieso für immer. Dass ich Werders Weg immer verfolgen werde, ist klar. Trotzdem werde ich gut abschalten können, weil sich die strategischen Partner ausdrücklich nicht ins operative Geschäft einmischen werden.
 
Kann sich an Ihrer Meinung beim Thema Aufsichtsrat perspektivisch etwas ändern?

Ich möchte nicht in die ferne Zukunft schauen, aber für die nächsten Jahre kann ich das definitiv ausschließen.
 
Als Bündnis überweisen Sie und Ihre Mitstreiter dem SV Werder 38 Millionen Euro, die zu großen Teilen in den Bundesliga-Kader fließen sollen. Hätten Sie als Sportchef auch gerne solche finanziellen Möglichkeiten gehabt, wie sie Ihr Nachfolger bald haben wird?

Ja, denn natürlich hilft das Geld dabei, dass man mehr Spielraum hat und Dinge auch proaktiv angehen kann. Das war in den vergangenen Jahren seit 2016 nicht immer gegeben. Da konnten wir Pläne, die wir in der Pipeline hatten, nicht umsetzen, wodurch der eine oder andere Transfer nicht zustande gekommen ist. Der Einstieg der strategischen Partner sorgt dafür, dass man künftig nicht immer erst warten und verkaufen muss, um selbst auf dem Markt tätig werden zu können. Ich freue mich, dass mein Nachfolger eine etwas bessere Situation vorfindet. Da sind wir wieder bei dem bestellten Feld, das ich hinterlassen möchte.

Was die Investition von Frank Baumann und Co. beim SV Werder Bremen bewirken soll

Nun steht Ihr Nachfolger, also Werders kommender Sportchef, noch gar nicht fest. Der Position kommt fraglos große Bedeutung dabei zu, wenn es darum geht, mit den 38 Millionen Euro das angestrebte Wachstum zu erzeugen. Warum haben Sie und die anderen strategischen Partner mit dem Investieren nicht abgewartet, bis der Posten besetzt ist?

Weil wir generell großes Vertrauen in Werder Bremen und all seine Gremien haben, sowohl in das Vereinspräsidium als auch in den Aufsichtsrat und die Geschäftsführung. Für den Sommer ist eine Position noch offen und sicherlich keine unwichtige, aber das Vertrauen, dass die Gremien eine sehr gute Entscheidung für Werder Bremen treffen werden, ist absolut da.
 
Klaus Filbry sprach davon, dass die 38 Millionen Euro zeitnah bei Werder eingehen werden. Wie sehr wird das Geld Ihre verbleibenden Monate im Amt verändern?

Zum Teil wird es Einfluss haben, weil ich noch in die Planungen für die neue Saison involviert bin. Die laufende Spielzeit ist budgetiert und durchfinanziert, aber in den nächsten Wochen stehen auch schon Entscheidungen für die Zukunft an. Da bin ich bis zum 30. Juni natürlich noch eingebunden.
 
Was versprechen Sie sich von der Transferphase im Sommer, der ersten nach Ihrem Ausscheiden als Sportchef und dann in der alleinigen Rolle als strategischer Partner?

Wir können jetzt noch mal mehr den Fokus auf junge Spieler legen und vielleicht auch Ablösen zahlen, die in den letzten Jahren nicht möglich waren. In diesem Altersbereich waren wir darauf angewiesen, ablösefreie Spieler zu holen, oder Spieler, die nicht viel kosten, was unter anderem bei den Eggestein-Brüdern, Josh Sargent, Florian Grillitsch, Eren Dinkci, Justin Njinmah, Felix Agu und auch bei Romano Schmid gut gelungen ist. Jetzt haben wir die Möglichkeit, noch mehr Top-Talente verpflichten zu können. Darüber hinaus bleibt es aber wichtig, dass wir in dem Verdrängungswettbewerb Bundesliga eine gute Mischung im Kader haben. Da gehören auch erfahrene Spieler dazu. Deswegen wird es auch in der Zukunft Spieler geben, die im besten Fußballeralter nach Bremen kommen. Neben der Werteentwicklung von jungen Spielern wollen wir schließlich auch über sportlichen Erfolg wirtschaftliches Wachstum erzielen.

Wie Frank Baumann seine Rolle als Investor sieht und was er sich davon für den SV Werder Bremen erhofft

Ihr Privatvermögen, das Sie in Werder investiert haben, kommt künftig in Ihrem Noch-Kerngeschäft zum Einsatz. Eigentlich ein doppelter Grund, um hier und da mal mitzureden, oder? Wie schwer wird es Ihnen fallen, nichts zu sagen?

Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich nicht der Typ bin, der sich ungefragt zu Wort meldet. Die Gruppe hat sich sehr klar positioniert, und Werder hat das auch getan. Wir und damit auch ich werden keinerlei Einfluss auf das operative Geschäft nehmen.
 
Sie haben zu Beginn des Gesprächs Ihre fünf Gründe geschildert, strategischer Partner bei Werder zu werden. Einer davon ist, dass Sie das Geld als gut angelegt betrachten. Bei aller Verbundenheit zum Verein ist Ihr Investment ganz unromantisch eine Geldanlage, die keine Rendite abwirft, weil es mit Werder so vereinbart wurde. Was versprechen Sie sich also von Ihrem Engagement als Geldgeber?

Dass sich Werder in der Zukunft sehr gut entwickelt und dadurch die Anteile, die wir als Gruppe gezeichnet haben, zumindest nicht weniger wertvoll werden. Da bin ich sehr optimistisch. Wir haben während der Gespräche immer wieder den Vergleich angestellt, dass man sich ein Grundstück in guter Lage kauft. Dabei hat man auch keine Renditeerwartung, aber hofft natürlich darauf, dass sich die Lage positiv entwickelt und das Grundstück irgendwann mehr wert ist. Dafür braucht man einen langfristigen Atem, und den haben wir auch bei Werder.
 
Ist es in Zukunft denkbar, dass Sie als Privatperson weitere Anteile zeichnen?

Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. (dco)

28.02.2021

Landpark Lauenbrück

12.02.2021

Winterlandschaft in Rotenburg

22.12.2020

Weihnachtsbilder

29.10.2020

Herbstfotos der Leser